Basketball
Die Knights spielen auf Zeit

Basketball Gegen Bremerhaven lässt die Kirchheimer Mannschaft eine Halbzeit lang ihr Potenzial aufblitzen. Zu mehr reicht es unter den gegebenen Umständen nicht. Von Bernd Köble

Es waren 20 Minuten, die Hoffnung machen. Eine Halbzeit lang haben Kirchheims Basketballer ihrem Teammanager den Rücken ge­stärkt. Dass in dieser Mannschaft viel Qualität steckt, davon ist Chris Schmidt auch nach dem 75:91 in Bremerhaven fest überzeugt. Die zweite deutliche Niederlage im zweiten Spiel förderte auf Kirchheimer Seite in der Tat nicht nur Verlierer zutage. Was die Knights vor leeren Rängen bis zur knappen Pausenführung boten, konnte sich sehen lassen. Schnelle Ballbewegung, gut herausgespielte Würfe, eine aggressive Verteidigung. Kurzum: Viel von dem, was der neue Headcoach Igor Perovic erwartet. Das einzige, was der Chef bis zur Halbzeit bemängelte: „Wir hätten deutlich klarer führen müssen.“

Klar genug war das Bild nach der Pause. Irgendwann kommt der Punkt, an dem es auch beim Gegner besser läuft. Dann braucht es Automatismen, doch genau daran mangelt es den Rittern im Moment. Zu viele Verletzte, eine zehntägige Quarantäne, kaum Training, noch weniger Spiele. Am deutlichsten verkörpert dieses Manko zurzeit der Mann, der auf dem Parkett für Ordnung sorgen soll. Richie Williams kämpft sichtlich mit fehlender Spielpraxis und seinem eigenen Anspruch. Der US-amerikanische Point Guard, der erst seit gut zwei Wochen zurück in Kirchheim ist, wirkt nach achtmonatiger Pause gleichermaßen glücklos wie übermotiviert. In Bremerhaven nahm Perovic seinen Spielgestalter zweimal in Situationen vom Feld, als der nach Fehlwürfen und Ballverlusten im negativen Sinne heiß zu laufen drohte.

Dass Williams seinen Job beherrscht, steht außer Frage. Hinzu kommt: Der 33-Jährige ist trotz langer Zwangspause körperlich in bester Verfassung. Beim Fitness­check sticht der Älteste im Team mit dem zweitbesten Wert heraus. Was ihm und der Mannschaft fehlt, sind eben jene Automatismen, die in schwierigen Situationen Sicherheit und Stabilität vermitteln.

Keita erst stark, dann verletzt

Einer, der in der Vorbereitung wenig zu überzeugen wusste, obwohl ihm der Trainer ein Riesentalent bescheinigt, legte am Samstag das ganze Kirchheimer Dilemma offen. Für Tidjan Keita tickte die Erfolgsuhr in Bremerhaven länger als nur eine Halbzeit lang. Der junge Franzose nutzte die Personalnot für einen starken Auftritt. Reaktionsschnell beim Offensiv-Rebound, sprunggewaltig, mit enormer Spannweite. Als der 23-Jährige eine knappe Viertelstunde vor Schluss umknickte und in Richtung Bank humpelte, hatte er sich in 20 Minuten fünf Rebounds geangelt und sieben Punkte erzielt. Als Keita draußen war, fehlten im Kirchheimer Spiel sichtlich Athletik und Durchschlagskraft. Wie ernst die Verletzung ist, soll heute ein MRT zeigen. Gut möglich, dass auch er am Freitag gegen Leverkusen fehlen wird.

Alle Hoffnung ruhen jetzt auf einem, der in Bremerhaven am schmerzlichsten vermisst wurde. Die Chancen stehen offenbar gut, dass Max Mahoney nach seiner Sprunggelenksverletzung am Freitag dabei sein kann. Seine Mentalität und Reboundstärke gelten als unverzichtbar. ­„Mahoney lässt sich im Moment durch niemanden ersetzen“, betont Igor Perovic. Für ihn ist der Amerikaner der Schlüsselspieler, der den Unterschied ausmacht. Perovic: „Ich bin überzeugt, mit ihm hätten wir in ­Bremerhaven gewonnen.“

Nachdem Andreas Kronhardt unter der Woche erkältet nicht trainieren konnte und in Bremerhaven zudem mit zwei frühen Fouls belastet war, lief beinahe das gesamte Kirchheimer Spiel über die Flügel. Mit einer Dreier-Quote von am Ende 19 Prozent muss man kein Basketball-Experte sein, um zu wissen, dass sich ein solches Spiel kaum gewinnen lässt. Daran konnte auch Topscorer Kyle Leufroy nichts ändern, der sich mit seinem Gegenüber Trey Davis den Titel des besten Werfers teilte. Leufroy ist ­derjenige im Kirchheimer Team, der mehr liefert, als man auch bei größtem Optimismus erwarten durfte. 50 Punkte aus bisher zwei Spielen, eine Trefferquote aus dem Feld von fast 58 Prozent - das kann sich sehen lassen. Darüber hinaus sammelte der 23-jährige Ex-Hagener gegen Bremerhaven acht Rebounds ein.

Wenn Schmidt von Qualität im Kader spricht, sind aber nicht nur neue Namen gemeint. Auch letztjährige Stammkräfte wie ­Kevin Wohlrath oder Till Pape treten deutlich selbstbewusster auf, auch wenn vor allem Wohlrath am Samstag das nötige Wurfglück fehlte. Papes Double-Double mit 13 Punkten und zehn Rebounds ging in einer insgesamt schwachen zweiten Hälfte fast unter. Der Ulmer scheint in diesem Jahr jedenfalls alles daran zu setzen, die offene Rechnung aus dem letzten Jahr zu begleichen.

Was also bleibt nach zwei Spielen? Die Hoffnung auf Zeit, die zusammenfügt, was bisher noch glänzendes Stückwerk ist. ­Mahoney wird bald zurückkehren, Williams wird seine Rolle finden, davon ist Igor Perovic fest überzeugt. „Wir müssen jetzt die Ruhe bewahren und auf Zeit setzen“ wirbt Sportchef Chris Schmidt um Geduld. Immerhin, so meint er, war die erste Halbzeit in Bremerhaven für eines gut: „Wir haben gesehen, dass es geht.“