Kirchheim. Uli Hoeneß ist dem Basketball nicht abgeneigt, das weiß man. Säße der Bayern-Macher derzeit nicht in Landsberg ein, man wäre wohl versucht gewesen, ihn am Sonntag statt in der Festung am Lech am Heidelberger Olympiastützpunkt zu verorten. Drunten auf der Spielerbank saß nicht Hoeneß, sondern Karl-Wilhelm Lenger. Dessen gefährlich funkelnden Äuglein samt hochrotem Kopf erinnerten jedenfalls gewaltig an den gestrauchelten Bayern-Boss, als der noch unter notorischem Beißzwang litt.
Nicht nur Lenger war am Sonntagabend auf Krawall gebürstet, doch keiner konnte es schlechter verbergen als der sportliche Leiter der Knights. Seine Frau habe sich ernstlich Sorgen um seinen Blutdruck gemacht, verriet er hinterher. Dem Emotionsschub vorausgegangen war eine Szene, die den Schlusssekunden der beiden zurückliegenden Spiele in puncto Tragik bedenklich ähnelte. 16 Sekunden hätten die Knights bei eigenem Ballbesitz über die Zeit retten müssen, und alles wäre gut gewesen. Klingt simpel, ist es aber nicht. Denn nach Bryan Smithson und Ben Beran war es diesmal Jordan Wild, der den Ball vertändelte und dem Gegner den letzten Wurf und damit die Verlängerung ermöglichte. Selbst das Ende des Dramas passte zum Titel „Unglaublich aber wahr.“ Nicht Heidelbergs Dreier-Waffe Nico Adamczak verwandelte den alles entscheidenden Distanzwurf fünf Sekunden vor Schluss, sondern Kelvin Martin. Dass der zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison von draußen traf und wie Knights-Coach Michael Mai hinterher ätzte, vermutlich auch zum letzten Mal, macht die Sache nicht besser.
„Wir leisten uns in den letzten 15 Sekunden regelmäßig Aktionen, die uns killen“, stellt Mai ernüchtert fest. „Es gab überhaupt keinen Grund, dieses Spiel noch aus der Hand zu geben.“ Dabei hatten er und seine Mannschaft genau daran in der Woche zuvor intensiv gearbeitet. Lenger genügt dafür ein einziges Wort: Dummheit. Dem Sportchef gelingt es immerhin, in allen drei Akten des Dramas Unterschiede herauszuarbeiten: „In Chemnitz sind uns eine ganze Reihe haarsträubender Fehler unterlaufen“, meint er. „Gegen Hamburg und Heidelberg haben wir gut gespielt und uns am Ende um den verdienten Lohn gebracht.“
Die Frage wird sein, welche Spuren dies alles in den Köpfen der Spieler hinterlassen hat. Lenger glaubt, schon in Heidelberg den Ansatz von Nervosität erkannt zu haben, die Angst vor der eigenen Courage. Was also tun? „Die Mannschaft braucht jetzt keinen zusätzlichen Druck. Jeder weiß, was zu tun ist,“ sagt der Coach. Wer wollte, konnte dennoch vernehmen, dass es am Sonntag in der Kabine laut geworden ist. Dass nun ausgerechnet am Samstag gegen Gießen die Wende gelingen wird, ist Lengers große Hoffnung: „Da sind wir wie schon gegen Nürnberg klarer Außenseiter,“ sagt er. „Vielleicht liegt uns diese Rolle ja mehr.“