Lokalsport

Der VfL vor dem Spiel des Jahres

Das Endspiel um den Klassenerhalt in der Bezirksliga hat für die Blauen historische Dimension

Der VfL Kirchheim in der Kreisliga – eine Horrorvision. Für den Renommierverein von der Teck, lange Jahre Stammgast in höheren Fußballregionen bis hinauf in die Regionalliga, wäre das der absolute Tiefpunkt in 69 Spielzeiten seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Um diesen Supergau zu verhindern, muss am Sonntag (15 Uhr) in Weilheim im „Spiel des Jahres“ gegen den VfB Oberesslingen/Zell ein Sieg her.

Auf höhere Mächte setzen die VfL-Verantwortlichen vor dem Schicksalsspiel am Sonntag nicht, auch wenn es hier den Anschein hat.
Auf höhere Mächte setzen die VfL-Verantwortlichen vor dem Schicksalsspiel am Sonntag nicht, auch wenn es hier den Anschein hat. Schon eher vertraut der VfL auf die eigene Stärke.Foto: Genio Silviani

Kirchheim. „Im Winter war der VfL schon so gut wie abgestiegen“, sagt Spielertrainer Markus Schweizer, bis er Anfang 2015 zusammen mit seinem Bruder Michael vom TSV Weilheim kam. „Wir haben uns mit einer tollen Rückrunde die Chance erkämpft, die Klasse zu erhalten. Die wollen wir jetzt auch nutzen. Der VfL in der Kreisliga ist keine Nachricht, die man gerne liest.“

Gegner im Lindachstadion ist der VfB Oberesslingen/Zell. Der Vizemeister der Kreisliga 1 hinter dem TSV Denkendorf und Absteiger des Vorjahres qualifizierte sich in den beiden ersten Relegationsspielen gegen den TSV Jesingen (3:2) und den FC Heiningen II (3:0) für dieses Finale. Die Mannschaft – eine bunte Multi-Kulti-Truppe, in der gegen Kirchheim nur noch ein Deutscher auflaufen wird. Die anderen Spieler haben durchweg Migrationshintergrund, stammen aus aller Herren Länder: Griechen, Türken, Serben, Kroaten, Afrikaner. „Für uns zählen sie nicht als Ausländer. Sie sind hier aufgewachsen und haben bei uns alle schon in der Jugend gespielt“, betont Spielleiter Robert Töpfer.

Schweizer und VfL-Abteilungsleiter Oliver Klingler haben den Gegner zweimal begutachtet. Ihr Eindruck: eine Mannschaft mit der typischen Südländer-Mentalität. Stark am Ball mit einer Vorliebe für die Offensive. Geschossen wird aus allen Lagen. Aber auch Schwächen in der Defensive. „Im Tor haben sie ein Problem“, sagt Klingler. VfB-Trainer Avdo Smajic muss auf seine Nummer eins, Dominic Eitel, wegen einer Gehirnerschütterung verzichten.

Duplizität der Ereignisse: Auch beim VfL fällt der Torwart aus. Sven Rathgeb hat die Hand in der Autotür eingeklemmt und sich dabei den Daumen gebrochen. Der Co-Trainer wollte eigentlich seine aktive Laufbahn mit dem Spiel in Weilheim beenden. Er muss sich nun damit trösten, dass sein letztes Spiel gegen Wäldenbronn „zu null“ in die persönlichen Annalen einging. Ersetzt wird er entweder durch Alex Schweiger aus der U 19 oder durch Cetin Arslan, der Nummer zwei im Tor.

Seit dem letzten Ligaspiel sind zwölf Tage vergangen. „Mir war es wichtig, im Rhythmus zu bleiben“, sagt der Trainer. Deshalb wurde nicht nur dreimal die Woche trainiert, der VfL hat am vergangenen Samstag auch noch ein (geheimes) Testspiel gegen den FC Frickenhausen eingeschoben. Schweizer: „Wir haben es bewusst nicht an die große Glocke gehängt. Wir wollten nicht, dass Kiebitze des Relegations-Gegners zuschauen.“ Die Partie gegen die klassenhöheren Leidensgenossen, die gegen Hofherrnweiler ebenfalls noch gegen den Abstieg kämpfen, endete mit einem 2:3.

Der VfL geht am Sonntag mit breiter Brust und der Gewissheit, sportlich wieder einigermaßen auf der Höhe zu sein, in das Spiel gegen Oberesslingen/Zell. Gerechnet wird mit bis zu 1 000 Zuschauern. Der große Platz dürfte den Blauen entgegenkommen. „Wir sind laufstark“, versichert Klingler. Nach dem Duschen geht‘s nach Kirchheim, wo Sponsoren die Mannschaft zu einer Saison-Abschlussfeier eingeladen haben. Der Programmpunkt „Wunden lecken“ ist dabei nicht vorgesehen. Unabhängig vom endgültigen Ausgang des Unternehmens Klassenerhalt belohnen sich die Spieler für die gelungene Aufholjagd (24 Punkte und Platz fünf in der Rückrunde) mit einer Reise nach Rimini an der italienischen Mittelmeerküste. Die einwöchige Reise ist bereits fest gebucht.

Parallel dazu bereitet die vierköpfige Führungscrew des Vereins bereits die nächste Saison vor. „Wir planen eine reine Bezirksliga-Truppe“, sagt Klingler. Acht bis neun neue Spieler sollen kommen, zwei stehen namentlich fest: Kai Hörsting vom TSV Weilheim und Gabriele Rizzo von der TG Kirchheim. Klingler: „Wir sind uns mit einigen anderen Spielern einig, müssen aber noch mit deren Vereinen sprechen, bevor wir die Namen nennen können.“ Aus der eigenen A-Jugend werden zwei Spieler den Kader verstärken, der künftig rund 20 Mann umfassen soll. Ausscheiden aus der Kerntruppe wird neben Sven Rathgeb auch Patrick Siegert, der sich dem FV 09 Nürtingen anschließt.

VfL Kirchheim: Schweiger – Michael Schweizer, Markus Schweizer, Köber, Kreck – Siegert, Beck, Capano, Incorvaia – Ruoff, Singh (Arslan, Beller, Deuschle, Guillard, Herrmann, Sakic, Renn, Wagner)