Lokalsport

Endlich wieder Latein

Formationstanz Zweitliga-Absteiger TSC Kirchheim ist nach der Coronapause in einen gewöhnungsbedürftigen Trainingsalltag zurückgekehrt. Abstandsregeln mindern die Wiedersehensfreude allerdings nicht. Von Reimund Elbe

Üben tut Not: Nach dreimonatiger Trainingspause darf beim TSC wieder getanzt werden. Foto: Markus Brändli
Üben tut Not: Nach dreimonatiger Trainingspause darf beim TSC wieder getanzt werden. Foto: Markus Brändli

Nach einer langen Durststrecke standen sie gleich mal im Regen. Nasse Grüße von oben gab es am Sonntagmorgen beim Wiedersehen für die Tänzerinnen und Tänzer der Lateinformation des TSC Kirchheim. Für die große Teambesprechung musste der Platz vor der Allenschule-Sporthalle herhalten, um die geforderten Mindestabstände einhalten zu können – ein denkwürdiger Trainingsauftakt in außergewöhnlichen Zeiten nach dem Mitte März verordneten, vorzeitigen Saisonende. Herzliche Umarmungen zum Wiedersehen fielen sowieso flach, ein Wink auf Distanz und ein Lächeln mussten reichen.

„Schon ungewohnt“ sei die Situation nach solch einer langen Pause, findet auch Pia Pflichthofer. Für die TSC-Trainerin („es freut mich riesig, dass wir wieder zusammen sind“) nicht das einzig Gewöhnungsbedürftige beim Re-Start. Politik und Tanzverbände haben den Vereinen in Pandemiezeiten weitere klare Regeln vorgegeben. Maximal zehn Tanzpaare pro Halle sind solch ein Aspekt, ungewöhnlich große Abstände zwischen den Paaren und Trainern ebenso. „Tanzpaare können dabei Eheleute, Lebenspartner oder Partner sein, die längerfristig oder dauerhaft miteinander tanzen“, heißt es in einer Passage der jüngst überarbeiteten Verordnung.

Die stellvertretende TSC-Vorsitzende Pflichthofer sowie ihr Trainerkollege Florian Braun, der langjährige Einzel- und Formationstänzer steigt frisch ein, bildeten somit flugs zwei Übendengruppen.

Wohnzimmer als Trainingsstätte

Die kompliziert wirkenden Vorgaben bremsten anscheinend nicht das Vergnügen. „Das Feuer ist gleich wieder da“, frohlockte Konstantin Braun, nicht verwandt mit Coach Braun, in einer Pause nach den ersten Trainingsschritten. Regelrecht erleichtert wirkt der Plochinger. Bis auf Weiteres vorbei jene Zeiten, in denen er durchs heimische Wohnzimmer tänzelte. „Wir hatten den Teppich eingerollt, Sofa und Tisch zur Seite gestellt, um Platz zum Trainieren zu schaffen“, erinnert sich Konstantin Braun schmunzelnd an die vergangenen Wochen.

Not machte auch Valerie Junginger erfinderisch. Einige Male übte die TSC-Tänzerin sogar vor einer zu ihrem Haus in Ochsenwang gehörenden Scheune. „Dort gibt es genügend Platz für Schritte und Bewegungen“, lautete ihr pragmatischer Ansatz. Die gebürtige Kirchheimerin traf der Tanzsport-Lockdown in besonderer Weise. Nachdem sie zwischen 2015 und 2019 eine Babypause eingelegt hatte, plante sie 2020 hochmotiviert ihren persönlichen Re-Start. Umso mehr nahm Valerie Junginger der Augenblick des Wiedersehens emotional mit: „Ich hatte Herzklopfen bei der Fahrt nach Kirchheim, weil ich froh war, endlich wieder die Leute zu sehen und gemeinsam üben zu können“. Fit hielt sie sich unter anderem mit Yoga und Joggen.

Zudem gab‘s die Trainerin per Videobotschaft: Pia Pflichthofer und Teammitglieder drehten währen des Sport-Lockdowns Youtube-Videos, es gab virtuelle Übungseinheiten, bei denen sich das Team per Kamera zuschalten konnte, des Weiteren einen Fitnessplan.

Den Kontakt gibt es nun wieder in physischer Form. Und es warten Herausforderungen. Beim Formationstanz müssen alle Tänzer dem Rhythmus und dem Takt der Musik folgen und alle Bewegungen sollen zeitgleich ausgeführt werden – eine komplexe Angelegenheit. Deshalb rückte in der ersten, rund vierstündigen Übungseinheit zugleich die neue Choreographie in den Mittelpunkt. „Wir werden sie zwei Jahre lang verwenden“, kündigte Pia Pflichthofer beim Start in ihre vierte Saison als Coach der Lateinformation an. „Spür den Beat“ heißt das Werk, wurde vom Erstliga-Absteiger TSC Walsrode für eine niedrige vierstellige Summe geleast. Normalerweise bewegen sich die Kosten für die Produktion einer eigenen Choreographie auf bis zu 15 000 Euro, was laut Pflichthofer „nicht stemmbar“ gewesen wäre. Zeit zum Einstudieren gibt es reichlich: Bis Ende des Jahres, falls es zu keinen neuen virusbedingten Einschränkungen kommt, dauert die reine Trainingsphase mit zwei Übungseinheiten pro Woche. Ab Januar 2021 soll dann der Regionalliga-Regelbetrieb starten – wie ursprünglich bereits in Vor-Coronazeiten geplant.