Lokalsport

Die zweite Reihe rüstet auf

Eine Handvoll Teams in der Pro A drängen in diesem Jahr an die Spitze – Ein klarer Favorit fehlt

Acht Wochen noch bis zum Saisonstart in der Pro A. Kirchheims Zweitliga-Basketballer haben ihre Hausaufgaben erledigt. Der Kader steht und wird von vielen hoch gehandelt. Ob zu Recht, wird auch die Konkurrenz entscheiden. Die klotzt, statt nur zu kleckern.

Auf sein Kommando werden die Ritter hören in der kommenden Saison: Kirchheims neuem Pointguard Richie Williams fällt eine tragen
Auf sein Kommando werden die Ritter hören in der kommenden Saison: Kirchheims neuem Pointguard Richie Williams fällt eine tragende Rolle in der Spielgestaltung zu. Foto: Christian Becker

Kirchheim. Wer von seinem Chef Vorschuss erhält, ist wahlweise notorisch klamm oder besonders zuverlässig. Vorschuss gibt es seit Wochen auch fürs neue Personal der Knights. Nicht monetär, dafür in puncto Vertrauen. Schlechthin unbezahlbar, denn mit Ausnahme des BBL-Absteigers aus Trier, der notgedrungen die Reset-Taste drückte und derzeit noch schwer auszurechnen ist, geht kein Team in der Pro A vor Beginn der neuen Saison ein höheres Risiko ein als die Kirchheimer. Ein Überlebender – acht neue Namen. Vielversprechende deutsche Nachwuchskräfte, aber auch US-Stars wie Richie Williams und Dennis Tinnon. Zwei Verpflichtungen, die für Kirchheimer Verhältnisse bisher als eine Nummer zu groß galten. Schon kursiert die öffentliche Meinung, die Play-offs seien diesmal Pflicht.

Gemach, meint nicht nur Knights-Geschäftsführer Christoph Schmidt, sondern auch sein Headcoach Michael Mai, die beide wissen, dass der Wind in der Liga rauer weht. Von der stärksten aller Zeiten zu reden, wirkt abgegriffen, weil es in der Pro A seit Jahren schon Tradition hat. Auch deshalb, weil es keinen verlässlichen Maßstab gibt. So wenig wie einen klaren Favoriten in diesem Jahr. Zuletzt waren es die finanzstarken Absteiger aus dem Oberhaus, die es mit der Rückkehr eilig hatten. Diesmal sind es eher jene Teams, die sich seit Jahren in Trippelschritten und mit wachsenden Etats der BBL nähern. Die Dauergäste rüsten auf. Mannschaften wie Nürnberg, Jena oder Gotha, wo Kirchheims letztjähriger Publikumsliebling Jannik Lodders zuletzt unterschrieben hat. Oder die Basketball-Hochburg in der niedersächsischen Provinz.

Vechta will im zweiten Jahr nach dem Abstieg wieder nach oben. Anders lässt sich die Personalpolitik der Rastas nicht deuten. Mit dem Braunschweiger Derrick Allen, Christian Standardhinger vom MBC und dem in Würzburg lange verletzten Jeremy Dunbar holt sich der letztjährige Tabellenzehnte geballte Erfahrung an Bord. Vor allem Allens Verpflichtung sorgt für Aufsehen in der Pro A. Der 35-jährige US-Forward hat 378 Erstligaspiele auf dem Buckel, war schon BBL-Topscorer, Vizemeister und stand dreimal im Allstar-Team. Genauso alt und von gleichem Kaliber ist Immanuel McElroy, Teamkollege von Allen in Braunschweig und seit Kurzem in Jena unter Vertrag. Der Shooting Guard stand 2010 mit Alba Berlin im Finale des Europapokals und war fünfmal in Folge bester Verteidiger in der BBL.

Nägel mit Köpfen macht man auch in Nürnberg, wo nach dem Verlust von Spitzenkräften wie Braydon Hobbs (nach Gießen) oder Stephan Haukohl (zum MBC) Ersatz her muss. In Nürnberg sind es keine alten Haudegen, sondern Spieler mit Zukunft. Schließlich schwingt seit vergangener Saison mit Ralph Junge einer der profiliertesten Nachwuchsförderer dort das Zepter. Im bisher zwölf Mann starken Kader der Mittelfranken stehen elf Spieler mit deutschem Pass. Das ist ligaweit Spitze.

Junge weiß ganz genau, wen er sich ins Boot holt. Der 22-jährige Forward Kevin Bright, der von den Skyliners aus Frankfurt kommt und es dort auf 22 Erstliga-Einsätze brachte, war sechs Jahre lang an der Ehinger Urspringschule bei ihm in der Ausbildung. Das gilt auch für den geborenen Filderstädter Mario Blessing, 2011 Senkrechtstarter beim Ehinger Aufstieg in die Pro A, zuletzt vier Jahre zur Ausbildung in den USA. Ein Spielmacher, der mit Shooting Guard Mauricio Marin vom FC Bayern das nächste Talent an die Seite gestellt bekommt. Dazu kommt Bill Borekambi, in Kirchheim im Vorjahr aus disziplinarischen Gründen ausgemustert, danach in Cuxhaven zum Top-Rebounder aufgestiegen.

Auch Kirchheims Ex-Coach Frenkie Ignjatovic rüstet mit Heidelberg auf: Mit dem Ulmer Spielmacher Tommy Mason-Griffin wechselt einer der besten Pointguards der BBL an den Neckar, auch wenn lange Verletzungspausen den 24-Jährigen zuletzt zurückwarfen. Anknüpfen an frühere Klasse, das gelang auch Johannes Lischka zuletzt nicht mehr. Nach seiner Auszeit in Tübingen wegen eines Hirntumors kehrte der 13-fache Nationalspieler im Folgejahr über den Umweg MBC in seine Heimatstadt Gießen zurück, wo er spielerisch enttäuschte. Ignjatovic verschafft dem 28-Jährigen in Heidelberg nun per Tryout-Vertrag die Chance auf einen Neustart. Der Coach braucht vor allem neue Scharfschützen. Kelvin Martin, Nico Adamczak und Nils Menck sind weg. Mit Max Rockmann, den Ignjatovic von seinem letzten Jahr in Kirchheim kennt, dem Gothaer Albert Kuppe und Karlsruhes Paul Brotherson kommt Ersatz.

Starke Neuzugänge hin oder her, Kirchheim wird sich warm anziehen müssen. Auffälligste Veränderung im Vergleich zu den Vorjahren: Vom Klassenerhalt als einzigem Ziel redet bei den Knights momentan keiner.

Knights starten am 15. August ins Training – Vorbereitungs-Fahrplan steht

Die Vorbereitung auf die neue Saison in der Pro A beginnt für Kirchheims Zweitliga-Basketballer mit dem Trainingsauftakt am 15. August. Spätestens zu diesem Termin wird die Mannschaft komplett beisammen sein. Der erste Heimauftritt des neu formierten Teams wird am 22. August in der Sporthalle Stadtmitte sein. Gegner ist mit den Baskets aus dem niederbayrischen Vilsbiburg ein Regionalligist. Weitere Test-Heimspiele: Am 28. August gegen den künftigen Pro-A-Gegner, die White Wings aus Hanau, am 2. September gegen den SV Oberelchingen (Regionalliga), am 13. September gegen die Weißenhorn Youngstars (Pro B) und schließlich am 16. September gegen die Panthers aus Schwenningen (Regionalliga). Auswärts treffen die Knights in der Vorbereitungsphase am 27. August auf den Pro-A-Absteiger und letztjährigen Konkurrenten aus Ehingen. Am 5. und 6. September steht zum wiederholten Mal das Turnier in Schwenningen im Programm. Highlight der diesjährigen Pre-Season wird das Spiel in der Hakro-Arena am 10. September gegen den langjährigen Dauerrivalen aus Crailsheim sein. Zum Spiel gegen das BBL-Team der Merlins dürfte die Mannschaft eine größere Fangemeinde begleiten. Letzte Gelegenheiten zu Feinkorrekturen bieten sich am 12. September in Hanau und am 19. September gegen den ehemaligen Kooperationspartner aus Ludwigsburg. Exakte Anspielzeiten stehen zurzeit noch nicht fest. Dass die Spiele gegen die beiden Erstligisten aus Crailsheim und Ludwigsburg in fremder Halle stattfinden, ist kein Zufall. Sie dienen als Generalprobe für den Ernstfall in der Pro A. In der Liga warten auf die Ritter in der Anfangsphase schwere Auswärtsprüfungen mit Spielen in Jena, Vechta und Essen.bk