Handball

Wo wir sind, ist oben

Handball In der letzten Saison vor der württembergischen Liga-Reform kämpfen die Teams in allen Spielklassen um die beste Ausgangsposition. Die belegen im Moment die drei Teckvertreter. Von Bernd Köble

Liegt mit der HSG OLE auf Kurs: Chefcoach Matthias Briem. Foto: Genio Silviani
Liegt mit der HSG OLE auf Kurs: Chefcoach Matthias Briem. Foto: Genio Silviani

Noch ist es nur eine Momentaufnahme. Noch sind erst fünf Spieltage im Mittel absolviert. Trotzdem kann man festhalten: Alle drei Teckvertreter sind offenbar fest entschlossen, ihre Aufstiegschance im letzten Jahr vor der Reform im württembergischen Handball zu nutzen. Im Sommer 2020 beginnt mit der Wiedereinführung der Verbandsliga im HVW das große Stühlerücken quer durch alle Ligen. Hätte die Tabelle so wie sie sich vor dem Wochenende zeigt, auch im Frühjahr noch Bestand, könnten gleich sechs aktive Mannschaften aus drei Teckvereinen die Sektkorken knallen lassen.

Wo wir sind, ist ganz oben, heißt es vor allem im Lenninger Tal. Männer und Frauen der neu gegründeten HSG Owen-Lenningen stehen ungeschlagen an der Spitze der Bezirksliga. Dasselbe gilt für die beiden zweiten Mannschaften in der Kreisliga A. Der neue Sprössling lernt laufen und steht offenbar früher als erwartet auf zwei kräftigen Beinen. Die Halle voll, die Stimmung prächtig, die Bilanz der ersten Männermannschaft besser als erhofft - so kann‘s weitergehen. Dass mit Matthias Briem ein Trainerneuling das Kommando führt, schadet der Sache nicht - im Gegenteil. Dem 36-Jährigen gelingt es offenbar, seine Führungsqualitäten als Spieler auf die Bank zu übertragen. Briem ist es in kürzester Zeit gelungen, aus ehemaligen Gegnern eine homogene Einheit zu formen. HSG-Sprecher Raphael Schmid weigert sich zwar, vom möglichen Aufstieg zu reden, ist aber überzeugt: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Die Breite im Kader ist das größte Plus im Täle, das wird jetzt schon deutlich. Dass die HSG bisher vor allem in der zweiten Spielhälfte das Ruder an sich reißt, dass sich 161 Tore auf viele Schultern verteilen, ist ein Indiz dafür, dass sich das Beste aus zwei Vereinen zu einem Ganzen fügt. Getragen von einer Heimkulisse, die es in der Bezirksliga so kein zweites Mal gibt. Trotzdem gilt: So richtig begonnen hat die Saison noch nicht. Bis auf den hart erkämpften Auftaktsieg gegen das Eichenkreuz-Team aus Bernhausen gab es noch keinen echten Härtetest. „Wie die Mannschaft mit Rückschlägen umgehen wird, muss man erst noch sehen“, meint Raphael Schmid.

Wenig Erfahrung mit Niederlagen hat bisher auch Landesligist VfL Kirchheim. Den einzigen Punktverlust leistete sich eine wacker kämpfende Rumpfmannschaft am Ende einer langen Autobahnfahrt ins österreichische Feldkirch. Am Wochenende ist der VfL zu Gast in Bettringen. Ein Gegner, gegen den es noch nie Punkte, dafür zuletzt zwei Blaue Karten gab. Eine erste Standortbestimmung also, die Kirchheims Coach Engelbert Eisenbeil den gebotenen Respekt, aber keine Furcht einflößt. Seine Mannschaft hat gezeigt, dass sie in der Liga auch gravierende Ausfälle verschmerzen kann. Beim 39:28 vor zwei Wochen in Lauterstein hat sich mit Robin Habermeier der letzte Patient mit sechs Treffern zurückgemeldet. „Wenn wir komplett sind, müssen wir uns vor keinem Gegner fürchten“, sagt Eisenbeil, der in der Landesliga ein packendes Aufstiegsrennen erwartet. Sechs Mannschaften, knapp die Hälfte der Liga, liegen seiner Meinung nach auf Augenhöhe. Der VfL ist momentan Vierter, als eines von drei punktgleichen Teams, die nach vier Spielen noch immer ungeschlagen sind. Das würde am Ende zum Aufstieg reichen, weil die ersten vier aus drei Landesliga-Staffeln in die neue Verbandsliga aufrücken werden. Für Eisenbeil hat die Tabelle noch keine Aussagekraft. „Bisher gab es zu viele dubiose Ergebnisse“, sagt er. „In vier bis fünf Wochen, werden wir wissen, wohin die Reise geht.“

Ein klares Reiseziel vor Augen hat zwei Spielklassen tiefer Eisenbeils Trainerkollege Michael Rehkugler. Dass der TSV Weilheim in die Bezirksliga gehört, steht für ihn außer Frage. Dass es mit dem Wiederaufstieg nicht schon im vergangenen Jahr geklappt hat, lag an mangelnden Alternativen im Gehäuse. Die gibt es jetzt: Stammtorhüter Bernhard Illi ist nach einer Zwangspause zurück, Oliver Latzel kam im Sommer als Neuzugang vom VfL Kirchheim. Damit setzen die Weilheimer in der Bezirksklasse Maßstäbe, was die Qualität zwischen den Pfos­ten betrifft.

Rehkugler kann an entscheidender Stelle auf viel Erfahrung bauen. Mit Sebastian Martin zieht ein Mann mit Württembergliga-Erfahrung im Rückraum die Fäden, und am Kreis steht einer, der offenbar trifft, wo, wie und wann immer er will: Dominik Klett, Torschützenkönig der vergangenen Saison, hat nach sechs Spielen bereits unglaubliche 72 Treffer auf dem Konto. Das ist mehr als ein Drittel der Weilheimer Torausbeute insgesamt. Was soll da noch schiefgehen? Dank der Ligareform wird es auch in der Bezirksklasse im Frühjahr mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Direktaufsteiger geben. „Diesmal muss es klappen“, sagt Rehkugler. „Wenn nicht dieses Jahr, wann dann?“

Positionskampf im Aufstiegsrennen

Die HVW-Reform, die zu Beginn der kommenden Saison greifen soll, hat schon jetzt Auswirkungen auf den laufenden Spielbetrieb. Durch die Wiedereinführung der Verbandsliga mit zwei 14er-Staffeln, der Reduzierung der Württembergliga auf eine Spielklasse mit 14 Teams und der Neuordnung der Landesliga, die künftig aus vier statt drei Staffeln bestehen soll, kommt es in fast allen Ligen schon in diesem Jahr zu einem verschärften Auf- und Abstiegskampf.

In der Landesliga wirkt sich das besonders drastisch aus: vier bis maximal fünf Mannschaften steigen dort in die neue Verbandsliga auf. Gleichzeitig gibt es pro Staffel zwei Direktabsteiger in die Bezirksliga.

In der Bezirksliga steigen je nach Staffelstärke in der Landesliga bis zu zwei Teams direkt auf. Der Verbandsausschuss des HVW muss Anfang 2020 entscheiden, ob die Landesliga mit zehn oder zwölf Mannschaften pro Staffel an den Start gehen wird. Im Falle von Zwölfer-Staffeln hätten sogar fünf Drittplatzierte aus den acht Bezirken noch die Chance, über die letztmals ausgetragene Relegation in die Landesliga aufzusteigen.

In der Bezirksklasse wird es - Stand heute - zwei Direktaufsteiger geben.bk