Basketball

„Sturm im Wasserglas“ schlägt Wellen

Basketball Knights-Fans lassen beim Auswärtsspiel in Crailsheim Konfetti regnen und rufen Sicherheitskräfte und Polizei auf den Plan. Von Bernd Köble

Knights-Supporters am Freitag in der Arena in Ilshofen. Zumindest an diesem Tag haben sie ihrer Mannschaft keinen Dienst erwiese
Knights-Supporters am Freitag in der Arena in Ilshofen. Zumindest an diesem Tag haben sie ihrer Mannschaft keinen Dienst erwiesen.Foto: Tanja Spindler

Manchmal ist es der Zufall, der aus einer eher harmlosen Angelegenheit eine Geschichte macht, die für Schlagzeilen sorgt. Wäre eine Einheit der Göppinger Bereitschaftspolizei am späten Freitagabend nicht gerade auf dem Rückweg von einem Einsatz im Raum Schwäbisch Hall gewesen, die Kollegen vom Polizeiposten im beschaulichen Ilshofen hätten sich wohl der Sache angenommen. So wurde aus der Meldung über Tumulte am Rande des Basketballspiels in der Hohenlohe-Arena vor den Toren Crailsheims ein veritabler Polizeieinsatz samt Begleit-Echo im Hohenloher Tagblatt. Neun Streifenwagen, 18 Beamte und mittendrin eine Handvoll Kirchheimer Fans.

Die vorläufige Bilanz: Eine zerbrochene Brille, ein zertrümmertes Handy, Prellungen und ein blaues Auge. Das in Spielen zwischen den beiden württembergischen Kontrahenten aus Kirchheim und Crailsheim mehr Brisanz steckt als in anderen Partien, ist kein Geheimnis. Weshalb die bisher weitgehend fair gepflegte Rivalität am Freitag aus dem Ruder lief, dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen. Je nachdem, welche Seite man befragt.

Sieben Minuten waren im dritten Viertel noch zu spielen, als aus dem Gästeblock ein Konfettiregen über dem Spielfeld niederging. Den Unparteiischen blieb keine andere Wahl als das Spiel für fast zehn Minuten zu unterbrechen. Eine Aktion mit Vorgeschichte, die schon in der Saison zuvor im traditionellen Weihnachtsspiel an selber Stelle ihren Anfang genommen hatte. Auch damals waren es Kirchheimer Fans, die Papierschnipsel regnen ließen.

Die Crailsheimer Antwort darauf folgte ein dreiviertel Jahr später im Hinspiel Anfang Oktober in der Kirchheimer Sporthalle Stadtmitte, wo die Begegnung erst mit einiger Verspätung beginnen konnte. Jetzt also die Retourkutsche auf die Retourkutsche, und die Sicherheitskräfte in der Halle in Ilshofen waren darauf offenbar bereits vorbereitet. Beim Versuch, den Übeltätern im Gästeblock das Handwerk zu legen, ging es handfest zur Sache. Weibliche Fans seien von einem Security-Mitarbeiter zu Boden gerungen und verletzt worden, heißt es auf der einen Seite. Der Sicherheitsmann sei daraufhin verprügelt und noch im Liegen getreten worden, auf der anderen.

Polizeisprecher Bernd Märkle vom zuständigen Präsidium in Aalen spricht dagegen von einer „normalen Rangelei“ und einer „eigentlich harmlosen Geschichte“. Das massive Polizeiaufgebot vor der Halle sei eher dem Zufall geschuldet gewesen. „Die Kollegen waren in der Nähe und haben den Fall übernommen.“ Inzwischen wurde allerdings Strafanzeige gestellt und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, nachdem sich zwei Kirchheimer nach ihrer Rückkehr hatten ärztlich behandeln lassen müssen.

Die Verantwortlichen beider Vereine sind derweil um Ausgleich bemüht. Bei den Knights bat man die beiden Sprecher des Fanklubs zum Rapport. „Aktionen, die eine Spielunterbrechung zur Folge haben, können wir nicht gutheißen“, sagt Knights-Geschäftsführerin Bettina Schmauder, die allerdings keinen Anlass für weiteres Handeln sieht. Ihr Crailsheimer Kollege Martin Romig urteilt ähnlich. „Wir lassen die Kirche im Dorf“, sagt er. „Man muss wegen ein paar Spinnern nicht alles infrage stellen.“ Zudem hätten die Fans ihrer Mannschaft einen Bärendienst erwiesen, da die Aktion mitten in einen Erfolg versprechenden Kirchheimer Angriff fiel. Eine Anzeige wegen Sachbeschädigung behält sich Romig allerdings vor, nachdem bei der Rangelei auch Sitze zu Bruch gegangenen waren.

Auch bei der Liga in Köln sieht man derzeit keinen Grund für Sanktionen. Man habe weder vom technischen Kommissar des Spiels noch von einem der beiden Vereine Meldung erhalten, sagt der Geschäftsführer der 2. Basketball-Bundesliga, Daniel Müller. Am kommenden Samstag tagen in Göttingen mit der AG 2. Liga die Delegierten sämtlicher Zweitliga-Klubs. „Da wird Gelegenheit sein, auch über dieses Thema zu reden“, sagt Bettina Schmauder.

Kommentar: Die Kunst der Deeskalation

In den Stadien der zweiten Fußball-Bundesliga würde es wohl als Signal verstanden, dass endlich Friede komme über die Welt. Konfettisalven zwischen den Fanfronten, das wäre dort etwa so, als würden sich verfeindete Lager einen Schwarm weißer Tauben hinter die Linien schicken. Was am Freitag in der Hohenlohe-Arena im dritten Viertel des Zweitligaspiels zwischen den Basketballern aus Crailsheim und Kirchheim geschah, lässt sich objektiv betrachtet als kindisch und gähnend langweilig bezeichnen. Die provozierte Spielunterbrechung nach der saisonübergreifend dritten Konfettiaktion der beiden Fanklubs war - gemessen an Timing und Spielverlauf - sogar ausgesprochen dumm. Für Mannschaften und Helfer schlimmstenfalls ein Ärgernis. Der Spielfluss ist dahin und irgendjemand muss den Dreck ja schließlich wegmachen. Selbst das, was folgte, hat die Polizei hinterher als „harmlose Rangelei“ eingestuft. Den Ball also einfach mal flach halten, könnte man sagen.

Nachdenken schadet trotzdem nicht. Auseinandersetzungen zwischen Fans und privaten Sicherheitskräften gehören auch im Hallensport inzwischen immer häufiger dazu. Will man Verhältnisse wie in Fußballstadien erst gar nicht riskieren, müssen Vereine genauer hinsehen. Auf die, von denen sie sich Unterstützung am Spielfeldrand erhoffen und auf die, die für sie das Hausrecht ausüben. Security-Kräfte sind private Dienstleister, die dafür Sorge tragen müssen, dass Gewalt nicht eskaliert. Wer das nicht tut, für den darf kein Platz sein in den Hallen. Bernd Köble