Fussball
Die Schiedsrichterzunft will nicht ins Abseits geraten

Lockdown Viele Unparteiische im Fußballbezirk halten sich mit Onlineangeboten und Individualtraining fit.

Kirchheim. Auch die Zunft der Fußball-Unparteiischen wird schwer vom neuerlichen Sport-Lockdown gebeutelt, wie am Beispiel der hiesigen Pfeifenmänner und -frauen deutlich wird. „Die Kommunikation untereinander wird schwieriger“, beschreibt Steffen Müller, Obmann der Schiedsrichtergruppe Nürtingen, die Probleme, mit denen Referees aktuell konfrontiert werden - am Telefon und im Mail-Postfach werde es von Tag zu Tag „immer ruhiger“, wie Müller sagt. Mit Online-Ausschusssitzungen können die Funktionäre zwar noch weitgehend im Austausch bleiben, doch nicht zu allen der 140 aktuell in der Gruppe Gelisteten gebe es derzeit Kontakt.

Ein Hilfsmittel zur Kontaktpflege sind Online-Seminare. „Pro Sitzung gibt es ein spezielles Thema wie Strafraum oder Elfmeter“, berichtet Müller, dazu halte ein Lehrwart das entsprechende Referat mit eingespielten Videos.

Doch mit dem Konzept erreicht die Gruppe nicht alle Schiris. Folge: Müller und sein Team sind dringend auf mehr Eigeninitiative der pfeifenden Kolleginnen und Kollegen angewiesen, um bei einem eventuell anstehenden Re-Start nicht bei Null beginnen zu müssen - sowohl was Theorie als auch die Arbeit an der körperlichen Fitness betrifft.

Die Angst, dass die Schiris im Lockdown völlig außer Tritt kommen, scheint jedoch nur zum Teil begründet. Denn wie akribisch sich einige der Unparteiischen trotz der noch fehlenden Perspektiven auf den Tag X vorbereiten, zeigen Beispiele. So hat sich Hannelore Pink „ein straffes Programm“ verordnet, wie sie lächelnd betont. Vier- bis sechsmal pro Woche beschäftige sie sich trotz Lockdown in der Freizeit mit dem Hobby. Im Vordergrund: Erhalt der körperlichen Fitness sowie das Absolvieren von Online-Lehrgängen. „Es wäre fatal, wenn ich in den Lockdown-Zeiten nichts tun würde“, baut die 27-Jährige jeglichem Schlendrian vor.

Die Esslingerin pfeift unter anderem in der Juniorinnen-Bundesliga, hat deshalb sowohl vom Württembergischen Fußballverband als auch seitens des DFB konkrete Trainingspläne vorliegen. Joggen, Kräftigungsübungen, Onlinekurse des Fitnessstudios, Regeltests über eine Onlineplattform, Weiterbildungen sind ihre Gesamtbausteine. „Die Spielpraxis kann dies alles natürlich nicht komplett ersetzen.“

Gezielte Analyse am Fernseher

Statt am Wochenende selbst auf dem Platz zu agieren, steht außerdem häufiger das Betrachten der Erst- und Zweitligaspiele per TV im Vordergrund. „Es ist jetzt einfach mehr Zeit dazu, diese Profispiele etwas genauer und konzentrierter aus Sicht eines Schiedsrichters anzuschauen“, berichtet Christopher Körner von den SF Dettingen. Sein Hauptaugenmerk gelte dabei dem Thema Abseits. Nicht verwunderlich, weil Körner wie Hannelore Pink (Assistentin) nicht nur pfeift, sondern immer mal wieder an der Seite agiert - bis auf Landesliga-Level. Dreimal pro Woche hat sich Körner des Weiteren ein selbst zusammengestelltes Ganzkörpertraining verordnet („mein Fitnessstudio bietet leider keine Onlinekurse an“), bis zu zweimal pro Woche joggt er.

Volker Krissler gehört zu den erfahrensten Schiedsrichtern in der Region. Seit rund 20 Jahren dabei, muss auch der Routinier erst einmal mit der aktuellen Situation klarkommen. „Grundsätzlich halte ich mich jedoch immer fit“, sagt der einstige Bezirksligakicker, ein größeres Problem sei vielmehr der Vorlauf bei einem etwaigen Re-Start. „Wir benötigen auf jeden Fall davor einige Freundschaftsspiele, um wieder ein Gefühl auf dem Platz und die entsprechende Sicherheit bei der Beurteilung von Situationen zu bekommen“, gibt er, der ebenfalls für die SF Dettingen pfeift, zu bedenken.

Die Perspektiven hierfür sind unklar. „Wir wissen nicht, wie es konkret weitergeht“, sagt Christian Keim, Öffentlichkeitsarbeiter des Fußball-Bezirks Neckar-Fils. Der WFV plane jedoch nach wie vor, dass es zu einem Abschluss der Runde kommen könnte. Bis dahin müssen sich die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter in der Teckregion mit dem jeweils selbst auferlegten Lockdown-Programm begnügen. Reimund Elbe