Lokalsport

Den Vorhang zu und alle Fragen offen

Basketball Die Knights wollten Punkte und ernten Mitleid. Auf die Farce am Freitag gegen Nürnberg folgt das klassische Drama mit tragischen Helden. Von Bernd Köble

17 Punkte, acht Assists und acht Rebounds: Seth Hinrichs bot am Sonntag alle seine Künste auf - und ging trotzdem als Verlierer
17 Punkte, acht Assists und acht Rebounds: Seth Hinrichs bot am Sonntag alle seine Künste auf - und ging trotzdem als Verlierer vom Parkett.Foto: Tanja Spindler

Plötzlich steht die Welt kopf und aus Helden werden Trottel. So jedenfalls muss sich ein Großteil der Akteure in gelben Trikots gefühlt haben, als der Vorhang fiel und der Spuk am Sonntagabend vorbei war. 92:93 stand in gelben Ziffern auf der Anzeigetafel. Dabei war die Absolution nach dem Sündenfall am Freitag schon so gut wie erteilt. 40 Sekunden, mehr galt es nicht zu überstehen. Im Basketball eine halbe Ewigkeit. Wie oft schon hatten sie in dieser Saison als sicherer Verlierer ausgesehen und das Ding am Ende noch gedreht. Diesmal war es umgekehrt. Am Ende eines mitreißenden Spiels jubelten diesmal die Falschen. Am Ende eines Spiels, das Erinnerungen weckte an die Heimpartie im Vorjahr gegen Köln. Die wäre um ein Haar abgeblasen worden, nachdem Krankheit und Verletzungen auf der Bank nur noch Betreuer zurück gelassen hatten. Ein Häuflein Unentwegter nahm den Kampf auf und sorgte für eine Sternstunde in Sachen Opferbereitschaft und Siegeswille.

Am Sonntag gegen Essen waren die Rollen ähnlich verteilt. Acht Mann hatte Coach Michael Mai auf dem Zettel. Nach vier Minuten waren es noch sieben. Darunter zwei, die eigentlich drei Klassen tiefer ihrem Hauptjob nachgehen. Für Shkelzen Bekteshi, Kapitän der Regionalliga-Mannschaft und seit vielen Jahren treuer Lückenfüller im Kader der Knights, war es ein Abend mit besonderer Tragik. Der 26-Jährige rackerte wie kein Zweiter, verdiente sich mehrfach Szenenapplaus und schlich mit neun Punkten und fünf Rebounds im Gepäck am Ende trotzdem wie geprügelter Hund vom Parkett.

Applaus von den Rängen

Immerhin: Die Halle zeigte sich noch im Schockzustand gnädig. Kirchheims Fans brachten ihrer Mannschaft den Respekt entgegen, den sie nach der Reaktion auf den katastrophalen Abend am Freitag verdient hatte. Und Coach Michael Mai ließ danach den bemerkenswerten Satz fallen: „Ich bin stolz auf meine Mannschaft.“ Sein Gegenüber Igor Krizanovic hat in den vergangenen Wochen mehr erlebt als der nervlichen Gesundheit eines Trainers zuträglich wäre. Der 43-Jährige Kroate erweckte lange nach Spielende den Eindruck, als habe er noch immer wenige Sekunden auf der inneren Uhr. Nach fünf teils haarsträubenden Niederlagen in Serie war Essens Coach für die Siegerpose wohl zu geschafft: „Für den Moment können wir vorsichtig glücklich sein,“ lautete sein Fazit.

Und nun? Statt eines komfortablen Vorsprungs starten die Knights nun also mit dünnem Polster ins Spiel am Samstag gegen Chemnitz. Ein Polster, das eigentlich gar keines ist. Der direkte Verfolger hat ein Spiel weniger auf dem Konto und kann am 22. März im Nachholspiel in Nürnberg noch nachlegen. In den kommenden Wochen geht es Schlag auf Schlag: Sechs Spiele, davon viermal gegen direkte Play-off-Konkurrenten plus das Heimspiel gegen den Tabellenführer. Einfache Aufgaben warten keine mehr auf die Kirchheimer. Nach den Erfahrungen am Wochenende könnte man sagen: zum Glück.