Am Samstag gab es zum letzten Mal die Gelegenheit, das Kirchheimer Hallenbad zu nutzen
Letzter Badespaß zum Nulltarif

Sehr emotional ist er verlaufen, der letzte Badetag im Kirchheimer Hallenbad. Aber trotz aller Wehmut ist seit Samstag definitiv Schluss mit Badefreuden und Wassersport am alten Standort in der Friedrichstraße.

Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Kirchheim. Von einem sehr „wehmütigen Augenblick für alle Kirchheimerinnen und Kirchheimer“ hatte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker am frühen Nachmittag gesprochen. „Es ist nicht leicht, hier zu stehen, auf das Hallenbad zu schauen und zu wissen, es ist der letzte Tag, das letzte Baden im Kirchheimer Hallenbad“, verkündete sie über die Lautsprecheranlage in der Schwimmhalle. Knapp 49 Jahre nach der Eröffnung steht das Hallenbad nun vor dem Aus.

Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Die Oberbürgermeisterin ging dann auf die verschiedensten Pläne zur Sanierung oder auch zu einem Hallenbadneubau ein, die den Gemeinderat und die Stadtverwaltung schon seit über 14 Jahren beschäftigen. Nicht zuletzt durch die zurückliegende Finanz- und Wirtschaftskrise sei das Vorhaben gescheitert, am Freibad in öffentlich-privater Partnerschaft einen Neubau zu erstellen. Die derzeitige Lösung – die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Dettingen und das gemeinsame Betreiben des dortigen Hallenbads – sorge immerhin dafür, dass die Stadt Kirchheim das jährliche Defizit des Hallenbads in Höhe von 360 000 Euro fast halbieren könne.

Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Allerdings sei das Ausweichen nach Dettingen keine Lösung auf Dauer, denn auch das Dettinger Bad habe vielleicht noch eine Laufzeit von zehn Jahren. Bis dahin soll es aber in Kirchheim ein neues Hallenbad geben, versprach die Oberbürgermeisterin. Schon im Juli befasse sich der Gemeinderat mit der Frage nach dem Standort der künftigen Kirchheimer Schwimmhalle.

Das alte Hallenbad indessen ließ sich am Samstag noch einmal genießen wie schon seit vielen Jahren nicht mehr: Die Vereine betrieben beispielsweise die alte Milchbar wieder, zu der es vom Haupteingang rechts nach oben geht. Auf der Sonnenterrasse zwischen Milchbar und Schwimm­halle wurde gegrillt. Ein Musiktrio, das in der Eingangshalle spielte, war durch die Beschallungsanlage auch im Schwimmbecken zu hören. Es gab Schnupperkurse im Tauchen, die Badegäste nutzten bei freiem Eintritt auch die Sprungbretter noch einmal rege oder vergnügten sich auf Schaumstoffmatten im Wasser.

Letzter Tag im Kirchheimer HallenbadUnterwasserbilder vom Schnuppertauchen.
Letzter Tag im Kirchheimer HallenbadUnterwasserbilder vom Schnuppertauchen.
Gunnar Brenner, der beim Kirchheimer Amt für Bildung, Kultur und Sport unter anderem für die Organisation des Bäderbetriebs zuständig ist, führte interessierte Gäste durchs Haus. Zu sehen gab es dabei die Technikräume mit den Anlagen zur Wasseraufbereitung, zur Chlorung oder zur Lüftung. Beeindruckend ist auch die Außenhülle des Schwimmbeckens aus Beton, die in den Katakomben des Hallenbadbaus auf Betonstreben aufsitzt.

Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Letzter Tag im Kirchheimer Hallenbad
Ein Blick in die einstigen Wannen- und Brausebäder mit ihren von außen verstellbaren Uhren zur Bade- oder Duschzeitbegrenzung gewährte zugleich einen Blick zurück in die Zeiten, in denen es nicht selbstverständlich war, dass es in jeder Wohnung eine Badewanne oder doch zumindest eine Dusche gibt. Der langjährige Schwimmmeister Werner Bodamer erinnert sich gut an diese Zeit: „Die Leute sind Schlange gestanden. Wenn viele Feiertage kamen, haben die Schwierigkeiten gehabt, sich zu reinigen. Samstags war immer viel los, bis 18 Uhr.“ Die Badezeit war genau geregelt. So heißt es in der Badeordnung von 1962: „In den Wannenbädern beträgt die Badezeit (einschließlich An- und Auskleiden) 45 Minuten.“ In den Brausebädern – also in den Duschen – waren es nur 25 Minuten. Die Einzelkarte kostete damals pro Person 1,50 Mark fürs Wannenbad und 80 Pfennig fürs Brausebad. Zum Vergleich: Die Einzelkarte fürs Schwimmen war für eine Mark zu haben. Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren zahlten die Hälfte.

Ein Gang durch die Umkleideräume macht allerdings deutlich, dass sich an der Ausstattung seit 1962 nichts geändert hat. Beispielhaft erwähnt seien an dieser Stelle die ver-blichenen Schranktüren oder auch die Türgriffe der Kabinen im Originaldesign der frühen 60er-Jahre.

Besonders traurig wurde es am Samstag gegen 17.45 Uhr, als Jochen Feucht mit seinem Saxofon den Sprungturm bestieg, um musikalisch die Frage zu stellen: „Wer hat an der Uhr gedreht?“ Gleichzeitig wurde der Wasserspiegel deutlich abgesenkt. Nach der letzten Durchsage von Schwimmmeister Alfred Krause war die letzte öffentliche Badezeit im Kirchheimer Hallenbad beendet. Für die Schwimmer gab es anschließend noch eine letzte Trainingseinheit. Und für alle gab es auf der Sonnenterrasse und an der Milchbar noch viel Gelegenheit zum Diskutieren – beispielsweise über die Frage, wo die Kirchheimer Kinder künftig noch das Schwimmen lernen können.