Basketball
Stolperer zwischen den Welten

Basketball Einmaliges an beiden Enden der Erfolgsskala: Die Knights sind vor dem Top-Duell mit Heidelberg erneut auf der Suche nach sich selbst. Von Bernd Köble

Mehr Fallhöhe geht kaum. Die längste Erfolgsserie mit sieben Siegen hintereinander endete am Samstag mit der höchsten Niederlage in der Zweitliga-Geschichte des Kirchheimer Basketballs. Die 70:107-Ohrfeige für die Knights im Artland ist tatsächlich beispiellos. Mit 36 Punkten hatten die Ritter zuvor bereits verloren. Das war im Oktober 2006. Damals noch in der 2. Liga Süd, und der Gegner hieß 1. FC Kaiserslautern.

Jetzt also ein neuer Rekord, den kein Mensch braucht. Erst recht kein Trainer. Erklärungsversuche? Die gibt es. „Uns hat jegliche Intensität gefehlt“, stellt Igor ­Perovic fest. „Vielleicht waren wir nach den Wochen zuvor etwas müde.“ Die frühen Foulprobleme der beiden besten Kirchheimer Rebounder mag ein weiterer Faktor gewesen sein. In einem Spiel, von dem jeder wusste, dass es vermutlich unterm Korb entschieden würde, waren die frühen Zwangspausen für Till Pape und Andi Kronhardt ein beträchtliches Handicap, zumal Max Mahoney die Woche davor mit Knieproblemen nicht trainiert hatte. Die Kurzfassung der Geschichte: 46:31 Rebounds zugunsten der Dragons.

Als Grund, weshalb die Knights als Mannschaft nach der ­Pause völlig auseinanderbrachen, taugt das alles nicht. Sportchef Chris ­Schmidt fand schon vor Beginn der Erfolgssträhne deutliche Worte, und er tut es jetzt ­wieder. „Man kann einen schlechten Tag haben“, sagt er knapp. „Aber nicht so.“ Gleichzeitig hat er einen Trend ausgemacht, den er nicht einfach akzeptieren will: 38:24 Freiwürfe für den Gegner. „Das geht seit Wochen so“, meint ­Schmidt, der regelmäßig Beweis-Videos an die Schiedsrichtergruppe in der Liga verschickt. Das sei zwar nicht als Entschuldigung zu verstehen, schickt er voraus, „aber was im Moment gegen uns gepfiffen wird, ist eine Frechheit.“ Man könnte auch sagen: Die Knights schöpfen ihr Potenzial an Härte nicht aus. Fouls, die bei näherer Betrachtung grenzwertig erscheinen, sind eben auch Fouls, die in aller Regel überflüssig sind. Das richtige Maß zum richtigen Zeitpunkt zu finden, definiert das, was man Cleverness nennt.

Die dürfte morgen mehr denn je nötig sein. Mit Heidelberg kommt das momentan wohl stärkste Team der Liga. Der Satz eines Trainers, der in der Pro A seit Jahren für notorisches Understatement bekannt ist, muss da als Beweis genügen. „Wir haben zurzeit viel Qualität zu bieten“, bekennt Frenkie Ignja­tovic. Wer ihn kennt, der weiß, was das bedeutet. Kirchheim mag mit Kyle Leufroy einen der besten Scorer der Liga in seinen Reihen haben. Heidelberg hat Spieler dieses Kalibers auf fast jeder Position. Shy Ely, Jordan Geist oder Sa‘eed Nelson punkten konsequent zweistellig und sind bei Weitem nicht der einzige Grund, weshalb die Academics mit Bremerhaven zu den beiden offensivstärksten Teams in der Liga zählen.

Keine Mannschaft trifft zudem häufiger aus der Distanz. Gleich vier Spieler haben eine Dreier-Quote von deutlich über 40 Prozent steckbrieflich verankert. Die Stabilität des Kollektivs unter­streicht nicht nur die beeindruckende Leichtigkeit, mit der die Mannschaft jedes Störfeuer wegsteckt. Zweimal mussten die Academics in Quarantäne, nur Schlusslicht Nürnberg ist mit erst zehn Spielen schlechter in Tritt gekommen, zuletzt der Wirbel um falsche Schnelltests, der zum nächsten Taktbruch führte.

Wie ernst es die Heidelberger diesmal mit dem Aufstieg meinen, unterstrich vor zwei Wochen die Verpflichtung von Shaun Willett. In Schwenningen aus disziplinarischen Gründen entlassen, in Heidelberg offenbar gerade recht, um die lange Zeit offene Flanke bei den Academics endgültig zu schließen. Der Amerikaner beeindruckte im Trikot der Panther mit 18,3 Punkten und 9,5 Rebounds in elf Spielen und macht in Heidelberg sportlich genau dort weiter, wo er in Schwenningen aufgehört hat. Mit Philipp Heyden und 2,12-m-Mann Armin Trtovac ist das Heidelberger Bollwerk damit auch unterm Korb stabil.

Auszeit für enge Freundschaft

Für Kirchheim liegen sieben Tage zwischen dem beeindruckenden Triumph gegen Paderborn und der historischen Klatsche im ­Artland. „Eine Zeit, in der wir das Basketballspielen nicht völlig verlernt haben können“, ist eine Hoffnung, die Kirchheims ­Trainer bleibt. Mehr Konzentration, mehr Aggressivität und ­Härte, ist das, was er vor dem Kräftemessen morgen Abend ab 20 Uhr gegen Heidelberg erwartet. Es ist gleichzeitig eine Kampfansage an seinen serbischen Landsmann Frenkie Ignja­tovic, mit dem ihn seit 15 Jahren eine enge Freundschaft verbindet. Beide telefonieren fast täglich miteinander. Morgen ist profes­sionelle Dis­tanz gefragt, wenn sie sich zum zweiten Mal überhaupt in einem Pflichtspiel als Trainer gegenüberstehen. Im November ging Heidelberg nach einer ­engen Partie als verdienter Sieger vom Feld. Perovic hat in seinem Sportlerleben als Spieler und Trainer genug erlebt, um zu wissen, wie man Rückschläge wegsteckt. Deshalb sagt er: „Am Mittwoch ­beginnt ein völlig neues Spiel.“