Lokalsport

Ein Esslinger boxt für Deutschland um den WM-Titel

Angriffslustig: Igor Teziev. Foto: Herbert Rudel
Angriffslustig: Igor Teziev. Foto: Herbert Rudel

Esslingen Sein Ziel hat Igor Teziev klar vor Augen: „Ich will Weltmeister werden, auf jeden Fall!“ Auf dem Weg zur Erfüllung seines Traums bei der Box-WM in Hamburg vom 25. August an lässt er sich auch von einer angebrochenen linken Hand nicht aufhalten. „Die lass’ ich nach der WM richten“, sagt der 24-Jährige aus Esslingen, der als Sportsoldat unter der Woche am Stützpunkt Heidelberg trainiert.

Zum Boxen kam der in Russland geborene Teziev vergleichsweise spät - mit 13. Sein Vater sei ein Box-Fan gewesen und habe ihm den Sport ans Herz gelegt. Erst nach dessen Tod hat der Sohn den Rat befolgt und festgestellt, dass ihm Boxen weitaus mehr liegt als beispielsweise Fußball. „Ich war immer schon eher ein Einzelkämpfer, und das Training hat mir gut gefallen.“

Seinen ersten Wettkampf für den Esslinger Verein Fit-Boxing 2008 gewann Teziev, ebenso die zehn darauffolgenden. Gleich bei seiner ersten Teilnahme an den württembergischen Meisterschaften holte er den Titel und wurde in den darauffolgenden Jahren deutscher Meister der U19 und U22. Seinen bisher größten Erfolg feierte er ebenfalls in der U22-Kategorie: 2012 holte er Bronze bei den Europameisterschaften.

Einen Dämpfer erhielt Teziev im vergangenen Jahr, als er - inzwischen Teil der deutschen Nationalmannschaft - nicht mit zu den Olympischen Spielen mitgenommen wurde. Für den zielstrebigen Boxer war dies ein herber Rückschlag. „Danach ging es mir erst mal nicht so gut“, gibt Teziev zu. Nun konzentriert er sich aber voll auf die WM, wie es dann weitergeht und ob er eine Teilnahme an den nächsten Olympischen Spielen 2020 anstrebt, will er erst danach entscheiden. Möglich wäre auch ein Wechsel zu den Profis.

Seit dem vergangenen Jahr hat sich bei dem Esslinger einiges getan. Weil ihn seit Jahren eine chronische Mandelentzündung geplagt hat - diese hielt ihn auch vom Start bei der WM 2013 ab - ließ sich Teziev die Mandeln entfernen. Außerdem wechselte er die Gewichtsklasse und tritt seitdem im Schwergewicht bis 91 Kilogramm an. Für seine Kämpfe im Halbschwergewicht bis 81 habe er vor Wettkämpfen bis zu zehn Kilo „abkochen müssen“. „Das war auf die Dauer nicht mehr möglich. So hat es keinen Spaß mehr gemacht“, erklärt er. An seinem Training ändert sich deshalb nichts, nur die Gegner seien vielleicht etwas langsamer, dafür aber schlagkräftiger. Seine bisherigen Kämpfe in der neuen Gewichtsklasse hat er allesamt gewonnen.

Seit seiner Nominierung für die WM ist für Teziev ein spezielles Training angesagt. Mit der Nationalmannschaft ging es bereits für drei Wochen ins Trainingslager und zu einem Sparringslehrgang, zwei weitere Lehrgänge folgen noch. Bei so viel WM-Vorbereitung bleibt wenig Freizeit übrig. Ab und zu mit Freunden auszugehen, sei möglich, aber ein aufwendiges Hobby sei nicht drin. Mit seinem Bruder unternimmt Teziev gerne etwas. Der 18-Jährige habe auch mit dem Boxen angefangen. „Von der Technik her ist er talentierter als ich, aber ein bisschen faul“, sagt Teziev schmunzelnd.

Einen Ansporn will er dem kleinen Bruder geben, indem er den WM-Titel erkämpft. Seine Familie werde voraussichtlich zum Zuschauen nach Hamburg reisen, „aber erst ab dem Halbfinale“. Davor müsste Teziev aber erst einmal drei Kämpfe überstehen. Jeder Kampf dauert drei mal drei Minuten - „das hört sich nach wenig an, ist aber ziemlich anstrengend“, versichert er. Ein bisschen nervös sei er trotz der inzwischen 120 absolvierten Kämpfe immer noch. „Das gehört dazu, die Spannung braucht man auch“, erklärt er. Vor allem, wenn man Weltmeister werden will.Lorena Greppo