Wernau. Ab der neuen Saison pfeift sie im Bezirks-Oberhaus. Unter Beobachtung. Bringt sie dort gute Leistungen, kann sie in die Landesliga aufsteigen. Beim Teckbotenpokal bestand sie ihre Generalprobe mit Bravour. Seit vier Jahren gibt die junge Frau bei den Männern den Ton an – und das mit großer Begeisterung und viel Spaß. „Ich mache das unheimlich gern. Vor allem, mich bei schwierigen Begegnungen durchzusetzen“, ist Shirin Groh froh. Ihr Vorname stammt aus dem Persischen und bedeutet süß oder die Süße. Niedlich, liebenswert, charmant sind weitere Übersetzungen. Aber auf dem Fußballfeld ist sie alles andere als liebenswert. Da kann sie schon mal hart durchgreifen, die eine oder andere Gelbe oder Rote Karte zücken.
Am Anfang ihrer Schiedsrichter-Laufbahn wurde sie mitunter komisch beäugt und musste sich auch den einen oder anderen dummen Kommentar anhören. Ein Trainer raunzte sie zum Beispiel an: „Du bist eine Frau, das kann ja nichts werden.“ Aber trotz aller Unkenrufe wurde es was. Mittlerweile hat sie sich gehörigen Respekt verschafft. Auch erntet sie immer mal wieder Lob von den Kickern. Und die mitunter blöden Sprüche der Männer überhöre sie einfach, sonst könne sie sich nicht auf ihre Aufgabe konzentrieren, sagt sie. Von den Launen Einzelner lasse sie sich nicht anstecken.
„Sie ist körperlich fit, hat eine prima Ausdauer und ein gutes Durchsetzungsvermögen“, lobt Hardy Wolf. Der Obmann der Schiedsrichtergruppe Esslingen gab den Anstoß für das Hobby der 18-Jährigen. Bei einem Informationsabend in Wernau warb er für neue Schiedsrichter(innen). Shirin Groh und ihre gleichaltrigen Freundinnen Lilly Kuhn und Alisya Deniz waren gleich Feuer und Flamme. Die ersten Lehrgänge folgten, dann die ersten Einsätze.
Das Trio, das für den TSV Wernau in der Freizeitliga kickt, wurde von Schiedsrichter-Urgestein Otto Müller (TSV Lichtenwald) unter die Fittiche genommen. „Er ist sozusagen ihr Ziehvater“, sagt Hardy Wolf. Die überaus ehrgeizige Shirin Groh hat ihre beiden Freundinnen inzwischen leistungsmäßig überholt und greift nun in der Bezirksliga an. Auf diese neue Herausforderung freue sie sich, meint die junge Frau mit Pfiff, die nach den Sommerferien in die 13. Klasse der Kirchheimer Waldorfschule kommt.
In der Bezirksliga wird sie des Öfteren von erfahrenen Unparteiischen unter die Lupe genommen. Dabei steht nicht die Kritik im Vordergrund, sondern das Erteilen von Tipps. Schließlich möchte Shirin Groh noch viel lernen. Nicht nur, wenn sie selber pfeift. Auch beim Assistieren an der Seitenlinie, unter anderem in der Verbandsliga, und beim Betrachten von Bundesligaspielen im Fernsehen schaut sie ganz besonders auf den Mann in Schwarz. Ihr Vorbild ist Bibiana Steinhaus, die in der 2. Männer-Bundesliga pfeift und in der 1. Bundesliga an der Linie assistiert. „Dieses Ziel zu erreichen, ist fast unmöglich“, weiß die Wernauerin. Sie schwärmt für Sami Khedira und Robert Lewandowski und nennt als Lieblingsklub den VfB Stuttgart. Als Berufswunsch kann sie sich „irgendetwas Kreatives im Bereich Marketing“ vorstellen.
Shirin Groh ist in Sachen „Pfeiferei“ nicht vorbelastet. Der Vater war Handballer, die Mutter und der 16-jährige Bruder Yannik haben mit Sport wenig am Hut. Allerdings ist Frau Groh fast immer dabei, wenn ihre Tochter im Einsatz ist. Bald wird es wieder so weit sein. In dieser Woche ist freilich noch Urlaub in Langenargen am Bodensee angesagt.