Kirchheim. Kirchheim ist eine beliebte Einkaufsstadt. Nicht erst seit der S-Bahnverlängerung kommen viele Menschen hierher, um zu bummeln oder den Wochenmarkt zu besuchen. In letzter Zeit ist jedoch ein gewisser Leerstand bei den Laden- und Gastronomieflächen zu beobachten. Besonders in der Dettinger Straße, aber vereinzelt auch innerhalb des Alleenrings, stehen Geschäfte leer – teilweise ein paar Monate lang. Woran liegt das? Sind die Mieten, die in Kirchheim verlangt werden, zu hoch? Und wie dramatisch ist der Leerstand überhaupt?
Bei den Mietpreisen für Einzelhandelsflächen gibt es in Kirchheim je nach Lage eine enorme Spanne. Je zentraler die Geschäfte liegen, desto teurer sind sie. Zwischen 25 und 45 Euro pro Quadratmeter können Vermieter laut der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen (KSK) innerhalb des Alleenrings erzielen, wobei 45 Euro nur auf der Marktstraße zwischen Wachthaus und Rathaus gelten. „In Nebenstraßen wird teilweise unter 20 Euro pro Quadratmeter verlangt“, sagt Georg Jauß, Teamleiter Gewerbeimmobilien bei der Kreissparkasse. Kirchheim liegt laut KSK in etwa gleich auf mit Nürtingen. Esslingen ist mit 30 bis 50 Euro pro Quadratmeter teurer, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen sind deutlich günstiger.
Wie entwickeln sich die Mietpreise? „In den Top-Lagen sind die Preise auf hohem Niveau stabil“, sagt Gregor Küstermann. Der Immobilienmakler und Zweite Vorsitzender des Eigentümervereins Haus und Grund beobachtet in der Marktstraße Mieten zwischen 25 und 35 Euro pro Quadratmeter, je nach Größe und Ausstattung. Los gehe es in Kirchheim ab 15 Euro. In den Nebenlagen seien die Mieten sogar ein bisschen günstiger geworden.
Dass zu hohe Preise daran schuld sein könnten, dass manche Geschäfte sich nur schwer vermieten lassen, glaubt Gregor Küstermann nicht. Betrachtet man die Mieten, die für zwei schon länger leer stehende Geschäfte in Nebenlagen verlangt werden, stützt das Küstermanns Aussage. Für das 220-Quadratmeter-Geschäft in der Dettinger Straße, in dem früher das „Suppengrün“ untergebracht war, werden beispielsweise 18 Euro pro Quadratmeter verlangt, für die 277-Quadratmeter große ehemalige „Schlecker“-Filiale in der Alleenstraße sogar nur neun Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich zur nahen Marktstraße ein Schnäppchen. Allerdings weist Küstermann darauf hin, dass sehr große Geschäfte über 200 Quadratmeter weniger gefragt sind.
Für den Makler ist außerdem die Lage schuld. „Wenn das „Suppengrün“ zentraler gewesen wäre, wäre es bestimmt besser angenommen worden“, nennt er ein Beispiel. „Alles, was über den Alleenring hinausgeht, ist von der Lauflage her schwierig“. Viele Mieter wollen laut Küstermann deshalb nur ein Geschäft innerhalb der Altstadt. „Ein gewisser Leerstand in den Nebenlagen ist normal“, sagt Küstermann. Aktuell stünden aber nicht mehr Geschäfte leer als sonst.
Auch der Vorsitzende des City-Rings Karl-Michael Bantlin schätzt die Zahl der Leerstände als „nicht dramatisch“ ein. In der Marktstraße gebe es momentan vielleicht ein oder zwei freie Flächen, „aber die sind sicher schnell wieder weg“. In der Dettinger Straße werde es teilweise schwieriger, Flächen zu vermieten. Die Frage, ob die Mietpreise in der Fußgängerzone für inhabergeführte Geschäfte teilweise zu hoch sind, bejaht Bantlin. „Manchmal sehe ich in der Fußgängerzone schon die Problematik, dass die Vermieter versuchen, den optimalen Preis herauszuholen. Dabei verkennen sie aber, dass die Attraktivität sinkt, wenn sich nur noch Filialisten die Mieten leisten können und es dadurch weniger inhabergeführte Geschäfte gibt“, sagt er. Das gelte vor allem in der Marktstraße und in der Max-Eyth-Straße.
Für Stadtplaner Gernot Pohl bewegen sich die Leerstände „im Rahmen der normalen Fluktuation“. Zahlen, mit denen sich das überprüfen ließe, gibt es jedoch nicht. „Dass die Dettinger Straße nicht die 1A-Lage ist, stimmt“, sagt Pohl. Die Stadt habe aber viel dafür getan, dass sich die Aufenthaltsqualität für Fußgänger in der Dettinger Straße verbessert habe. Beispielsweise könne die Straße inzwischen nur noch von Nord nach Süd, also stadteinwärts, befahren werden. Außerdem gelte Tempo 7.
Der Vorschlag, die Dettinger Straße zur Fußgängerzone zu machen, hatte im Gemeinderat keine Mehrheit gefunden. Für Gregor Küstermann war das die richtige Entscheidung. „In der Dettinger Straße haben sich Geschäfte angesiedelt, die durchaus davon profitieren, dass man bis vor die Tür fahren kann“, sagt er. Auch Karl-Michael Bantlin vom City-Ring steht hinter der Entscheidung. „Bei Städten in der Größe von Kirchheim sehe ich Grenzen, was die Ausweisung von Fußgängerzonen angeht“, sagt er. Wenn man immer weitermache, fehle irgendwann die Fußgängerfrequenz.
Sehr beliebt ist momentan die untere Max-Eyth-Straße, sagt Gregor Küstermann. Für zwei Ladenflächen, die auf dem Post-Areal entstehen, gebe es jetzt schon Anfragen, obwohl sie noch gar nicht ausgeschrieben sind. Gernot Pohl kann das bestätigen. Der Stadtplaner schiebt die Attraktivität der neuen Fußgängerzone auch auf das Nanz-Center. „Zwischen Nanz-Center und Altstadt gibt es eine Beziehung“, sagt er. Auch das Teck-center habe dadurch gewonnen. Pohl hat aber noch eine Erklärung: „Ich halte es für wesentlich, dass die untere Max-Eyth-Straße immer eine innerstädtische Straße war“, sagt er. Der Postplatz sei die Visitenkarte der Stadt gewesen, weil dort der Bahnhof war. „Eine Stadt hat immer ein Gedächtnis“, sagt Pohl. „Und jetzt hat die Stadt sich ihren Platz zurückgenommen.“