Oberboihingen. Es ist eine Hommage an eine Landschaft, ihre Menschen und an ein weltberühmtes Getränk: der neue Roman von Petra Durst-Benning mit dem bezeichnenden Titel „Die Champagnerkönigin“. Schnell wird deutlich, wie sehr
die Autorin selbst in diese Landschaft verliebt ist, in den von Menschenhand geschaffenen Garten Eden mit seinen unzähligen, sanften Rebhängen, den weißen Kalksteingebäuden und der Stadt Reims mit ihrem Weltkulturerbe, der Kathedrale Notre-Dame de Reims, als Zentrum. „Schauplätze für meine Romane auszusuchen, die mir selbst gefallen und die mich interessieren – das ist mein ganz persönlicher Luxus, den ich mir gönne“, verrät eine strahlende Petra Durst-Benning. Entspannt sitzt sie am Esszimmertisch in ihrem Oberboihinger Domizil und lässt in Gedanken ihre Recherche-Reise nochmals Revue passieren. Für regelmäßige, willkommene Abwechslung sorgt dabei Hund Eric, der als Welpe gerade noch rechtzeitig aus einer Tötungsstation in Budapest gerettet werden konnte.
Isabelle steht bei Band zwei der Jahrhunderttrilogie im Mittelpunkt der Geschichte. Im Jahr 1898 heiratet die selbstbewusste Unternehmerstochter gegen den Willen ihrer Eltern den attraktiven Leon Feininger, einen erfolgreichen Radrennfahrer. Als der von seinem Onkel ein Weingut in der Champagne erbt, führt die beiden ihr gemeinsamer Weg von dem eher tristen und freudlosen Dasein in der Pfalz in die prickelnde Welt des Schaumwein-Mekkas. Sofort ist Isabelle von der Einzigartigkeit der Landschaft verzaubert und stürzt sich nach anfänglichem Zögern mit Feuereifer auf ihre neue Aufgabe.
Die Leichtigkeit und Unbeschwertheit dieses Landstrichs, die Petra Durst-Benning während ihrer Reise „wie ein Schwamm aufgesogen“ hat, findet sich auf vielen Seiten des Romans. „Erst wenn ich etwas wirklich mit allen Sinnen erlebe – sehen, riechen, schmecken – kann ich es so wiedergeben, damit ich mit meiner Arbeit zufrieden bin“, gibt sie Einblick in ihren Schriftstelleralltag. Gut gewählt war der Zeitpunkt der Erkundungsfahrt während der Weinlese. „Die Trauben werden noch genau so gepflückt wie vor 100 Jahren, denn es sind keine Maschinen erlaubt. Es kommt fahrendes Volk, und ihre Wohnwagen stehen auf Winzerland“, beschreibt die Schriftstellerin die besondere Atmosphäre dieser Zeit. Unter einem unglaublichen Zeitdruck müssen die Trauben schnell ins Presshaus gelangen, und bange Blicke zum Himmel, ob nicht noch schlechtes Wetter die Arbeit eines ganzen Jahres zunichte macht, begleiten die Ernte.
Die Champagne zeichnet eine andere Erdigkeit aus, die mit den bisherigen Schauplätzen der Durst-Benning-Romane, beispielsweise der Schwarzwald oder die Alb, nicht zu vergleichen ist. „Es ist eine wohlhabende Gegend, von der allein schon der üppige Blumenschmuck in den Dörfern zeugt“, kommt sie bei den Erinnerungen regelrecht ins Schwärmen – und das liegt nicht nur an der einen oder anderen Champagnerverkostung. „Das Thema Champagner war ein ganz neues für mich, wie auch für Isabelle. Diese Welt musste ich mir erst einmal erschließen“, verrät Petra Durst-Benning. Gespräche mit Winzern waren dabei unerlässlich, ebenso die Übersetzungskünste ihres Mannes, denn das Schulfranzösisch der Autorin wies doch die eine oder andere Lücke auf. „Die Aromen und Nuancen der einzelnen Champagner zu erschmecken, hat echt Spaß gemacht“, gibt zu unumwunden zu.
Diese leichte Grundstimmung trägt auch die Romanheldin, die einen schweren Schicksalschlag verkraften muss. „Damit das nicht zu schwer wird, findet das alles an einem Ort statt, dem eben diese typische Leichtigkeit anhaftet“, sagt Petra Durst-Benning. Isabelle ist eine junge Frau mit vielen Träumen und Plänen für das Leben. Doch das nimmt eine komplett andere Wendung. „Sie muss lernen, das Leben so anzunehmen, wie es kommt – und das ist wohl eine Lektion, die ich selbst lebenslang lernen muss“, sagt sie offen, und hat gleich noch eine kleine Weisheit parat: Der Planer plant und das Schicksal lacht darüber. „Ich glaube, für solch ein Thema braucht man ein gewisses Alter. Die Lebensthemen ändern sich, und je älter man wird, desto tiefgründiger werden sie – man hat ja mehr eigene Erfahrung“, meint Petra Durst-Benning, und fügt hinzu: Erst jetzt fühle sie sich solch einem Thema gewachsen.
„Die größte Lektion ist wohl, zu lernen, das Hier und Jetzt zu genießen, sich am Augenblick und an dem zu erfreuen, was man hat“, sagt die Autorin, und erinnert sich selbst daran, nicht zu sehr über die Zukunft zu nachzugrübeln. „Und hier schließt sich der Kreis zu den Champenois und den Franzosen: Die öffnen eine Flasche Champagner, um aus einem Moment etwas Besonderes zu machen. Wir Deutschen öffnen eine Flasche, wenn ein großer Moment ansteht – erst dann gönnen wir uns einen Champagner“, zeigt sie den Unterschied auf.
Als Isabelle sich am Tiefpunkt wähnt, erhält sie Unterstützung von ihren beiden Freundinnen aus alten Berliner Tagen. „Freundschaft ist das Wichtigste, was zählt im Leben. Jeder Mensch braucht eine Handvoll Menschen, auf die er sich verlassen kann“, lautet die Erkenntnis der Autorin. „Wer mag, kann das eine oder andere zwischen den Zeilen entdecken, der andere liest drüber weg und erfreut sich an der spannenden Geschichte. Diese Freiheit lassen Bücher den Lesern“, schätzt Petra Durst-Benning diese Tatsache an ihrem Beruf und kommt dabei ganz allgemein ins Schwärmen. „Ein Buch kann man im eigenen Rhythmus lesen – egal wo, wann, wie lange oder wie oft. Lesen ist Freiheit in dieser streng reglementierten Welt, und deshalb so wertvoll“, ist die Autorin überzeugt.
Den Spaß, den sie beim Schreiben hat, möchte sie aufs Papier bringen. „Ich werde an dem Tag mit dem Schreiben aufhören, wenn ich über schon einmal Dagewesenes schreibe“, zeigt sich die Schriftstellerin konsequent. Freudig und mit Erstaunen nahm sie zur Kenntnis, dass es bislang über das Luxusgetränk Champagner noch keinen historischen Roman gab. Ihrer privilegierten Stellung als Bestsellerautorin ist sie sich nur allzu bewusst. Sehr zu ihrem Bedauern seien viele Autoren zu Dienstleistern der Verlage geworden. „Sind Sex- und Fesselspiele gerade in Mode, springen sie auf den Zug auf und wandern ins nächste Abteil zu Fantasy oder umgekehrt. Ich möchte lieber die Lokomotive sein, denn alles andere würde mich langweilen“, sagt eine selbstbewusste Petra Durst-Benning.
Die Ideen gehen ihr noch lange nicht aus. Band drei ist mitten im Entstehen und weitere Geschichten haben bereits Gestalt angenommen: „Ich bin gedanklich schon ein, zwei Bücher weiter und warte ab, worauf ich Lust habe.“ Doch jetzt stehen erst mal zahlreiche Lesungen im Terminplan, auf die sie sich gerade intensiv vorbereitet. Das bedeutet, sich nochmals intensiv mit dem Text auseinanderzusetzen. „Auf Lesungen erntet man das, was man vor langer Zeit gesät hat. Schreiben ist ein einsamer Job, und ich bin froh, wenn ich dann mal rauskomme. Diesen unterschiedlichen Rhythmus, diese zwei paar Stiefel, schätze ich sehr“, verrät Petra Durst-Benning, die nun wieder den Punkt erreicht hat, das einsame Vor-sich-hin-Schreiben, das auf sich selbst Zurückgeworfensein für einige Zeit hinter sich lassen zu können. „Ich liebe es, wenn jeder was von mir will. Der Wechsel ist einfach schön – und Mitte Dezember werde ich dann rechtschaffen müde sein, was absolut okay ist“, sieht Petra Durst-Benning den nächsten Monaten voll Freude entgegen.
Wer mehr über den neuen Roman erfahren möchte, kann sich auf der Homepage der Autorin unter www.durst-benning.de informieren. Dort findet sich auch das Reisetagebuch durch die Champagne.