Lokalsport
Als Solist auf verlorenem Posten

Radsport Jannik Steimle muss sich bei der DM in Stuttgart der Übermacht von Bora hansgrohe beugen. Am Ende springt dennoch ein starker siebter Platz nach langer Verletzungspause heraus. Von Bernd Köble

Die Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen, aber sie war nur von kurzer Dauer. Nach mörderischen 185 Kilometern entschied Jannik Steimle auf der Zielgerade unterm Fernsehturm den Verfolgersprint gegen den Erbacher Jonas Rutsch (EF Education) für sich und überquerte die Ziellinie als Siebter. Ein kurzes Kopfschütteln nur, danach ging der Lokalmatador bei den deutschen Straßenmeisterschaften in Stuttgart schnell zur nüchternen Analyse über. „Ich hatte heute ein größeres Ziel“, meinte Steimle enttäuscht. „Man muss aber auch die Kirche im Dorf lassen.“ Seit sechs Wochen erst sitzt er nach seinem schweren Sturz und langer Verletzungspause wieder auf dem Rad. Gestern war gegen die Übermacht von Bora hansgrohe, die neben dem neuen deutschen Meister Maximilian Schachmann drei weitere Fahrer unter die besten Zehn brachten, kein Kraut gewachsen. Bora teilte sich vom Start weg die Tempoarbeit an der Spitze. Erst war es Nils Politt, der das Feld mit wiederholten Tempoverschärfungen am Berg sprengte, danach übernahmen mit Schachmann und Emanuel Buchmann die beiden Leader im Team die Führung.

Steimle, der sich viel vorgenommen hatte und am Vortag auf einen Start beim Einzelzeitfahren verzichtete, rieb sich in der Verfolgerrolle auf. 70 Kilometer vor Ende sah es kurzzeitig so aus, als könnte der Weilheimer im Trikot von Deceuninck Quick Step zur Spitze aufschließen. An der Seite von Jonas Rutsch schrumpfte der Rückstand des Verfolgerduos auf unter 30 Sekunden. „Ich musste heute immer wieder Löcher zufahren und am Ende dann mit meinen Kräften haushalten“, meinte er. „Allein gegen zehn Bora-Fahrer war es unter diesen Bedingungen heute extrem schwer.“

Es war das erwartete Ausscheidungsrennen. Auf dem schweren Rundkurs kamen am Ende nur 48 von etwa 180 gestarteten Fahrern ins Ziel. Dabei hatte bis zur Mitte des Rennens das Wetter es gut gemeint mit den Fahrern. Bei bedecktem Himmel hatte das Feld vor allem mit der Schwüle zu kämpfen. Pünktlich zum Finale brannte die Sonne jedoch gnadenlos auf den schattenlosen Asphalt auf der Waldau, wo der Showdown auf den letzten drei Runden an Spannung kaum zu überbieten war. Maximilian Schachmann setzte am vorletzten Berg die entscheidende Attacke gegen den Überraschungszweiten Jonas Koch (Intermarche), der sich nun berechtigte Hoffnungen aufs Olympiaticket machen darf. Danach ging der zweifache Paris-Nizza-Sieger Schachmann als Solist auf die Schlussrunde und brachte einen Vorsprung von mehr als einer Minute ins Ziel. Starker Dritter wurde Kochs Teamkollege Georg Zimmermann.

Für eine Überraschung aus lokaler Sicht sorgte am Samstag der Weilheimer Laurens Huizinga (RSG Heilbronn), der im Einzelzeitfahren beim Sieg von Tony Martin Platz 25 belegte. Doppelsiegerin bei den Frauen wurde Lisa Brennauer.

Für Jannik Steimle geht es kommende Woche mit einem Höhentrainingslager in Livigno weiter. „Danach muss man sehen,“ sagt er. Der Rennplan für die zweite Saisonhälfte steht noch nicht fest. Eventuell steht auch in diesem Jahr wieder die Vuelta auf dem Programm.