Lokalsport

Ein Export von der Insel für den Aufsteiger

Turnen Wenn für den VfL am Samstag das Abenteuer 2. Liga beginnt, wird mit dem Briten Daniel Lee erstmals ein Ausländer das blaue Dress tragen. Von Klaus Schlütter

Von Jersey nach Kirchheim: Daniel Lee, hier bei den Island Games 2017 in Schweden, verstärkt das Zweitligateam des VfL in dieser
Von Jersey nach Kirchheim: Daniel Lee, hier bei den Island Games 2017 in Schweden, verstärkt das Zweitligateam des VfL in dieser Saison. Foto: Jersey Evening Post

Mit einem Novum betreten die Kunstturner des VfL Kirchheim am morgigen Samstag das Neuland 2. Bundesliga. Zum Saisonstart beim TV Schiltach im Schwarzwald (Beginn: 16 Uhr) verstärkt sich der Aufsteiger zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte mit einem Ausländer.

Es war der Wunsch der Mannschaft, für den bevorstehenden Kampf um den Klassenerhalt aufzurüsten. „Wir haben etwas Geld locker gemacht, und die Turner haben sich selber nach einer Verstärkung umgeschaut“, sagt VfL-Cheforganisator Matthias Pohl.

Der Zuwachs ist allerdings nicht sein Sohn Felix, der nach dem Ausstieg des MTV Stuttgart aus der Bundesliga einen neuen Verein sucht (wir berichteten). Er hat zwar noch Startrecht für den VfL Kirchheim, bei dem er das Turnen gelernt hat, aber aus einer Rückkehr an alte Wirkungsstätte wird nichts. „Ich konnte mir eine Rückkehr auch nicht vorstellen“, meint Abteilungsleiter Heiko Paul. „Das wäre ein Rückschritt. Felix kann in jeder großen Mannschaft in Deutschland turnen.“

So heißt der Neue im VfL-Trikot Daniel Lee. 20 Jahre alt, 1,64 Meter groß, kommt von der englischen Kanalinsel Jersey und hat sein Talent von der Mutter, einer ehemaligen britischen Nationalturnerin, geerbt. „Danny“ ist noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Als erster nennenswerter Erfolg ist der zwölfte Platz bei den Commenwealth Games in Australien unter 97 Teilnehmern im Internet vermerkt. Lee turnt im Sechskampf auf einem Niveau zwischen 75 und 77 Punkten, wobei fraglich ist, ob die Notenvergabe auf der Insel mit der deutscher Juroren vergleichbar ist. Lee wird zu vier Wettkämpfen eingeflogen und gibt in Schiltach sein Debüt.

Der VfL hat noch einen zweiten hoffnungsvollen Zugang zu vermelden: Arne, der jüngere Bruder von Stammkraft Manuel Halbisch. Der 15-Jährige ist Jugend-Nationalturner und trainiert am Olympiastützpunkt Stuttgart. Matthias Paul hält große Stücke auf ihn: „Er wird der Nächste sein, der sich irgendwann in die Bundesliga verabschiedet.“

Ansonsten bleibt die seit Jahren erfolgreiche Riege zusammen. Von Anfang an dabei ist Marcus Bay, der in der 3. Liga vergangene Saison der konstanteste Allrounder mit den meisten Scorerpunkten war (106). Dazu Julian Hausch, Moritz Pohl und Simon Paul. Die beiden Letzteren müssen allerdings kürzertreten. Pohl (26) promoviert in Heidelberg. Paul (27) hat den Doktortitel bereits und ist als Notarzt in den Krankenhäusern Kirchheim und Nürtingen stark eingespannt. Sind sie verhindert, ist jeder andere aus der Zehner-Riege, wie zum Beispiel Manuel Hofmann, in der Lage, an einzelnen der sechs Geräte die zum Klassenerhalt notwendigen Punkte zu ergattern.

Ziel ist der Klassenerhalt

Die Liga erhalten - das erklärte Ziel für die sechs Wettkampftage. „Als wir vor zwölf Jahren in die Oberliga kamen, hätten wir nie gedacht, einmal die zweite Bundesliga zu erreichen. Jetzt wollen wir alles versuchen, uns dort zu etablieren. Das Potenzial dazu haben wir“, ist Matthias Pohl überzeugt.

Der Start in die zweithöchste Klasse ist der vorläufige Höhepunkt einer stetigen Aufwärtsentwicklung. 2011 erreichte der VfL die dritte Liga mit immer besseren Platzierungen in den folgenden Jahren. 2016 berechtigte Platz zwei zum Aufstiegskampf, in dem der VfL gegen KTV Ries knapp scheiterte. Ein Jahr später glückte dann der Sprung nach oben.

Schade nur, dass die Leistungen der Turner vom Kirchheimer Publikum nicht in dem Maß honoriert werden wie in anderen Städten oder Gemeinden. Wenn die VfL-Turner an die Geräte gehen, verlieren sich zwischen 70 und 100 Zuschauer in der Rauner-Sporthalle - ein Teil davon Angehörige der Athleten. Hartes finanzielles Brot für eine Abteilung, die auch eine zweite Männerriege (Oberliga) und zwei Frauenmannschaften (3. Liga und Oberliga) stellt. Matthias Pohl: „Ohne unsere Sponsoren kämen wird nicht über die Runden.“