Lokalsport
Bozic Knights: Zwischen herber Enttäuschung und großem Stolz

Basketball Nach dem verpassten Einzug ins Play-off-Halbfinale mühen sich Kirchheims Korbjäger am emotionalen Spagat. Von Peter Eidemüller

Gruppenfoto mit den treuesten Fans: Nach der Niederlage am Sonntag in Hagen posierten die Kirchheimer Spieler mit den mitgereisten „Knights Supporters“ vor der Ischelandhalle. Foto: pr

Chance vertan, Momentum nicht genutzt, Sack nicht zugemacht – nach dem verpassten Play-off-Halbfinale ringen die Verantwortlichen der Kirchheimer Zweitligabasketballer um die passende emotionale Reaktion. Dass dies vor dem Hintergrund einer zweifellos grandiosen Saison nicht einfach ist, liegt angesichts des dramatischen Verlaufs der Viertelfinalserie gegen Phoenix Hagen auf der Hand: Zwei Mal in Führung liegend, verpassten es die Knights, den „Feuervögeln“ vor heimischer Kulisse in den entscheidenden Momenten die Flügel zu stutzen.

Oder wie es Sportchef Chris Schmidt ausrückt: „Wenn du dich in so eine hervorragende Lage bringst und dann scheiterst, ist das extrem enttäuschend“, lenkt der 40-Jährige den Fokus vor allem auf das vierte Spiel am vergangenen Freitag, als die Ritter zu Hause beim Stande von 2:1 den Matchball zum Halbfinaleinzug vergaben. „Vielleicht waren sich die Spieler zu sicher, das Ding schon in der Tasche zu haben“, rätselt Schmidt, ohne dabei dem Trainerteam um Igor Perovic und Albin Mauz einen Vorwurf zu machen: „Die beiden haben die Mannschaft eindringlich gewarnt“, versichert der Sportchef.

Dass es nicht geholfen hat, lag nicht zuletzt am Gegner: Sowohl am Freitag als auch am Sonntag zeigten die Hagener sowohl offensiv als auch defensiv das bissigere Reboundverhalten, schnappten sich unter beiden Körben mehr als doppelt so oft den zweiten Ball als die Knights – dass den Kirchheimern angesichts ihrer kleineren Rotation die Kräfte ausgingen, wie von Hagens Kapitän Dennis Nawrocki vermutet („Die konnten am Ende nicht mehr“), will zumindest Chris Schmidt in Bezug auf das vierte Spiel so nicht gelten lassen. „Aus meiner Sicht war das ein Thema des Willens und der Kraft.“

Schlüsselspieler abgemeldet

Im entscheidenden Duell am Sonntag kam erschwerend hinzu, dass zwei Kirchheimer Erfolgsgaranten nahezu komplett abgemeldet waren: Michael Flowers und Michael Miller gelangen in Hagen zusammen gerade einmal 17 Punkte. Dass der unter der Saison eher glücklos agierende Aleksa Bulajic mit zehn Punkten sein wohl bestes Spiel bestritt, konnte den Ausfall des US-Topduos ebenso wenig kompensieren, wie die jeweils 13 Punkte von Nick Muszynski und Jonas Niedermanner. „Dass die Schlüsselspieler nicht wie gewohnt performed haben, ist bitter“, so Schmidt, „aber man darf nicht vergessen, dass die Jungs uns auch erst so weit gebracht hatten.“

In der Tat stellt der erste Play-off-Einzug einer Kirchheimer Mannschaft seit drei Jahren einen gemessen an der Standortgröße und den sich immer weiter verschärfenden Rahmenbedingungen einen Erfolg dar, der nicht selbstverständlich ist. „Die Saison war sensationell, aber die Play-offs enttäuschend. Da war viel mehr drin“, sagt Chris Schmidt, „aktuell überwiegt der Frust, aber in ein paar Wochen bestimmt der Stolz.

Bis dahin wird sich der Sportchef mit Igor Perovic, dessen Vertrag bereits vor Weihnachten bis 2026 verlängert worden war, zusammen setzen, um die neue Saison zu planen – mit welchem Personal, ist völlig offen. Dass die seit zwei Jahren größtenteils eingespielte Mannschaft auf vielen Positionen neue Gesichter bekommen wird, gilt als ausgemacht. „Wir sind in Gesprächen mit den Spielern, aber ich werde keine Wasserstandsmeldungen verkünden“, sagt Schmidt, der für die kommenden Tag noch ein Abschiedsessen mit der Mannschaft plant.

Andere haben hingegen schon „Good bye“ gesagt: Die Mitglieder des Fanclubs „Knights Supporters“, die das Team am Sonntag in Hagen anfeuerten, haben nach der Partie Erinnerungsfotos vor der Ischelandhalle geschossen – trotz des Aus‘ überwiegen bei allen strahlende Gesichter.

Nächste Saison gegen Tübingen und Crailsheim

Das Aus im Pokal für kommende Saison trübt die ansonsten positive Saisonbilanz in Kirchheim zusätzlich: Wie bereits berichtet, verpassen die Knights ein Erstrundenmatch gegen einen Erstligisten im September im BBL-Pokal, da Karlsruhe als Hauptrundensiebter ins Play-off-Halbfinale eingezogen ist. „Schade“, hatte Igor Perovic bereits nach der Pleite in Hagen am Sonntag kurz und knapp festgestellt.
Die Aussicht auf zwei Baden-Württemberg-Derbys in der kommenden Zweitligasaison könnte die Enttäuschung ein bißchen mildern: Mit den Tigers Tübingen und den Crailseim Merlins steigen gleich zwei „Nachbarn“ der Kirchheimer aus der BBL in die Pro A ab.
Theoretisch könnte mit der Orange Academy Ulm noch ein dritter schwäbischer Klub hinzukommen: Das Farmteam von ratiopharm Ulm steht im Play-off-Halbfinale der ProB, hat dort das erste Spiel gegen Köln am Samstag allerdings klar mit 85:115 verloren. Spiel zwei und drei steigen am Freitag und Sonntag. pet