Es hätte wahrlich schlimmer kommen können. Zwei von vier möglichen Punkten geholt, zwei Halbzeiten und eine Verlängerung gewonnen – gegen die Übermannschaft dieser Saison ist das eine durchaus passable Bilanz. Ganz nebenbei hat Kirchheims Topwerfer Michael Flowers die Gelegenheit genutzt, um sich mit 57 Zählern aus zwei Duellen mit dem Tabellenführer aus Vechta auf Platz drei im Liga-Ranking zu katapultieren. 35 Flowers-Punkte am Samstag waren nur drei weniger als seine bisherige Saisonbestmarke im Spiel gegen Paderborn.
Dass die Knights im ausverkauften Rasta-Dome für die nächste Überraschung gegen die Niedersachsen sorgen würden, hatte tatsächlich niemand ernsthaft erwartet. Dafür trat die Mannschaft von Headcoach Ty Harrelson nach dem Ausrutscher in Kirchheim viel zu souverän auf. Dann allerdings lag am Samstag beim 30:49 zur Halbzeit plötzlich ein Debakel in der Luft. Dass es nicht soweit kam, lag auch daran, dass die Kirchheimer in der zweiten Hälfte einen echten Spielmacher in ihren Reihen hatten. Bis zum Gang in die Kabine war Richie Williams an diesem Abend fast alles schuldig geblieben: Null Punkte, null Korbvorlagen, dazu Ballverluste, Fehlwürfe und zwei frühe Fouls bereits nach fünf Minuten. Der erfahrene Point Guard erwischte eine rabenschwarze erste Hälfte, ehe er sich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel zog.
Ungewohnt häufig kämpft der 35-Jährige in dieser Saison mit Startproblemen. Wohl mit ein Grund, weshalb die Ritter auffallend oft Rückständen hinterherrennen müssen. In 19 Spielen entschied die Mannschaft erst dreimal das erste Viertel für sich. Am Samstag lag das freilich auch an der stärksten Offensive der Liga und einem Mann wie Joschka Ferner, der vier seiner sechs Dreier in den ersten zehn Minuten versenkte. „Dass wir zu Beginn häufig in Rückstand liegen, ist natürlich ein Problem,“ räumt Headcoach Igor Perovic ein. Wie schwer die Hypothek am Ende wiegt, hängt zudem davon ab, wie schnell die Amerikaner im Team eine Antwort finden. Das Kirchheimer Offensivspiel lag auch am Samstag fast ausschließlich in den Händen von Flowers, Williams und Nash. Die sechs Deutschen, die in Vechta zum Einsatz kamen, teilten sich bis Spielende ganze elf Punkte.
Gute Noten bei wenig Gelegenheit, sich zu beweisen, verdiente sich Neuzugang Nicholas Muszynski. „Ich mag ihn. Er spielt intelligent, ist clever und hat eine gute Reichweite,“ sagt Perovic über den 2,10-Meter-Mann, der nach drei Trainingseinheiten in 16 Minuten Spielzeit vier Punkte und zwei Rebounds beisteuerte. Der Amerikaner bringt Größe, aber auch einen Temponachteil mit, was die Defensive vor neue Herausforderungen stellt. Dafür Lösungen zu finden, ist eine von vielen Aufgaben bis zum Samstag, wenn Jena in der Sporthalle Stadtmitte aufkreuzt.
Ob das letzte Wort in Sachen Personal nun gesprochen ist oder nicht, darüber schweigt sich die Teamleitung zur Stunde aus. Verstärkungen nur im Tausch – ob diese Devise weiterhin gilt, ob gar noch einmal nachverpflichtet wird? „Ich werde mich zu diesem Thema nicht mehr äußern,“ wehrt Sportchef Chris Schmidt ab. „Nicht vor dem 15. Februar.“ An diesem Tag schließt das Transferfenster. Allerdings sagt Schmidt auch: „Ausschließen will ich im Moment gar nichts.“ Akuter Handlungszwang besteht aus Sicht des Geschäftsführers nicht. Neun Erfolge bisher, das liegt im Rahmen. „Es gab sicher ein, zwei Spiele wie in Schwenningen, die wir hätten gewinnen müssen,“ sagt er. „Dafür gab es auch Siege wie in Quakenbrück oder gegen Vechta, die alles andere als selbstverständlich waren.“ Unterm Strich heißt das für ihn: „Mit den Ergebnissen sind wir soweit zufrieden.“
Dass Igor Perovic dem Wochenende trotz der Niederlage auch etwas Positives abgewinnen konnte, hatte indes nichts mit Basketball zu tun. Gleich nach der Rückkehr und einer Mütze Schlaf im Bus saß der Tennis-Fan Perovic am frühen Sonntagmorgen daheim vor dem Fernseher und drückte seinem Landsmann Novak Djokovic die Daumen. Der zeigte im Finale der Australian Open wie’s geht.
Neun Heimspiele bis Ende April
Mit Gegner Jena beginnen für die Knights am Samstag die möglichen Wohlfühlwochen in der Pro A. Schaut man auf die seitherige Bilanz, könnte der Kalender Mut machen: Sechs von bisher neun Saisonsiegen haben die Kirchheimer zuhause geholt. Bis zum Ende der Hauptrunde am 29. April bleiben 15 Begegnungen – neun davon finden in der Sporthalle Stadtmitte statt. Nach dem Spiel in Bremerhaven am 8. Februar wartet vier Wochen lang nur eine Auswärtspartie auf die Ritter, und die verspricht kurze Wege: am 3. März in Tübingen. bk