Wenn es stimmt, dass sich Erfahrung auszahlt, dann wurde die SG Lenningen in diesem Frühjahr um eine große Chance gebracht. Erfahrung in der Aufstiegs-Relegation kann Lenningens Handballern jedenfalls niemand absprechen. Am 16. Mai 2015 durften die SG und ihr damaliger Trainer Michael Rehgkugler nach einem Handball-Krimi in Wasseralfingen den Aufstieg in die Landesliga feiern. Drei Jahre später hatte Peter Schmauk in der gleichen Situation das Pech, mit dem SV Kornwestheim II auf die Reserve eines Drittligisten zu treffen. Nach zwei hauchdünnen Niederlagen war der Traum geplatzt.
Wäre alles so gelaufen wie immer, hätten sich die Lenninger heute Abend im Heimspiel gegen den Tabellenzweiten TuS Stuttgart (19.30 Uhr) auf den großen Showdown freuen dürfen. Doch dieses Jahr ist halt nichts wie immer. Das Aus für die Relegation im Vorgriff auf die Liga-Reform im kommenden Jahr macht aus dem Endspiel um Platz zwei eine Aufgabe für Motivationskünstler. Doch auch dafür muss man sich das Krönchen aus Blech erst einmal schön reden. Zwar ist SG-Trainer Peter Schmauk ein Charakter, der weitgehend gefeit ist vor Gefühlsduseleien jedweder Art. Seinen Abschied aus dem Täle will sich der Handball-Lehrer aus Köngen trotz allem genießbar gestalten. Ohne einen Sieg im letzten Spiel wäre das deutlich schwieriger.
Die Bezirksliga trudelt aus, die Luft ist raus, doch davon will Schmauk zumindest in den letzten Trainingseinheiten mit seinen Jungs nicht mitbekommen haben. Falls doch, bliebe ihm immer noch die vereinshistorische Keule. Schließlich ist die SG demnächst Geschichte, der Bund mit dem Nachbarn aus Owen ein neues Kapitel. Wer will seinen Enkeln eines Tages schon erzählen, er habe nach dem letzten Gefecht wie ein geprügelter Hund vom Feld schleichen müssen. Deshalb sagt Schmauk: „Wir wollen Zweiter werden - und jeder zieht mit.“ Dass der Zweite in diesem Fall erster Verlierer ist, den Satz schenkt er sich. Er und seine Mannschaft hatten es selbst in der Hand. Das wurmt noch immer. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“, sagt Lenningens Trainer. „Weil wir die Spiele nicht gewonnen haben, die wir hätten gewinnen müssen.“
Dafür haben bei Meister Denkendorf die Festwochen begonnen. Die Mischung aus Unbekümmertheit und brennendem Ehrgeiz, die das blutjunge Team von Ralf Wagner auszeichnet, war der Hauptgrund, weshalb der TSV sich am vorletzten Spieltag nach nur zwei Saisonniederlagen und einem 27:20 gegen Verfolger Bernhausen vorzeitig Titel und Aufstieg sichern konnte - völlig zu Recht.
Die Party in Lenningen wird es heute Abend nach dem Spiel trotzdem geben, und Schmauk wird noch eine Weile mitten drin sein. Was danach kommt, weiß er noch nicht. Der TSV Süßen - Bezirksklassevertreter aus dem Nachbarbezirk Stauferland - hat bei ihm angeklopft. Auch der TSV Grabenstetten soll bei der Suche nach einem neuen Trainer mit einem Auge talwärts schielen, auch wenn Schmauk dies dementiert. Er könne sich auch ein Jahr Pause gut vorstellen, sagt er. „Gut möglich allerdings, dass mich meine Frau dann an Weihnachten rausschmeißt, weil ich ohne Handball unausstehlich bin.“
Sein Owener Kollege Marius Dotschkal hat solche Sorgen nicht. Zwar heißt es auch für ihn heute Abend Abschied nehmen, doch sein Wechsel zur TG Nürtingen steht schon seit vielen Wochen fest. Heute Abend ist der TSV ab 19.30 Uhr zu Gast in Neckartenzlingen. Das letzte Spiel unter eigener Flagge ist eines, das keiner mehr braucht. Owen wird nach einer starken Rückrunde das Handballjahr auf einem akzeptablen siebten Platz beenden. Die Neckargänse stehen vier Punkte dahinter auf Platz acht. Das ist so, und das wird auch so bleiben - ganz egal, wie es ausgeht. Bleibt als Ansporn auch in Owen nur Symbolik. Umso mehr als der TSV bereits das letzte Derby der Vereinsgeschichte gegen den künftigen Partner vor drei Wochen gehörig vergeigt hat.
Nach Neckartenzlingen fährt heute Abend jedenfalls ein großer Fanbus. Wo der Abend ausklingen wird, ist noch offen. Nach Abpfiff gemeinsam auf die Zukunft anstoßen - die Einladung aus Lenningen, so heißt es, steht.