Fussball

Auf der Suche nach Stabilität und Normalität

Fußball Nach acht Monaten Pflichtspielabstinenz beginnt für Frauen-Landesligist TSV Wendlingen die heiße Phase der Saisonvorbereitung. Von Reimund Elbe

TSVW-Trainer Simon Heller geht vorsichtig optimistisch in die neue Saison. Foto: Markus Brändli
TSVW-Trainer Simon Heller geht vorsichtig optimistisch in die neue Saison. Foto: Markus Brändli

Ein kalendarischer Abgleich verdeutlicht die Sondersituation besser als 1000 Worte: Am 23. November vergangenen Jahres absolvierte Frauenfußball-Landesligst TSV Wendlingen letztmals ein Punktspiel - wenige Stunden vor dem Rückrundenstart im März dann der Lockdown im landesweiten Sport. Rund acht Monate nach dem letzten ernsthaften Match befinden sich die Kickerinnen aus Rübholz und Speck auf der Suche nach Normalität und Stabilität.

Vor kurzem lief der Trainingsbetrieb wieder an - doch längst stellt sich nicht alles so einfach dar, wie vor der Coronakrise. So bedeutet beispielsweise das Nichtmelden der „Zweiten“ (wir berichteten) eine Zäsur für die kooperierenden Klubs TSV Wendlingen und TSV Ötlingen.

Die personellen Unwägbarkeiten bei Liga-Konkurrenten sowie die undurchsichtige Pandemie-Gemengelage sorgen für weitere Turbulenzen. TSVW-Spielführerin Franziska Claus scheint zu ahnen, dass die voraussichtlich am 13. September beginnende Runde vor allen aus diesen Gründen zu einer ganz schwer einzuschätzenden wird. Dank Neustart fühle sie sich zwar förmlich befreit („es gibt fast nichts Schöneres, als auf dem Platz zu sein“), doch das Feintuning dürfte sich alles andere als einfach gestalten. „Wir mussten von 100 runterfahren, jetzt fangen wir wieder fast bei Null an“, bleibt die ehemalige Weilheimer Spielerin vorsichtig.

Trainer Simon Heller hat nach den ersten Trainingseinheiten bereits der Optimismus gepackt. „Mit bis zu 25 Spielerinnen eine überragende Trainingsbeteiligung, alle hochmotiviert und heiß, endlich wieder zu spielen“, beschreibt der beim TSVW in die dritte Saison gehende Chefcoach seine Eindrücke. Bislang absolvierte Testspiele hätten diesbezügliche Beobachtungen bestätigt.

Der Rückzug des zweiten Teams stellt dabei Fluch und Segen zugleich dar. Der Landesliga-Kader könnte zwar grundsätzlich durch aufrückende Bezirksliga-Spielerinnen quantitativ stärker bestückt werden als in der vergangenen Saison. Andererseits sei es, so Heller, durchaus möglich, dass nicht alle aus der „Zweiten“ den Sprung aufs höhere Leistungslevel schaffen. Nicht nur der Kader wird größer, auch die Staffel. 14 statt zwölf Teams heißt 26 statt 22 Saisonspiele. Auch hier bleibt der Coach Positivdenker. „Dadurch lassen sich womöglich Patzer leichter ausgleichen“, so seine Spekulation.

Wo die Reise hinführt? Der Trainer gibt die Zielformulierung ans Team weiter. Doch auch dort herrscht Abwägen. „Es könnte einiges drin sein“, zieht Kapitänin und Abwehrakteurin Franziska Claus die verbale Defensive vor. Zu ausgeglichen besetzt sei die Liga wahrscheinlich. „Plattenhardt und Gröningen-Satteldorf“, würden sicher eine Rolle im Titelkampf spielen, lässt sich Teamkollegin Caroline Müller entlocken.

Bis zum Rundenstart warten auf die Kickerinnen des TSV Wendlingen noch einige Arbeitspakete: Im taktischen Bereich die Rückkehr zur Viererkette sowie neue Spielvarianten, im konditionellen weiterer Feinschliff. In den WFV-Pokal steigt der TSVW am 30. August beim noch nicht feststehenden Bezirkspokalsieger aus Ostwürttemberg ein.

Trainer als Koch gefordert

Gänzlich spaßbefreit war die lange Phase der Enthaltsamkeit vom regulären Fußballbetrieb übrigens nicht. So lobte Trainer Simon Heller bei einer Team-Challenge, die aus 16 Einheiten wie Treppenlaufen, Joggen oder dem Zusammenstellen eines Fotobuchs bestanden hatte, Preise aus. Da 14 von 16 Aufgaben vorbildlich abgearbeitet wurden, muss der Coach nun ein Drei-Gänge-Menü fürs Team springen lassen. „Gott sei Dank haben sie die letzten beiden Aufgaben nicht mehr geschafft, sonst hätte ich alle einen ganzen Abend frei halten müssen“, zeigte sich der Coach über den deutlich geringeren monetären Einsatz erleichtert. Einen Fingerzeig habe die Challenge freilich ergeben: „Es half über die fußballlose Zeit“, betont Abwehrspielerin Caroline Müller und habe zudem gezeigt, dass die Chemie im Team in Krisenzeiten stimme - grundsätzlich kein schlechter Baustein für eine erfolgreiche Runde, die allerdings aufgrund einer verschärften Regelung mit bis zu sieben möglichen Absteigern zu einer vogelwilden werden könnte.

Keeperin Kurutz hört auf

In den Kader des TSV Wendlingen ist in der Coronapause Bewegung gekommen. Alin Kurutz erklärte wegen anhaltender Verletzungsproblemen mit 23 Jahren das Ende ihrer Laufbahn, die sie vor fünf Jahren immerhin zum Zweitligisten VfL Sindelfingen geführt hatte. Kurutz wird künftig den Torspieler-Trainerstab ergänzen . Die Nachfolge tritt Swenja Gerdes vom TB Neckarhausen an.

Von den B-Juniorinnen rücken Fanny Schickinger, Mina Löffel und Katja Salzer auf, Spielerinnen aus der bisherigen „Zweiten“ ebenso. Neben Alin Kurutz beendet auch Sandy Schaible ihre Laufbahn. Blanca Ensminger pausiert studienbedingt. Mittelfeldregissuerin Melanie Schöffmann war bereits in der Winterpause nach München zurückgekehrt. Laura Gerlinger muss zudem wegen einer Knieoperation vermutlich die komplette Saison pausieren. rei