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Die lachenden Zweiten

Fußball Die Tabellen der abgebrochenen Saison mit der Quotientenregel zu berechnen, beschert zwei B-Ligisten im Bezirk die Meisterschaft und den Aufstieg – obwohl beide jeweils nur Zweiter waren. Von Peter Eidemüller

Jubel beim TSG Zell: Die Kicker vom Aichelberg spielen kommende Saison unverhofft in der Kreisliga A. Foto: TSG Zell
Jubel beim TSG Zell: Die Kicker vom Aichelberg spielen kommende Saison unverhofft in der Kreisliga A. Foto: TSG Zell

Aufsteigen ohne Erster zu sein: Der Abbruch der Fußballsaison sorgt im Bezirk Neckar/Fils für zwei pikante Konstellationen. Da die Tabellenstände nach dem Willen des WFV per Quotientenregel ermittelt werden sollen, kommen in zwei B-Ligastaffeln die jeweiligen Tabellenzweiten unverhofft zu Meisterehren - sofern die entsprechende Empfehlung im Rahmen des Verbandstags im Juni abgesegnet wird.

Einer der beiden Klubs, die von der Regelung profitieren würden, ist der TSG Zell. Die Kicker des Turn-, Sport- und Gesangsvereins liegen auf Rang zwei der B-Staffel 7 hinter dem Türk SV Ebersbach. Da der ein Spiel mehr absolviert, aber nur zwei Punkte Vorsprung auf die Zeller hat, geht der Meisterwimpel nach der Quotientenregelung nicht an die Fils, sondern unter den Aichelberg.

Dort sorgt dieser Umstand für gemischte Gefühle. „Klar nehmen wir es, wie es kommt, aber ich würde lieber auf sportlichem Weg aufsteigen“, sagt TSG-Trainer Roland Schumacher. Der 41-Jährige schnürte einst für den VfL Kirchheim in der Oberliga die Kickschuhe, war außerdem noch in Weilheim, Dettingen und Neidlingen aktiv. Vergangene Saison heuerte er bei seinem Jugendverein in Zell an, wo er den Abstieg aus der Kreisliga A hinnehmen musste - die unvermittelte Rückkehr in die Neuntklassigkeit am grünen Tisch will „Schu“ allerdings erst feiern, wenn es offiziell ist. „Ich traue dem Braten noch nicht“, blickt er auf den Verbandstag voraus. Dass die Empfehlungen zum Saisonabbruch dann noch gekippt werden, gilt allerdings als ausgeschlossen.

„Die fairste Lösung“

Der zweite lachende Zweite im Bezirk ist der TSuGV Großbettlingen II. Das Team vom Staufenbühl überholt dank der Quotientenregel den dominierenden Tabellenführer der B-Staffel 4, den TSV Wolfschlugen. Der hatte bis zum Zwangsstopp im März nur ein Spiel verloren, war seit dem zehnten Spieltag ununterbrochen auf Rang eins gestanden und hatte das mit Abstand beste Torverhältnis. „Für Wolfschugen tut es mir natürlich leid, weil die eine tolle Vorrunde gespielt haben“, lobt Großbettlingens Trainer Matteo Casisa, „aber für mich ist Quotientenregel trotzdem die fairste Lösung. Zumal es bei jeder Entscheidung glückliche Gewinner und traurige Verlierer gibt.“

Beim TSV Wolfschlugen hält sich die Trauer überraschenderweise in Grenzen: „Wir sind selber schuld. Wir haben das Spiel gegen Grötzingen verloren und brauchen auf niemand anderen zeigen“, wird Abteilungsleiter Reiner Vollmer im Zusammenhang mit der 0:2-Pleite beim TSV Grötzingen II Anfang Dezember zitiert. Dass diese verlorenen drei Punkte im Zusammenhang mit der Quotientenregel den Unterschied machen könnten, hätte wohl niemand in Wolfschlugen oder Großbettlingen gedacht.

Die Hinrundentabelle wäre vielen lieber gewesen

Die Quotientenregel stößt bei vielen Vereinsvertretern im Bezirk auf Unverständnis - selbst bei denen, die wie der TSG Zell davon profitieren: „Gerechter wäre gewesen, die Tabellen nach dem Stand der Hinrunde zu nehmen“, sagt TSG-Trainer Roland Schumacher, dessen Team allerdings auch in dem Fall aufgestiegen wäre.

Der TV Unterboihingen verpasst das Ticket in die Bezirksliga nur wegen des schlechteren Torverhältnisses gegenüber dem punktgleichen A1-Spitzenreiter FC Esslingen - da der TVU Herbstmeister war, ist es allerdings kein Wunder, dass Trainer Daniel Zeller die Wertung nach der Hinrunde gerechter gefunden hätte. „Da hat dann jeder einmal gegen jeden gespielt“, sagt er.

Einen Steinwurf weiter in Oberboihingen hadern die Verantwortlichen ebenfalls mit der Quotientenregel. „Dass die Saison abgebrochen werden musste, ist ja grundsätzlich richtig“, sagt Spielleiter Stefan Hein, „aber warum können bei uns nicht auch die beiden Erstplatzierten aufsteigen wie zum Beispiel in Westfalen?“ So bleibt dem TSVO in der Endabrechnung lediglich der zweite Platz hinter dem TSV Jesingen. Pikant: Beide wären am letzen Spieltag im mutmaßlichen Titel-Showdown aufeinander getroffen. pet