Eigentum verpflichtet. In Zeiten der Energiekrise bekommt diese Phrase eine besondere Brisanz. Nicht nur für Privathaushalte oder die öffentliche Hand, sondern auch für Vereine. Wer als gemeinnützige Vereinigung eigene Hallen, Fitnessräume, Umkleiden, ein Schwimmbad oder gar Eisflächen besitzt, den trifft die Kostensteigerung bei Gas und Strom mit voller Wucht. „Im Moment bin ich noch einigermaßen entspannt. Wir haben immerhin keine Versiebenfachung unserer Abschläge, wie das andernorts der Fall ist“, sagt Moritz Hönig, Geschäftsführer des VfL Kirchheim und Sportlicher Leiter des VfL-Sportvereinszentrums (SVZ) an der Jesinger Allee. Allerdings schneite auf 1. Dezember bereits die dritte Gaspreiserhöhung ins Haus, und zum 1. Oktober war auch der Strom noch mal teurer geworden. „Wir versuchen natürlich schon seit geraumer Zeit, im SVZ an allen Ecken und Enden zu sparen“, erklärt der 36-Jährige. So wurde die Lüftung optimiert, die Sauna wird nur noch nach Bedarf angeschaltet, um Leerlauf zu vermeiden, und an den Duschen hängt ein Hinweis an die Mitglieder, möglichst sparsam mit dem Wasser umzugehen. Auf warmes Duschen nach dem Training muss aber niemand verzichten. „Das geht gar nicht wegen Legionellen. Und wir wollen das warme Wasser auch nicht abstellen“, betont Hönig. Geheizt wird im Moment aufgrund der gemäßigten Witterung noch nicht, aber wenn, dann „wird es tendenziell einen Tick kühler bleiben als sonst“, sagt der VfL-Geschäftsführer, der mit gemischten Gefühlen auf die Diskussion schaut, die sich um die warmen oder kalten Duschen in den städtischen Einrichtungen entwickelt hat (wir berichteten). „Es gibt in den Abteilungen unterschiedliche Meinungen in Sachen Temperatur. Gerade beim Kinder- und Schulsport ist das ein empfindliches Thema. Klar ist aber, dass wir alle den Energiegürtel enger schnallen müssen“, erklärt der VfL-Geschäftsführer, und fügt hinzu: „Im Moment bin ich einfach froh, dass keine Halle ganz geschlossen ist. Das wäre weitaus dramatischer.“
Beim TSV Ötlingen, der wie der SV Nabern auch über eigene Umkleiden und Sanitäranlagen am Sportgelände verfügt, gab es wegen der eingeführten Sparmaßnahmen direkt Ärger. „Wir haben vier Umkleiden und vier Duschen. Jeweils zwei hängen an einem Heizungsstrang. Um Energie zu sparen, haben wir die eine Hälfte geschlossen. Die andere wird beheizt. Und da unsere verpachtete Gaststätte mit dranhängt, bleibt das Wasser warm“, erklärt Helga Spieth, die im Vorstand für die Finanzen zuständig ist. Nach dem ersten Fußballspiel habe es dennoch Theater gegeben – wegen Platzmangel in den Umkleiden. „Es ist nicht leicht, den Mitgliedern zu vermitteln, dass wir sparen müssen. Aber fürs Öl haben wir jetzt das Dreifache im Vergleich zum letzten Mal bezahlt, und der Strom ist um 30 Prozent teurer geworden.“
Was die Maßnahmen bringen, kann erst mal nur geschätzt werden. Moritz Hönig geht fürs SVZ etwa von 15 bis 20 Prozent Einsparung aus. Weiteres Potenzial ist vorhanden, denn die Verhandlungen für eine Photovoltaik-Anlage auf dem Flachdach des Sportvereinszentrums befinden sich momentan in der heißen Phase. „Da können wir deutlich mehr Strom produzieren, als wir selbst verbrauchen“, sagt Moritz Hönig.
Tariferhöhung fair gestalten
All das macht die Kostensteigerungen allerdings nicht wett, weshalb die Mitglieder dieser Tage über eine Anpassung der Tarife informiert werden. „Es geht vor allem um die Verträge mit Saunanutzung. Uns ist wichtig, dass wir das für alle fair gestalten.“
Wie dramatisch die Situation für einige Vereine ist, zeigt ein Offener Brief, den Harald Link, Vereinsmanager der SV Böblingen und Vizepräsident des Schwäbischen Turnerbundes, jüngst an die drei Sportbunde in Baden-Württemberg gesendet hat. Dieser wurde von 572 baden-württembergischen Sportvereinen gezeichnet. Am Ende des Schreibens erinnert er daran, wie die kurzfristigen Folgen der Corona-Pandemie durch Zusammenhalt und Solidarität gemeistert wurden. Doch nun sei noch viel mehr davon nötig, denn: „In unseren Sportvereinen wächst die Angst, dass wir dieses Mal nicht nur mit einem blauen Augen davon kommen.“ Deshalb müssten die Verantwortlichen in den Sportbunden die Politik im Land, im Bund und in Europa darin bestärken, mit geeigneten Maßnahmen Energie in absehbarer Zeit für alle wieder bezahlbar zu machen. Der zwei Seiten lange Brief endet mit den Worten: „ ‚You’ll never walk alone‘ muss auch für den organisierten Sport gelten.“
Die Stadt Kirchheim kämpft mit der Technik
Einschränkungen: Die Stadt Kirchheim ist ebenfalls seit geraumer Zeit damit beschäftigt, alle möglichen Einsparpotenziale auszunutzen. Mit diesen würden „bewusst auch vertretbare Einschränkungen gegenüber dem Normallfall hingenommen“, wie Pressesprecher Robert Berndt auf Anfrage mitteilt. In den Kirchheimer Schulsporthallen sei die Temperatur auf 17 Grad gesenkt worden. Eine DIN-Norm für den Sport- und Mehrzweckhallenbau empfiehlt angesichts der ständigen Bewegung beim Sport eine Temperatur von 17 bis 19 Grad, das Kultusministerium 19 Grad. Die Warmwasserbereitung in öffentlichen Gebäuden sei bereits in den Sommerferien abgeschaltet worden, mit Ausnahme von Mensen und Cafeterias an Schulen. Dort sprechen die hygienischen Voraussetzungen dagegen.
Schwierigkeiten: Die geplante Abschaltung des warmen Wassers in den Sporthallen ist bislang allerdings noch nicht sehr weit fortgeschritten, was vor allem technische Gründe hat. Ohne warmes Wasser ist bislang lediglich die Walter-Jacob-Halle am Schlossgymnasium. Sowohl bei der Konrad-Widerholt-Halle als auch bei der Sporthalle Lehenäcker in Jesingen, der Freihof-Turnhalle, der Eduard-Mörike-Sporthalle in Ötlingen und der Gießnauhalle in Nabern müssen entweder zusätzliche Möglichkeiten zur Warmwasserbereitung installiert oder noch die nötigen Änderungen an der Heizungseinstellung vorgenommen werden. Einen Sonderfall stellt die Sporthalle Stadtmitte dar (wir berichteten), die als Trainings- und Spielstätte der Kirchheims Knights dient. Da diese Profisportler sind, wird die Halle als Arbeitsplatz betrachtet, weshalb hier besondere Richtlinien gelten. sl