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S.A.M. Kirchheim 86 kommt

Fußball Die Sultan-Ahmet-Moschee gründet ein eigenes Fußballteam. Aufgrund der Corona-Pandemie verzögert sich der Start allerdings um ein Jahr. Von Max Pradler

Die beiden Vorstandsmitglieder Emek Ileli (links) und Habib Aydin mit dem Vorsitzenden Yakub Kambir (mitte). Foto: Markus Brändl
Die beiden Vorstandsmitglieder Emek Ileli (links) und Habib Aydin mit dem Vorsitzenden Yakub Kambir (mitte). Foto: Markus Brändli

Kirchheim bekommt einen neuen Fußballklub - zwar noch nicht zur kommenden Runde, aller Voraussicht nach aber zur Saison 2021/22: Dieses Vorhaben jedenfalls verfolgt die Kirchheimer Sultan-Ahmet-Moschee, die bereits seit einigen Monaten in den Planungen steckt, einen eigenen Verein zu gründen. Was ursprünglich nichts weiter als eine spontane Idee war, wurde plötzlich Anfang des Jahres immer konkreter. „Die Weichen für eine Vereinsgründung waren eigentlich weitestgehend gestellt, aber dann kam die Coronakrise. Jetzt verschiebt sich das Ganze eben“, sagt Emek Ileli, Vorstandsmitglied der Sultan-Ahmet-Moschee.

Doch von vorn: Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde in der islamischen Gebetsstätte in Erwägung gezogen, eine eigene Fußball-Mannschaft an den Start zu bringen. Auf den Trichter gekommen waren die Verantwortlichen durch die wachsende Beteiligung junger Menschen innerhalb der Moschee. „Wir haben viele Männer Anfang 20, die sehr fußballbegeistert sind. Der Gedanke war also gar nicht so abwegig“, erklärt Ileli.

Als dann Anfang März mit Yakub Kambir der neue Vorstandsvorsitzende der Moschee gewählt wurde, nahm das Projekt jedoch unerwartet schnell konkrete Formen an. „Wir bekamen von ihm die volle Unterstützung und Rückendeckung. Er meinte, wenn wir das nachhaltig und seriös aufbauen, gibt er grünes Licht“, schildert Ileli.

Dann ging alles ganz schnell: Ileli, der selbst für A-Ligist SF Dettingen zwischen den Pfosten steht, widmete sich gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Samet Beydogan und Habib Aydin voll und ganz dem frischen Vorhaben. Die ersten Teilerfolge ließen nicht lange auf sich warten: Nachdem sich für den Vereinsnamen „S.A.M. Kirchheim 86“ (Abkürzung für Sultan-Ahmet-Moschee sowie das Gründungsjahr) und die Klubfarbe Türkis entschieden wurde, folgten schon bald die ersten Zusagen von Spielern und Sponsoren. Auch die vermeintlich größte Hürde, das Finden einer passenden Spielstätte, wurde nach kooperativen Gesprächen mit der TG Kirchheim reibungslos überwunden.

Einen Strich durch die Rechnung machte dem Projekt auf der Zielgeraden dann aber die Corona-Pandemie: „Gerade als wir organisatorisch und bürokratisch die letzte Etappe angehen wollten, kam uns die Kontaktsperre in die Quere“, sagt Ileli. Zwar waren interne Besprechungen per Videokonferenz weiterhin möglich, die juristische Abwicklung einer Klubgründung geriet jedoch ins Stocken - sehr zum Frust des 35-Jährigen: „Es ist sowieso schon extrem schwierig, einen Anwalt zu finden, der auf Vereinsrecht spezialisiert ist. Durch die Coronakrise jedoch kamen wir in dieser Hinsicht wochenlang keinen Schritt weiter.“

Der zeitliche Verzug ist nun zum Verhängnis geworden. Um schon in der kommenden Runde spielen zu können, hätte sich der Klub nämlich bis vergangenen Samstag, 30. Mai, beim Württembergischen Fußballverband (WFV) zum Spielbetrieb anmelden müssen. „Das ist sehr ärgerlich für uns. Wir wollten in den letzten Tagen dann aber auch keinen Schnellschuss mehr machen und alles auf Biegen und Brechen durchziehen“, erklärt Samet Beydogan, „das wäre keine gesunde Basis für das Team gewesen, deshalb warten wir jetzt lieber ein Jahr und machen es dafür umso genauer - es sei denn durch das Corona-Chaos öffnet sich doch noch ein Hintertürchen.“

Transparenz zeigen

Die Wahrscheinlichkeit, dass S.A.M. Kirchheim 86 in der Saison 2021/22 dann tatsächlich in der Kreisliga B6 an den Start gehen wird, schätzt Habib Aydin zum aktuellen Zeitpunkt auf „90 Prozent“: „Von unserer Seite steht alles, aber es kommt natürlich auf die Spieler drauf an.“ Insgesamt 24 Akteure hatten bereits ihre Zusage für das Team gegeben - darunter teilweise reine Hobbykicker, aber auch aktive Amateurspieler, die momentan noch für andere Klubs auflaufen. „Wenn sie ihr Wort halten und nächstes Jahr immer noch bei unserem Projekt dabei sind, steht uns nichts im Weg“, hofft Aydin.

Neben den sportlichen Ambitionen soll dann vor allem auch der interkulturelle Aspekt im Vordergrund stehen. „Sport verbindet. Wir wollen Brücken zwischen den jeweiligen Kulturen bauen und durch die Transparenz unserer Arbeit zeigen, dass ein gemeinsames Zusammenleben in Kirchheim sehr gut möglich ist“, betont der Vorstandsvorsitzende Yakub Kambir.

Parallelen vermeiden

Mit dem TASV Kirchheim hatte die Sultan-Ahmet-Moschee von 1996 bis 2006 bereits schon einmal eine Fußballmannschaft. Weil das damalige sportliche Geschehen aber nach und nach von der Moschee ausgegliedert wurde, hat sich das Team nach der Saison 2005/06 vom Spielbetrieb zurückgezogen. Ein ähnliches Szenario soll diesmal verhindert werden: „Uns ist wichtig, dass das Fußballteam in der Satzung fest mit der Moschee verankert ist, damit das Projekt langfristig Bestand hat“, sagt Vorstandsmitglied Emek Ileli. max