Stolze 922 Jahre musste die 3700-Seelen-Gemeinde Notzingen alt werden, um auf ihrer Gemarkung das allererste Radrennen ihrer Geschichte zu erleben. Und was für eins - die Schlussetappe des Heuer-Cups am Samstag bot einen mitreißenden Wettbewerb von Halbprofis und Elite-Amateuren mit Herzschlagfinale. Auf hammerharten 70 Kilometern mit einer Rampe von 13 Prozent, die 14 Mal zu bewältigen war, gewann Junior Johannes Adamietz (21) vom SSV Ulm mit dem hauchdünnen Vorsprung von sieben Zentimetern vor Jonas Tenbruck (26) vom Team Belle Stahlbau, das die Teamwertung gewann.
Zwei Runden vor Schluss hatten sich die beiden Spitzenfahrer 37 Sekunden vom übrigen 50-Mann-Feld abgesetzt. Dazu als Dritter im Bunde der dreimalige deutsche Juniorenmeister Johannes Herrmann aus dem Allgäu, wegen seiner imposanten Statur auch „Arnold Schwarzenegger“ des Radsports genannt.
Auf den letzten 4,9 Kilometern über den Ortsteil Wellingen bis kurz vor Schlierbach und zurück über den zweiten schweren Anstieg am Grillplatz Hohenstaufenblick in den Ortskern gab Adamietz mächtig Gas. „Ich wusste, im Sprint hätte ich gegen Jonas keine Chance gehabt“, sagte er und fuhr einen kleinen Vorsprung heraus. Herrmann kam da nicht mehr mit und musste abreißen lassen.
Aber Tenbruck, gebürtiger Tübinger und Student an der Uni Stuttgart, gab sich noch nicht geschlagen. In der Endphase startete er eine tolle, aber letztlich erfolglose Aufholjagd. „Zehn Meter weiter und ich hätte gewonnen“, bedauerte der Sieger der Heuer-Cup-Gesamtwertung 2018. Adamietz, Deutscher Bergmeister 2019 der Junioren und Dritter im Bundesliga-Finale, nickte, weil er wusste: „Ich bin mit einem blauen Auge davongekommen.“
Mehr als 120 Helfer sind gefordert
So aufregend wie das Hauptrennen waren auch manche Begleitumstände für die Organisatoren und die mehr als 120 Helfer. So war die im Ort einzig verfügbare Straßenkehrmaschine defekt. Noch am Samstagmorgen war ein Dutzend Heinzelmännchen ausgerückt, um mit Handkehrgerät, Besen und Schaufel teilweise stark verschmutzte Feldwege zu reinigen.
Ein weiteres Handicap: Während der Veranstaltung fanden im Ortskern zwei Hochzeiten mit jeweils 80 bis 100 Gästen statt. Dazu die rund 300 Fahrer in 15 verschiedenen Altersklassen plus 500 Zuschauer. Das führte zu einem Parkstau. „Aber die Feuerwehr hat die Herausforderung mit Bravour gelöst“, würdigte Veranstalter Joachim Heuer die ehrenamtliche Hilfe.
Der Unternehmer aus Wernau zog ein überaus positives Fazit der Veranstaltung: „Alles hat wunderbar geklappt. Meine Erwartungen wurden übertroffen. Ich bin überwältigt und stehe jetzt aufrecht im Bett.“
So viel Lob, in das auch der sportliche Bürgermeister Sven Haumacher (Seniorenmeister im Diskus- und Hammerwerfen) einstimmte, giert nach einer Fortsetzung der Rennserie an Ort und Stelle. Was im nächsten Jahr allerdings schon mit einem Fragezeichen versehen ist. „Da wird die Kreisstraße saniert. Das könnte dann zeitlich eng werden“, meint Haumacher.