Einstieg leicht gemacht? Zumindest auf dem Papier sieht es so aus, als stünden Kirchheims Zweitliga-Basketballer nach zweiwöchiger Spielabstinenz heute Abend ab 19.30 Uhr in Nürnberg vor einer leicht lösbaren Aufgabe. Die Franken warten als Tabellenletzter seit zehn Spielen auf ein Erfolgserlebnis und haben in der gesamten Saison überhaupt erst zwei ihrer bisher zwölf Begegnungen gewonnen. Ganz anders die Kirchheimer: zehn Spiele, acht Siege seit Weihnachten, darunter Big Points wie gegen Jena, Rostock oder Heidelberg. Nicht zu vergessen das 101:63 gegen den heutigen Gegner Nürnberg, das nach Neujahr fast einer Demütigung glich.
Klarer Fall also? Ganz sicher nicht. Um mit Prognosen richtig zu liegen, muss man zwischen den Zeilen lesen. Schließlich galt der Fast-Aufsteiger des Vorjahres vor Saisonbeginn als Kandidat für die Play-offs. Dann spülte die zweite Corona-Welle alle Ambitionen hinfort. Kein Team hat es härter erwischt, was Erkrankungen von Spielern und wiederholte Quarantäne betrifft. Jetzt ist die Mannschaft von Ralph Junge auf dem besten Weg, ihren Rythmus wiederzufinden. Ohne jeden Druck gelingt das umso besser, seit klar ist, dass sich in dieser ungewöhnlichen Saison keiner vor dem Abstieg fürchten muss (siehe Info). „Wir haben noch 14 Spiele vor uns“, sagt Junge. „Mit Blick auf den Umzug in die neue Halle wollen wir gemeinsam eine Aufbruchsstimmung schaffen.“ Auf eine Statistik kann sich Nürnbergs Trainer und Geschäftsführer zumindest stützen: Im Interimsquartier am Flughafen haben die Knights bisher noch nie gewonnen.
Lautstarke Töne entsprachen noch nie dem Stil von Knights-Coach Igor Perovic. Dabei bleibt es auch vor der Partie beim Schlusslicht. „Nürnberg hat einen Größenvorteil und spielt mit viel Druck“, sagt er. „Entscheidend wird sein, wie wir dagegenhalten.“ Immerhin: Nach intensiven Wochen dürften die Ritter ausgeruht ins Spiel gehen. Perovic nutzte das freie Wochenende, um mit einem Trainingsspiel gegen die Ulmer Orange Academy im Rhythmus zu bleiben. Den klaren Hinspielerfolg gegen die Franken aus den Köpfen seiner Spieler zu verbannen, wird heute Aufgabe sein. „Im Hinspiel war Nürnberg nicht ansatzweise in Form“, stellt Knights-Geschäftsführer Chris Schmidt klar. „Das hat sich inzwischen geändert.“
Geändert hat sich auch das Gesicht der Mannschaft. Die Falcons haben im Januar noch zweimal nachgelegt und mit dem Ex-Frankfurter Tra Holder auf der Spielmacherposition und dem reboundstarken Mario Kegler zwei weitere US-Amerikaner verpflichtet. Holder benötigte keinen langen Anlauf. Inzwischen steht der 25-jährige Pointguard, der zuletzt in der ersten polnischen Liga unterwegs war, bei Junge eine knappe halbe Stunde auf dem Parkett. Mit 13,1 Punkten pro Spiel ist er auf Anhieb Topscorer in der Mannschaft. Auf jeden Fall ein gleichwertiger Ersatz für Marcell Pongo, der heute Abend fehlen wird. Der 23-Jährige bestreitet mit der ungarischen Nationalmannschaft in Kiew die EM-Qualifikation.