Die Stadt Kirchheim plant ein „Parkraummanagement“ für Wohngebiete
„Leute, räumt Eure Garagen aus!“

Das Kirchheimer „Paradiesle“ ist ein Musterbeispiel für ein Wohngebiet, das Dauerparker zum kostenlosen Abstellen ihrer Autos nutzen. Nahe Parkhäuser und -plätze stehen dagegen leer. Die Stadt erarbeitet nun ein „Parkraummanagement“ mit speziellen Regelungen für Anwohner.

Kirchheim. Verkehrsplaner Jochen Richard, dessen Büro Richter-Richard mit dem Integrierten Verkehrskonzept für Kirchheim befasst ist, gab in der Gemeinderatssitzung einen „kleinen Sachstandsbericht“, der sich mit dem Wohngebiet Paradiesle befasste. Eine Gesamtschau will der Fachmann erstmals im Herbst liefern. Der Ingenieur charakterisierte kurz das historisch gewachsene Gebiet, das durch schmale Wohnstraßen gekennzeichnet ist. Der Wert des ­Areals sei aufgrund seiner Innenstadtnähe für die Zukunft nicht zu unterschätzen, meinte Richard. Schwierig gestaltet sich die Parksituation: „Dauerparker aus der Innenstadt rücken herein“, hat der Planer bei umfangreichen Zählungen bemerkt. Dies sei besonders in Krankenhausnähe sowie im Anschluss ans Teckcenter zu beobachten. Das dortige Parkhaus wiederum sei keineswegs voll ausgelastet, und auch am Krankenhaus gibt es freie kostenpflichtige Plätze.

Das Zuparken von Wohnstraßen durch Fremdparker ist nicht gerade ein erklärtes städtebauliches Ziel. Deshalb regte der Verkehrsexperte an, über eine Parkregelung für Bewohner nachzudenken. „Wir suchen eine Lösung, die für die ganze Kernstadt praktikabel ist“, machte Stadtplaner Gernot Pohl klar, dass das Paradiesle eine Vorreiterrolle innehat.

Sabine Bur am Orde-Käß, Fraktionsvorsitzende der Grünen, will das Verkehrskonzept eher als „Integriertes Mobilitätskonzept“ verstanden wissen mit dem Ziel, die Gesellschaft zu organisieren unter Vermeidung von Verkehr. Anwohnerparken sei ein probates Mittel, es dürfe allerdings nicht einfach zu Verschiebungen in andere Wohngebiete führen. Auch Bernd Most, FDP-Fraktionsvorsitzender hielt ein Konzept für die Gesamtstadt für notwendig. Er regte allerdings zunächst detaillierte Untersuchungen an, denn es bestehe die Gefahr, die zahlreichen Pendler gar nicht mehr unterzubringen. Immerhin koste das Parken im Teckcenter Geld. Das Monatsticket schlägt derzeit mit 60 Euro zu Buche.

Gebührenpflichtig ist auch der Krankenhaus-Parkplatz, der nach Aussagen von Eva Frohnmeyer-Carey von der Frauenliste nicht augelastet ist. Stattdessen weichen viele Beschäftigte ins Paradiesle aus. Dies führe zu Sicherheitsproblemen, nannte sie ein weiteres Argument für eine Anwohner-Parkregelung. Ebenfalls aus Sicherheitsgründen plädierte Jochen Richard für eine auffällige Pflasterung unübersichtlicher Kreuzungen im Pradiesle. Der Verkehr verlangsame sich so, auch als Schleichweg wären die Straßen im Paradiesle künftig uninteressant.

Dass eine Straße ein öffentlicher Verkehrsraum ist, gab Ralf Gerber von den Freien Wählern zu bedenken: „Der Anwohner hat gleiche Rechte wie der Fremde“, beschrieb er die Rechtslage. Im Endeffekt gehe es hier darum, öffentliche Flächen zu privatisieren. Da der Parktourismus weiter ziehe, sei zumindest ein flächendeckendes Konzept notwendig. „Niemand hat ein Recht, vor seinem eigenen Haus parken zu dürfen“, ergänzte Bürgermeister Günter Riemer. Deswegen habe man sich auf einen strategischen Ansatz geeinigt: kein Anwohnerparkkonzept, sondern ein „Parkraumbewirtschaftungskonzept“. Er verwies dabei auf das „Erfolgsmodell Ziegelwasen“. Pendler parken dort kostenlos und nehmen den etwa zehn Minuten langen Fußweg in die Stadt in Kauf. – Eine Tatsache, die viele positiv überrascht hat.

SPD-Mann Peter Bodo Schöllkopf benannte eine der generellen Ursachen für die Parkplatznot in Wohngebieten: „In den Garagen steht alles mögliche, nur kein Auto.“ Die Idee, ein Kontigent an Plätzen Fremdparkern vorzubehalten, verknüpfte er mit dem flammenden Appell: „Räumt Eure Garagen aus!“

Einstimmig beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, im Paradiesle ein Modell zur Parkraumbewirtschaftung zu entwickeln. Selbiges soll in einem einjährigen Probelauf auf Herz und Nieren geprüft werden.