Lokalsport
Deizisauer setzen Europas Elite schachmatt

Schnellschach Dem Außenseiter aus dem Neckartal gelingt im Europacup-Finale der Sensationscoup.

Deizisau. Die Experten waren baff. Die einen sprachen von einer Riesensensation, die anderen von einem Jahrhundertereignis. Die Schachspieler aus der 7000-Seelen-Gemeinde Deizisau haben völlig unerwartet den Europapokal an den Brettern mit den 64 Feldern gewonnen, die für Denksportler die Welt bedeuten. Selbst Teamchef Sven Noppes rang nach Worten. „Ein Finalsieg gegen die stärksten Vereinsmannschaften in Europa. Einfach unfassbar!“

Der stärker eingeschätzte Bundesliga-Abonnementsmeister OSG Baden-Baden, bei dem der gebürtige Esslinger ebenfalls die Chefrolle inne hat, blieb schon in der Zwischenrunde auf der Strecke. Als zweiter deutscher Finalist landete der Hamburger SK bei der Premiere des „1. European Online Chess Club Cup“ auf dem sechsten Platz.

91 Mannschaften mit über 500 Spielern bewarben sich im Schnellschach um den silbernen Henkelpott. In neun Zehnergruppen - Monaco hatte Freilos - spielte jeder gegen jeden. Die beiden Gruppenersten qualifizierten sich für die Runde der letzten 18. Es folgten drei Sechsergruppen mit jeweils drei Aufsteigern. Die sechs Schachfreunde aus Deizisau nahmen beide Hürden und zogen ins Finale der besten Zehn. Sechs Siege und zwei Unentschieden ergaben 14 Punkte für die Gesamtwertung und damit den Sensationssieg vor Clichy Echecs (Frank- reich) mit 13 und Mednyi Vsanik (Russland) mit 11.

Wegen der Corona-Pandemie wurde online von zu Hause gespielt, von Kameras verfolgt, um Betrugsmöglichkeiten auszuschalten. Alle Partien wurden live im Internet übertragen. Noppes: „Wir hatten weltweit Zuschauer im sechsstelligen Bereich, vielleicht sogar noch mehr.“

Großmeister mit 16 Jahren

Der 16-jährige Vincent Keymer trägt seit 2020 den Titel eines Schach-Großmeisters, ist damit der jüngste, den es je gab. Schon mit fünf Jahren saß er am Brett. Seit fast vier Jahren spielt er für die Schachfreunde Deizisau in der Bundesliga. Ex-Weltmeister Garry Kasparow traut dem „Wunderkind“ den Sprung an die Welt- spitze zu. Im Europacup schöpfte Keymer im Finale mit 5,5 Punkten aus sieben Partien sein ganzes Potenzial aus.Klaus Schlütter