Basketball
Die richtige Antwort zur rechten Zeit

Basketball Schwenningen war gestern: Vor dem vielleicht entscheidenden Play-off-Duell am Freitag mit Heidelberg stellen die Knights unter Beweis, dass sie zu Hause jeden schlagen können – auch Bremerhaven. Von Bernd Köble

Da war einer angefasst, das konnte man nur schwer übersehen. Michael Mai hatte es nach der Schlusssirene eilig. Auf dem Weg zum Shakehands vor der Kirchheimer Bank ließ Bremerhavens Coach seinen Freund und langjährigen Zögling Richie Williams - so schien es - im toten Winkel liegen. Nach der zweiten Play-off-Niederlage gleich zum Auftakt ist das Meisterschaftsziel für die Eisbären in weite Ferne gerückt und Williams Gala an diesem Abend hatte wesentlichen Anteil daran. Die Knights, nach dem berauschenden 105:102-Sieg in eigener Halle nicht mehr nur dabei, sondern plötzlich wieder mitten drin.

Es war die vielleicht größte Partie des kleinen Amerikaners im Trikot der Kirchheimer, dabei hatte es glanzvolle Auftritte in den zurückliegenden Jahren so einige gegeben. Williams war bereit, seinem Mentor auf der gegnerischen Bank bei aller Freundschaft die Tour zu vermasseln. Schweißgebadet schon nach dem Aufwärmen, völlig ausgepumpt, als er 31 Sekunden vor Spielende mit dem fünften Foul auf die Bank musste. Seine Bilanz bis dahin: 22 Punkte, zehn Assists, fünf Rebounds und zwei stibitzte Bälle. „Richie hat heute mehr Entschlossenheit verkörpert als unsere gesamte Mannschaft“, zollte Michael Mai Kirchheims Spielmacher Respekt.

Williams war ein wesentlicher, aber längst nicht der einzige Erfolgsfaktor gegen das offensivstärkste Team der Liga. Dessen wütende Aufholjagd blieb in den Schlusssekunden unbelohnt, weil die Kirchheimer diesmal an sich glaubten. Aus Nico Brauners entscheidendem Dreier zur 104:102-Führung zehn Sekunden vor dem Ende sprach jener Mut, der in Schwenningen über 40 Minuten gefehlt hatte. Igor Perovics Lob für ein „großartiges Spiel“ seiner Mannschaft, waren Worte, die man vom großen Schweiger eher selten hört. Sechs seiner Spieler, die am Ende zweistellig punkteten - solche Statistiken kannte man vor dem Spiel nur vom Gegner. Dass manch einem ein Stein vom Herzen fiel, war deutlich sichtbar. Das Lächeln in den Gesichtern von Till Pape und Kevin Wohlrath, die beide eine bärenstarke Partie ablieferten, sprach Bände.

Heidelberg als Schlüsselspiel

Das nächste Heimspiel am Freitag gegen Heidelberg wird damit zum Schlüsselspiel. „Wenn wir dieses Spiel gewinnen, sind wir dabei. Falls nicht, wird es schwierig“, meint Igor Perovic. Das Video vom 91:90-Erfolg Anfang Februar in der Sporthalle Stadtmitte dürfte in diesen Tagen als Anschauungsmaterial dienen. Kirchheim wird damit auch für Bremerhaven zum letzten Rettungsanker. „Wenn Kirchheim so spielt wie gegen uns, können sie auch Heidelberg schlagen“, sagt Michael Mai, der mit seiner Mannschaft zurzeit in Nürtingen im Hotel untergebracht ist und sich bis zur Abreise nach Schwenningen am Freitag mit den Knights die Kirchheimer Halle teilt.

Dennoch: Heidelberg geht am Freitag als klarer Favorit ins Spiel. Was für die Knights spricht: ihre Heimstärke, die sie auch am Dienstag wieder untermauert haben. Elf ihrer 14 Heimspiele in der Hauptrunde haben die Ritter in dieser Saison gewonnen. An der Zuschauerkulisse kann es nicht liegen. Geschäftsführer Chris Schmidt hat dennoch eine Erklärung: Weil der Breitensport in Pandemiezeiten ruht, können die Knights ihre Trainingszeiten in der Halle nach Belieben steuern. Und: Die schweren Korbanlagen bleiben an ihrem Platz, stehen damit erstmals auch im Training zur Verfügung. Andernorts in der Liga ist das selbstverständlich. Für Schmidt ist es ein entscheidender Faktor: „Die Rahmenbdingungen für die wir seit Jahren kämpfen, machen sich jetzt klar bemerkbar“, sagt er.

Gestern blieben die Bälle im Schrank. Auf dem Programm stand Gerätetraining unter den Augen von Fitnesscoach Tobias Unger, danach Regeneration und Ruhe. Die Pausen in den Play-offs sind kurz. Der Weg in ein mögliches Finale noch lang.