Die Verbundschule in Dettingen öffnete am Samstag ihre Türen für ein breites Publikum
Literaturcafé kennt keine Schwellenangst

Seit 2007 gibt es in Dettingen die Verbundschule, die Heranwachsende mit Sprach- und Körperbehinderung unterstützt. Am Samstag öffnete die Einrichtung für ein breites Publikum die Türen. Interessenten informierten sich beim „Literaturcafé für Kinder und Erwachsene“.

Dettingen. Ein Büchertisch und Verkaufsstände mit Geschenkartikeln wie Seife, Tee, Holzschneemännern, Weihnachtskarten, Bienenwachskerzen, Adventskalendern, Kinderwaren aus Stoff oder Klammernikoläuse, reihten sich in den Fluren und Zimmern aneinander. Artikel, die die Kinder laut Elke Bernhardt selbst angefertigt hatten. Die Leiterin des Schulkindergartens betonte, dass das Literaturcafé den Schülern und Kindergartenkindern ein ganz besonderes Erlebnis beschere.

„Für die meisten Heranwachsenden mit einer Behinderung ist es schwierig an Festen und Feiern teilzunehmen“, sagte Bernhardt. „Häufig gibt es keine behindertengerechten Toiletten oder der Zugang zu Gebäuden ist nicht barrierefrei.“ Sibylle Knecht, eine anwesende Mutter, ergänzte: „Die Gegenwart von Menschen mit Behinderung wird in der Öffentlichkeit noch immer nicht als alltäglich und selbstverständlich wahrgenommen“. Das sei beim Literaturcafé in der Verbundschule anders. „Die Kinder können sich hier frei bewegen und sie kennen die Umgebung. Sie fallen nicht aus dem Rahmen, sondern sind integriert.“

Das Literaturcafé, das in Kooperation von Verbundschule, Schulkindergarten, Förderverein und dem Verein kultur ecce initiiert wurde, soll eine Begegnungsstätte schaffen, die Kinder mit und ohne Behinderung zusammenführt. Zudem führte das Figurentheater Topolino ein Stück auf. „Ziel ist es auch, Kindern mit Behinderung die Schwellenangst zu nehmen“, erklärte Elke Bernhardt.

Nadine Heinel-Wölfle betonte, dass mit dem Literaturcafé das Interesse am Lesen gefördert werden sollte. „In Familien wird heute nicht mehr viel gelesen“, bedauerte die Vorsitzende des Vereins kultur ecce. „Die Eltern sollen daher eine Anregung erhalten, ihren Kindern wieder mehr vorzulesen und so den aktiven Spracherwerb zu fördern.“ „Beim gemeinsamen Lesen entsteht eine ganz andere Atmosphäre als beim Fernsehen oder vor dem Computer“, ergänzte die Kindergartenleiterin. „Die Kinder können sich in die beschriebenen Situationen einfinden und Emotionen nachvollziehen.“ Indem Eltern beim Lesen auf die Fragen ihrer Kinder eingehen, ihnen Worte und Zusammenhänge erklären, könnten sie deren Sprachfähigkeit verbessern.

Beim Literaturcafé präsentierte die Verbundschule auch das offene Klassenzimmer. Hier konnten sich Eltern, Großeltern und Interessenten über die Lese- und Sprachförderung der Dettinger Einrichtung informieren. Sibylle Schmelz erklärte: „Durch Gegenstände wie Nüsse, Äpfel oder Steine wird die Sprachfähigkeit der geistig-körperlich behinderten Kinder gefördert, weil sie die Dinge benennen müssen.“ Gleichzeitig würde den Schülern durch das Zählen bestimmter Gegenstände auf dem Tisch auch Mathematik vermittelt.

Irene Vinella-Maurer hatte mit geistig-körperlich behinderten Kindern Apfelchips hergestellt. Vier Kilo Äpfel wurden von den Kindern gehobelt und anschließend zum Trocknen aufgehängt. Trotz eingeschränkter Bewegungsunfähigkeit hatten die Heranwachsenden mit großer Begeisterung auch einen Dörrständer gebaut, den sie selbst bemalten.

Darüber hinaus wurden auch Seifen verkauft, die Schüler mit Körperbehinderung hergestellt hatten. Kein leichtes Unterfangen, wie Fotos deutlich machten, die während der Produktion entstanden waren. „Die Kinder lernen bei derartigen Projekten wichtige Handlungen für den Alltag“, erklärte Lehrerin Barbara Fischer. Stolz verkauften sprachbehinderte Schüler selbst gebastelte Weihnachtskarten. Sie unterhielten sich mit den Besuchern, errechneten Wechselgeld und zählten die Einnahmen. Damit wurde nicht nur ihre Sprachfähigkeit gefördert, sondern auch ihre mathematischen Fähigkeiten.

Der Erlös der Veranstaltung kam dem Förderverein der Schule zugute.