Basketball

Das Ende einer langen Depression

Basketball Die Hoffnung ist groß, dass der erste Saisonsieg Blockaden löst. Wie stabil die Knights tatsächlich sind, wird sich erst nach dem Chemnitz-Spiel zeigen. Von Bernd Köble

Der größte Druck ist erst einmal weg: Den Knights war die Erleichterung nach dem Sieg in Paderborn an den Gesichtern abzulesen.F
Der größte Druck ist erst einmal weg: Den Knights war die Erleichterung nach dem Sieg in Paderborn an den Gesichtern abzulesen.Foto: Ulrich Petzold

Je kleiner der Ball, desto größer der Erfolg? Auf dem Green im Haxterpark in Paderborn war am Sonntag ein Schnupperkurs im Angebot. Golfen für Anfänger. Ob‘s ein Renner war, ist nicht überliefert. Tatsache ist: Sportbegeisterte in Ostwestfalen hatten am Wochenende wenig zu lachen. Am Samstag ein 82:87 der Zweitliga-Basketballer gegen Kirchheim, tags darauf das 0:3 des SV gegen den 1. FC Köln in der Fußball-Bundesliga. Beide Pleiten gegen Abstiegskandidaten, wie Netzgemeinde und Lokalpresse nicht müde wurden, zu betonen.

Wieviel von einem Abstiegskandidaten in den Knights aus Kirchheim steckt, darüber lässt sich streiten. Wohl viel hängt davon ab, ob der erste Saisonsieg am Samstag ein Strohfeuer war oder einen Prozess in Gang gesetzt hat. Ob er als Schleimlöser wirkt, wie bei einer heftigen Erkältung. Wer am Samstag nach Spielende in die Gesichter der Spieler blickte, der konnte jedenfalls vermuten, dass da hinterher in der Kabine doch einiges abgehustet wurde. „Natürlich haben wir zu viele Fehler gemacht, um wirklich zufrieden zu sein“, muss Headcoach Mauricio Parra zugeben. „Wenn das der Moment war, den wir gebraucht haben, damit der Knopf aufgeht, dann soll mir das egal sein.“

Ein brillantes Spiel, eine hochklassige Begegnung, das konnte an diesem Abend tatsächlich keiner erwarten. Wer fünf Niederlagen und jede Menge Selbstzweifel im Rucksack mit sich schleppt, dem schlottern beim Anstieg eben die Knie. Den Vortrieb richtig zu deuten, heißt daher auf Nuancen achten. Dass Till Pape, der die Kirchheimer Blockade bis dahin am auffälligsten verkörpert hat, sich in der Schlussphase ein Herz fasst, den Dreier zur vorentscheidenden Zehn-Punkte-Führung versenkt und danach auch an der Freiwurflinie die Nerven behält, wäre eine. Oder Jalan McCloud, der um seinen Einsatz förmlich bettelt, erst Minuten vor Spielbeginn grünes Licht bekommt und sich seine ganzen Adduktorenprobleme mit 16 Punkten von der Seele schießt. Aber auch Dajuan Graf, der im Spielaufbau zum Ruhepol wird, als die Nerven seiner Nebenleute wieder einmal gefährlich zu flattern beginnen.

Das alles wiegt für Parra mehr als die Schwächephasen im zweiten Viertel und in den Schlussminuten, die dazu führen, dass man den vermeintlich sicheren Sieg fast noch aus den Händen gibt. Die Mannschaft wächst zusammen, die „Kopfarbeit“, die Geschäftsführer Chris Schmidt als „gewaltigen Faktor“ bezeichnet, zeigt allmählich Wirkung, davon sind alle überzeugt. „Unser Fehlstart tut weh, aber das können wir nicht mehr ändern“, sagt der Trainer. „Jetzt heißt es, nach vorne schauen.“

Die Mehrheit der Kirchheimer Fans sieht das anscheinend genauso. Die lautstarke Kulisse bei der Heimniederlage gegen Jena, der erstaunlich gut gefüllte Kirchheimer Block am Samstag in Paderborn - „Das hat mich schon beeindruckt“, sagt Parra. „Wir gewinnen Spiele nicht allein durch die Qualität, die in der Mannschaft steckt. Dafür ist die Liga zu stark“, meint der Spanier. Auch, wenn das nicht jeder hören wolle. „Wir müssen bereit sein, mehr für den Sieg zu investieren als der Gegner, und wir brauchen das Publikum.“

Am Samstag wohl ganz besonders. Dann kommt Chemnitz - die Mannschaft, der nicht wenige in der Pro A auf lange Sicht das größte Potenzial zusprechen. Christoph Schmidt muss zugeben, dass ihm ein leichterer Gegner in dieser heiklen Phase lieber gewesen wäre. „Chemnitz ist ein Brett“, sagt er. „Das ist ein Gegner, gegen den auch die beste Leistung nicht reichen kann.“ Ob die Knights zumindest in Bestbesetzung werden antreten können, ist die andere Frage. Mitch Hahns Fersenprellung ist am abklingen. Ob es für Samstag reicht, ist dennoch ungewiss. Jalan McCloud scheint immerhin wieder der alte zu sein. Der US-Guard hat bis Wochenmitte eine Zwangspause verordnet bekommen. Was zuletzt ein probates Mittel war, ihn heiß zu machen.

Ein Spieltag voller Überraschungen

Wer auf Sportwetten setzt und das Risiko nicht scheut, der konnte im Basketball am Wochenende gute Quoten erzielen. Der sechste Spieltag in der Pro A steckte voller Überraschungen. Der unerwartet deutliche 88:68-Erfolg der Heidelberger in Jena - die erste Niederlage der Thüringer in dieser Saison - zählen ebenso dazu wie der knappe Schalker Sieg in Rostock oder der Ehinger Auswärtserfolg in Hagen, der zweite Sieg in Folge für die junge Ehinger Mannschaft. Auch der 93:88-Heimerfolg von Aufsteiger Leverkusen gegen die Artland Dragons aus Quakenbrück zeigt: Es gibt zurzeit weder klare Favoriten noch krasse Außenseiter in der zweiten Liga.

Pech hatten am Wochenende die Panthers aus Schwenningen: Wegen einer Vollsperrung der Autobahn erreichte der Mannschaftsbus erst kurz vor Spielbeginn am Samstag die Halle in Nürnberg. Nach einem völlig ausgeglichenen Spiel ging dem Aufsteiger beim 79:90 gegen die Franken erst in den Schlussminuten die Luft aus. bk