Fussball

Der, die, das - oder was?

Fußball Nachdem die Saison im lokalen Fußball begonnen hat, muss man bei manchem Klubnamen aufpassen.

Jubelt der TSV Oberensingen? Denkste: Die Kicker aus der Nürtinger Vorstadt schnüren für die Turn- und Sportvereinigung die Schu
Jubelt der TSV Oberensingen? Denkste: Die Kicker aus der Nürtinger Vorstadt schnüren für die Turn- und Sportvereinigung die Schuhe.Foto: Genio Silviani

Oberensingen. Als im Jahr 1899 die Gründungsmütter und -väter in Oberensingen einen Sportverein aus der Taufe hoben, überließen sie kommenden Generationen eine ganz besonders knifflige Aufgabe: Die Frage nach dem „die“ oder „der“. Denn: Die Oberensinger kürzten vor 119 Jahren ihren Vereinsnamen „Turn- und Sportvereinigung“ frech, kurz und schmerzlos mit TSV ab - eigentlich in den meisten Fällen einem „Turn- und Sportverein“ vorbehalten. Die Verwirrung war vorprogrammiert. Die Vereinigung ist weiblich, der Verein dagegen männlich. Also: Der oder die TSV Oberensingen? Es ist zweifellos in diesem Falle ein „die“.

Die Glatteisgefahr für Redner und Schreiber ist heute genauso groß wie vor 119 Jahren. Es ist erst ein paar Tage her, da fiel wieder einer in die tiefe Grube. Der eloquente Stadionsprecher eines WFV-Pokalspiels im Filstal sagte, „der“ TSV Oberensingen sei zu Gast. Pech gehabt. Zum Trost: Er war nicht der Erste - und es werden wohl noch einige folgen. Denn durch den Oberensinger Höhenflug, der nach mehreren Aufstiegen mit dem samstäglichen 5:4 zur Landesliga-Premiere in Neu-Ulm einen vorläufigen Höhepunkt erreichte, wird das Thema nun auch auf überregionaler Ebene ein Härtetest für Fans, Stadionsprecher und Schreibende werden.

Auch der Klub in Zell am Aichelberg erfordert Spezialwissen. Entgegen landläufiger Meinung handelt es sich nämlich bei „TSG Zell“ nicht um eine „Turn- und Sportgemeinschaft“ - also eine „die“ - sondern vielmehr um einen Turn- und Gesangverein - und der ist männlich. Da dürfte manchem vor Schreck der Ton im Halse stecken bleiben.

Die Abkürzungswut im Sprachgebrauch und in den Medien hatte einst im Stuttgarter Stadtteil Münster dem dortigen Klub eine männliche statt weibliche Variante im Sprachgebrauch eingebracht. In Münster handelt es sich zwar zweifelsfrei laut Vereinsunterlagen um eine „Turn- und Sportvereinigung“, die sich auch offiziell mit TSVgg Münster abkürzt, aber irgendwann gingen die beiden „g“ im gesprochenen und geschriebenen Namen flöten. Der Stadionsprecher des einstigen Weilheim-Konkurrenten in der Landesliga weiß natürlich wovon er redet. Wenn er von seinem Klub spricht, zieht er das „die“ vor dem TSV immer ganz besonders genüsslich in die Länge. Kurios: Selbst die Klub-Homepage www.tsv-muenster.de bedient sich der Kurzform.

Abbitte müssen auch all diejenigen leisten, die die „SV Böblingen“, einst Oberliga- und Verbandsligakonkurrent des VfL Kirchheim, zu Unrecht jahrelang in die männliche Form „der“ drängten. Der Ende 1945 gegründete Klub ist eine „Sportvereinigung“, kein „Sportverein“.

Verwirrung ums Waldheim

Und in manchen Vereinsabkürzungen schlummern noch andere Tücken: Der Autor dieser Zeilen kickte einst in der Jugend bei der „Spielvereinigung“ Nürtingen - so dachte er zumindest einige Zeit, weil dies alle so sagten. Dabei ist die SPV 05 tatsächlich eine Sportvereinigung.

Im Sprachgebrauch hat sich in den vergangenen 40 Jahren freilich nur wenig geändert. Wer in Nürtingen und darüber hinaus von der „Spielvereinigung“ spricht, hat sofort das Nürtinger Waldheim vor Augen. Dass dort eigentlich die „Sportvereinigung“ spielt - Schwamm drüber.Reimund Elbe