Selbstzufriedenheit ist im Sport eigentlich ein sicheres Indiz, dass der Anfang vom Ende erreicht ist. Manchmal ist Selbstzufriedenheit aber auch nur ein kurzer Moment, der zum Ausdruck bringen soll: Wir stehen noch ganz am Anfang, aber alles läuft bestens. „No complaints“ - er habe überhaupt nichts zu kritisieren, stellt Kirchheims Basketballtrainer Igor Perovic an diesem Montag fest. Daraus spricht Größe. Denn während andere nach einem solchen Wochenende noch geschäftsmäßig den Finger gehoben und wenigstens das eine dünne Haar aus der Suppe gefischt hätten, genehmigt sich der Serbe den Luxus, einfach zufrieden zu sein.
Nach zwei überzeugenden Siegen innerhalb von drei Tagen gegen Mannschaften, die in der zweiten Liga nicht unbedingt zur Laufkundschaft zählen, wirkt das Kirchheimer Nervenkostüm wie frisch gestärkt und gebügelt. Ein Doppelspieltag gegen alle Zweifel. Vor wenigen Wochen noch war die gesamte Saisonvorbereitung Makulatur gewesen. Reihenweise Verletzte, eine zwölftägige Quarantäne pünktlich zum Saisonstart, keine Spiele, kein Training. So etwas wegzustecken, kann viele Wochen dauern. Bei den Knights dauerte es genau eineinhalb Spiele lang. Die erste Halbzeit in Bremerhaven war ein erstes Signal, dass die Rädchen beginnen ineinander zu greifen, auch wenn das Spiel gegen den Tabellenführer am Ende klar verloren ging. Am Freitag gegen Leverkusen und am Sonntag in Tübingen offenbarte die Mannschaft offensiv wie defensiv kaum Schwächen. Mit ein paar Fehlzündungen wie sie für einen PS-strotzenden Motor im oberen Drehzahlbereich üblich sind. Insgesamt 33 Turnover in beiden Spielen ist eine Zahl, an der Perovic wird arbeiten müssen. Ein Grund zur Beunruhigung ist das nicht, schließlich zwangen die Ritter allein den Gegner aus Leverkusen mit einer galligen Defense zu stattlichen 26 Ballverlusten. So etwas kann nerven. „Wenn wir verteidigen wie am Wochenende“, sagt Perovic, „wird jede Mannschaft gegen uns Probleme bekommen.“
Die lauteste Bank der Liga
Das gilt auch für die Offensive und dort nicht nur für Kyle Leufroy, der mit durchschnittlich 25,5 Punkten nach vier Spieltagen im ligaweiten Ranking als Topscorer bereits ganz oben steht. „Kyle wird nicht immer so treffen“, sagt sein Trainer voraus. „Deshalb haben wir andere Optionen.“ Seit Sonntag sogar eine mehr: Der Knall, mit dem bei Tim Koch in Tübingen der Knoten platzte, war bis zum anderen Neckarufer zu hören. Seine vier Dreier nach wochenlanger Zwangspause brachen über den Gegner wie ein Erdbeben herein, dessen Wellen auch die Kirchheimer Bank erfasste. Wenn schon keine Fans auf den Rängen, dann wenigstens Feuer im Reservistenlager. „Wir haben vermutlich die lauteste Bank der Liga“, freut sich Sportchef Chris Schmidt über die „gute Chemie“ in der Mannschaft.
Sollte ein ehemaliger Topscorer wie Richie Williams in den kommenden Wochen seinen Wurf wiederfinden, könnte aus dem letztjährigen Minimalisten Kirchheim ein Highscore-Team werden. Dabei sind die Offensiv-Qualitäten des kleinen Amerikaners zurzeit gar nicht verlangt. Er rackert unermüdlich im Spielaufbau und funkt als Störsender in jedem gegnerischen Angriff dazwischen. Williams Spielübersicht und flinke Finger lassen sich in Zahlen fassen: 29 Assists und 15 Balleroberungen bisher. Das Gute daran: Der 33-Jährige ist nach nur drei Wochen noch immer dabei, seine Mitspieler auf dem Feld kennenzulernen. „Wir sind noch alle mitten im Prozess“, sagt Schmidt. Ein Satz, der wie eine Drohung klingt.