Basketball

Die Bosse packen die Peitsche aus

Basketball Bei den Knights hängt nach dem Debakel in Leverkusen der Haussegen schief. Das wirkt sich bei den Verantwortlichen auch auf die Wortwahl aus. Von Bernd Köble

Auch gegen Leverkusen noch nicht der große Spielgestalter, dafür einer, der mit 24 Punkten Verantwortung übernahm: Kirchheims Po
Auch gegen Leverkusen noch nicht der große Spielgestalter, dafür einer, der mit 24 Punkten Verantwortung übernahm: Kirchheims Point Guard Jalan McCloud (rechts). Foto: Eibner

Es wäre ihm lieber gewesen, hatte Knights-Sportchef Christoph Schmidt noch vor wenigen Wochen erklärt, die Saison hätte mit einem richtigen Hammerprogramm begonnen. Als Ausgleich für eine womöglich zu schmeichelhafte Vorbereitung und wegen der Chance, Top-Gegner in der frühen Saisonphase eventuell auf dem falschen Fuß zu erwischen. Inzwischen muss Schmidt feststellen: Das Programm ist bisher mehr Hammer, als der Sache guttäte, und die Top-Gegner kommen erst noch. Drei Spiele, drei krachende Niederlagen, 92 Punkte pro Spiel im Schnitt kassiert - zum Vergleich: In der gesamten zurückliegenden Saison waren es lediglich 75. Dabei weist die Niederlage gegen Leverkusen erschreckende Parallelen mit der in Schwenningen auf. Gegen beide Aufsteiger lagen die Knights früh zurück, kamen anschließend wieder heran, um sich im entscheidenden Moment mit haarsträubenden Fehlern und bemerkenswerter Lässigkeit endgültig in ihr Schicksal zu ergeben.

Um zu erkennen, woran das liegt, muss man nicht unbedingt ein Basketball-Experte sein: Die Kirchheimer Defensive hat sich von einer der besten zur mit Abstand schwächsten der gesamten Liga entwickelt. Statistisch gesehen, aber auch für jeden halbwegs Sehtüchtigen mit bloßem Auge erkennbar - zumindest, was das Schlussviertel beim 86:103 in Leverkusen betrifft. Allein schon deshalb, weil Bayer-Center Dennis Heinzmann, mit 18 Punkten und elf Rebounds Mann des Abends, seine Freiheit publikumswirksam zu nutzen wusste. Gleich mehrfach stopfte der 2,16-Meter-Mann in der entscheidenden Spielphase den Ball per Dunk überm Kopf des Gegners durch die Reuse und wurde dafür von den Fans frenetisch gefeiert. Ohne dass ihm einer dabei mal auf die Finger geklopft und signalisiert hätte: Hey Junge, so einfach geht‘s nicht.

Weil Defensivverhalten in der Regel weniger mit technischer Brillanz als mit tadelloser Berufseinstellung in Verbindung steht, wird in Kirchheim jetzt nicht mehr schön-, sondern Klartext geredet. Peinlich, beschämend, inakzeptabel - so hat man das von offizieller Seite bisher selten gehört. Headcoach Mauricio Parra, vergangenen Montag noch in der Rolle des Seelentrösters mit der Mannschaft beim Bowling, ließ am freien Sonntag nach dem Spiel die Truppe antanzen. Nach Ende des Trainings, so wird kolportiert, habe sich im Sanitärbereich der unverkennbare Geruch nach Erbrochenem breit gemacht. Erst kurz nach 22 Uhr gingen in der Halle endgültig die Lichter aus. Parra wird auch in Worten deutlich: „Was wir in Leverkusen abgeliefert haben, ist eine Schande und respektlos gegenüber dem Klub und den Fans.“ Bisher habe er sich Erklärungen und Beteuerungen angehört, sagt der Trainer. „Das ist jetzt vorbei.“

Bereits morgen Abend kommen die ebenfalls noch sieglosen Schalker zum Mittwochsspiel (20 Uhr) in die Sporthalle Stadtmitte. Am Samstag folgt mit Jena einer der Favoriten auf den Titel. Eine Woche, die darüber entscheiden dürfte, ob Ruhe einkehrt oder die Krise sich gefährlich zuspitzt. Nüchtern betrachtet ist bisher wenig passiert. Vergangene Saison starteten die Knights mit drei Niederlagen aus den ersten vier Spielen und blieben anschließend fünfmal hintereinander ungeschlagen. Am Ende lag man als Zwölfter mit 14 Siegen deutlich näher an den Play-offs als an den Abstiegsplätzen. Dennoch: Sollte auch der letztjährige Fast-Absteiger aus dem Ruhrpott sich morgen Abend als zu hohe Hürde erweisen, wäre lodernd Feuer unterm Dach. Vorteil Schalke: Die Königsblauen waren zuletzt spielfrei und gehen ausgeruht in die Partie. Parra, der solche Worte sonst nur ungern in den Mund nimmt, sagt: „Ein Sieg in diesem Spiel ist Pflicht.“ Chris­toph Schmidt ist da zurückhaltender: Vom Spiel gegen Schalke hänge nicht die ganze Saison ab, betont er. Was für ihn mehr zählt als das blanke Ergebnis: „Ich will eine Mannschaft sehen, die sich für den Erfolg zerreißt.“

Chemnitz mit der ersten Niederlage

Titelfavorit Chemnitz hat im dritten Spiel zum ersten Mal Federn gelassen. Bei der 92:97-Niederlage am Sonntagabend in Trier blieb eine Aufholjagd der Niners am Ende unbelohnt. Die Sachsen lagen nach einer völlig ausgeglichenen ersten Spielhälfte gegen leidenschaftlich kämpfende Gastgeber Mitte des Schlussviertels bereits mit 16 Punkten zurück. Das Geschehen bis zur letzten Minute bestimmten dann allerdings die Gäste. Nach zweieinhalb Minuten ohne Trierer Korberfolg gelang Terrell Harris 47 Sekunden vor dem Ende der 90:90-Ausgleich.

Doch Trier behielt die Nerven: Nach einem Dreier von Topscorer Jordan Geist (24 Punkte) sicherten sich die Gastgeber ihren zweiten Sieg im dritten Spiel routiniert an der Freiwurflinie. Chemnitz stürzt damit von der Tabellenspitze auf Platz sieben hinter Trier, die nun Sechster sind. bk