Lokalsport

Den Fuß in der Tür

Mountainbike Lange galt sie als großes Talent, das sich erst noch behaupten muss. Mit U19-Bronze bei der DM hat die 16-jährige Kira Böhm unterstrichen, dass mit ihr in Zukunft zu rechnen sein wird. Von Bernd Köble

Glücklich über Platz drei: Mountainbikerin Kira Böhm hat sich bei den deutschen Titelkämpfen in Wombach für einen Platz im EM-Ka
Glücklich über Platz drei: Mountainbikerin Kira Böhm hat sich bei den deutschen Titelkämpfen in Wombach für einen Platz im EM-Kader beworben. Fotos: Fuchs/Küstenbrück

Manuel Fumic hatte an dem Tag vermutlich jeder auf der Rechnung. Doch statt des 35-jährigen Serienmeisters aus Kirchheim war es am Ende ein Weilheimer Teenager, der bei den deutschen Mountainbike-Meisterschaften am vergangenen Wochenende im fränkischen Wombach die einzige Medaille in die Teckregion holte. Bronze in der U 19 für die erst 16-jährige Kira Böhm kam für viele überraschend und doch wieder nicht. Dass mit ihr zu rechnen sein würde, hatte sich schon in den Wochen zuvor abgezeichnet. Nach einigen Rückschlägen im Frühjahr ist sie als eine der Jüngsten im Premierenjahr bei den Juniorinnen immer besser mit den höheren Anforderungen und der längeren Renndistanz zurechtgekommen. Ihr erster Bundesligasieg an Pfingsten in Gedern hat schließlich die letzten Zweifel ausgeräumt.

Zweifel, die sie selbst nie hatte. „Ich bin übers Jahr immer stärker geworden“, sagt die 16-Jährige, die auf bemerkenswerte Art Bescheidenheit und Selbstbewusstsein in Einklang bringt. Sie ist eine, die Momente, wie am Sonntag, lieber im Stillen genießt. Wie es sich anfühlt, wenn einem die Massen zujubeln und bei der Siegerehrung zum ersten Mal die Nationalhymne ertönt? „Echt krass,“ meint sie und lächelt. „Dass ich jetzt wirklich oben mit dabei bin, habe ich erst abends im Bett kapiert.“

Oben dabei - das bedeutet, Teil eines Trios zu sein, das am Sonntag in Wombach gemeinsam auf dem Podium stand. Titelträgerin Luisa Daubermann (Gessertshausen) und die ein Jahr ältere Silbermedaillengewinnerin Emma Eydt (Merchweiler) sind gemeinsam mit der Weilheimerin zurzeit das Maß der Dinge. Oben dabei, das heißt aber auch: Es winkt das Ticket zur Europameisterschaft, die Ende Juli im tschechischen Brünn stattfindet. Die Norm für EM und WM hat Kira Böhm seit Sonntag in der Tasche. Die Welt-Titelkämpfe sind wortwörtlich weit weg, das weiß sie. Schon deshalb, weil im August das kanadische Mont Sainte Anne als Austragungsort im Kalender steht, was bedeutet: Der Verband wird auch aufs Geld schauen müssen. Die EM dagegen ist ein realistisches Ziel. Bereits morgen bietet sich beim Swiss Bike Cup in Andermatt die Chance, sich bei Nachwuchs-Bundestrainer Mark Schäfer endgültig für einen Platz im Kader zu empfehlen. Mit den besten 15 Fahrerinnen ins Ziel zu kommen, ist ihr Anspruch und der ist in diesem Fall hoch gesteckt, denn in den Schweizer Alpen steht morgen zur Mittagszeit das Beste am Start, was der Mountainbike-Nachwuchs in Europa momentan zu bieten hat.

Abends nähen mit der Oma

Draußen hat das Thermometer inzwischen längst die 35-Grad-Marke geknackt. Kaum Abkühlung in diesem Juni, der alle Rekorde bricht. Am Training führt dennoch kein Weg vorbei. Ob Bruthitze, Regen oder Frost, äußere Bedingungen machen im Mountainbikesport zwangsläufig zu seinem Freund, wer Erfolg haben will. Dahinter steckt harte Arbeit. Schule, Hausaufgaben, Training - sechs Tage die Woche. Mal mit dem Papa, der gleichzeitig ihr Trainer ist, mal mit der jüngeren Schwester, die ihr als U15-Talent nacheifert oder mit der Mama, die im Weltcup unterwegs war, als der Sport in den Achtzigern noch in den Kinderschuhen steckte. Die Welt der dick bereiften Räder bestimmt im Haus der Böhms in Weilheim vieles, aber längst nicht alles. Wenn im Winter mit den Tagen auch die Trainingspläne kürzer werden, bleibt Zeit für kreative Hobbys. Dann wird gezeichnet oder genäht, am liebsten gemeinsam mit der Oma. „Das sind die Abende“, sagt die Waldorfschülerin, „die ich genieße, weil ich da zur Ruhe komme.“

Dass sie auch während der Saison an trainingsfreien Tagen auf Trab bleibt, dafür sorgt ein halbes Dutzend Freundinnen. Eine eingeschworene Clique für die kleinen Fluchten, die wie eine Wand am Streckenrand steht, wann immer ein Rennen in der Nähe stattfindet. Im August heißt es vorübergehend Abschied nehmen. Eine englischsprachige Schule und die Hügel im südafrikanischen Stellenbosch werden dann bis Februar zu Kiras Ersatzheimat. An der Sprache feilen, neue Menschen kennenlernen und natürlich Mountainbiken. Das Mädchen aus der Gastfamilie ist gleichzeitig Mitschülerin und Trainingspartnerin. Ein verlängerter Sommer, neue Erfahrungen und vor allem: ein halbes Jahr ohne Eltern: „Das wird sicher hart“, sagt sie, „aber ich glaube, es tut mir gut.“

Hat nach DM-Bronze Anfang Juli schon wieder Grund zum Strahlen: Kira Böhm fährt zur EM. Foto: Küstenbrück
Hat nach DM-Bronze Anfang Juli schon wieder Grund zum Strahlen: Kira Böhm fährt zur EM. Foto: Küstenbrück