Kirchheim. Wohl kaum einem in der Halle blieb die Szene am Samstag in Erinnerung. Auch deshalb, weil sie völlig harmlos wirkte. Ein sogenannter Pferdekuss nach einem Zusammenprall mit dem Bein des Gegners. In der Regel schmerzhaft, aber ohne schwerwiegende Folgen.
Dass etwas nicht stimmte, bemerkte Johannes Joos erst kurz darauf, als er am Korb zum Block hochstieg und auf dem rechten Bein landete. Ein stechender Schmerz im Knie. Kirchheims überragender Big Man der vergangenen Wochen humpelte mit ratlosem Blick in Richtung Bank. Der Gesichtsausdruck von Teamarzt Jürgen Flicker und Physiotherapeut Geronimo Spiller verhieß danach nichts Gutes. Der Verdacht: Kreuzbandriss. Die Höchststrafe für jeden Sportler.
Sollte sich dies bestätigen, hieße das, die Saison ist für den Mann, den alle nur JJ nennen, noch vor der Weihnachtspause gelaufen. Eine endgültige Diagnose lag nach einer Kernspinuntersuchung bis gestern Abend noch nicht vor. Für die Knights wäre es ein weiterer harter Schlag, nachdem die Verletzungen von Dennis Tinnon, Dennis Nawrocki und Andreas Kronhardt in den zurückliegenden Wochen einiges an Improvisationskunst abverlangt hatten. Das Spiel am Samstag gegen Paderborn, es war das erste Heimspiel überhaupt in dieser Saison, in dem die Kirchheimer ihre stärkste Formation aufs Parkett schicken konnten.
Jetzt also Joos. Ausgerechnet, mag manch einer denken. Bis zur Hälfte des Startviertels am Samstag spielte der 20-Jährige die Saison seines Lebens. Eine Leistungsexplosion, wie sie ihm viele zugetraut, aber nur die wenigsten wirklich erwartet hatten. Keine Frage: Der Ex-Ludwigsburger ist vom Mitläufer zur Führungsfigur gereift. Selbstbewusst, durchsetzungsstark und neuerdings auch treffsicher. Wollte man der schweren Verletzung von Andreas Kronhardt am Ende etwas Positives abgewinnen, dann dies: Joos hat für sich und die Mannschaft das Beste aus diesem schweren Handicap gemacht.
Was ein langfristiger Ausfall des deutschen Forward für die Rückrunde bedeuten könnte, dazu will sich bei den Knights zur Stunde noch niemand äußern. „Darüber mache ich mir Gedanken, wenn wir die Fakten kennen“, sagt Geschäftsführer Christoph Schmidt. „Im Moment hoffen wir alle, dass die Verletzung nicht so schlimm ist wie befürchtet.“ Schmidt sagt aber auch: „Johannes gleichwertig zu ersetzen, können wir uns finanziell zurzeit nicht leisten.“
Positiv denken heißt: Die deutschen Guards harmonieren prächtig. Bekteshi, Nawrocki und Koch, Letzterer mit zuletzt sechs Dreiern und einer hundertprozentigen Wurfquote, leisten ein enormes Pensum. Unterm Korb haben die Knights mit Tinnon, Rendleman und Kronhardt bisher ohnehin kaum Probleme. Zum Leidtragenden einer kleinen Rotation ohne Joos dürfte Tim Burnette werden. Für den US-Guard bliebe dann kaum noch Spielzeit. „Wir haben drei Verletzungen überstanden, wir werden auch das überstehen“, gibt sich Coach Michael Mai kämpferisch. Schon die kommenden beiden Spiele in Trier und gegen Baunach werden zeigen, ob er recht hat. Bis zum Ablauf der Wechselfrist Ende Januar werden etliche Teams wie in jedem Jahr personell nachlegen. Die Rückrunde ist lang.