Lokalsport

Fliegen ohne abzuheben

Radsport Im zweiten Jahr als Profi hofft Jannik Steimle auf den Durchbruch. Nicht nur die eigenen Erwartungen sind groß. Das Team Felbermayr-Simplon aus Wels hat aufgerüstet. Von Bernd Köble

Entspannter, selbstbewusster, schneller: Jannik Steimle hat sich für seine zweite Saison als Profi viel vorgenommen.Foto: Mirko
Entspannter, selbstbewusster, schneller: Jannik Steimle hat sich für seine zweite Saison als Profi viel vorgenommen.Foto: Mirko Lehnen

Wenn es nach ihm ginge, wäre die Zeit längst reif für erste Fakten. Geduld ist etwas, das erlernt sein will im Radsport. Wo es um Tempo geht, um überraschende Attacken, um das Gespür, den Gegner am wunden Punkt zu treffen. Bis 19. Februar muss Jannik Steimle sich gedulden. Dann beginnt mit dem Grand Prix Laguna in Kroatien für ihn die Saison. Seine zweite im Trikot des Continental-Rennstalls Felbermayr-Simplon aus dem niederösterreichischen Wels. Seine zweite als Profi. Ganz sicher: seine bisher wichtigste in seiner Karriere. Nach einem Jahr, das auch erfahrene Förderer wie Teamchef Andreas Grossek beeindruckt hat. Die Vertragsverlängerung im Herbst - eine reine Formalität. Grossek weiß: Wenn der Bursche heil bleibt, ist er am Jahresende weg.

Der Traum von der großen Karriere hat im Kopf des 20-Jährigen aus Weilheim 2016 deutlichere Konturen bekommen. Sein erster Profisieg als Rookie im Frühsommer in Slowenien, eine Art Initialzündung. Seitdem ist das Selbstvertrauen grenzenlos. Als Sprintspezialist ist er bei den Welsern binnen eines Jahres zur Nummer eins aufgestiegen. Eigene Ziele haben mehr Gewicht bekommen, auch wenn er bei Rundfahrten für die Teamkapitäne Markus Eibegger und Riccardo Zoidl nach wie vor in der Helferrolle steckt. Mit dem 28-jährigen Zoidl, der vom US-Proteam Trek-Segafredo in seine Heimat zurückkehrt, und dem Kroaten Matija Kvasina, dem Gesamtsieger der Kroatien-Rundfahrt 2016, haben sich die Welser in diesem Jahr massiv verstärkt.

Für Steimle eine Herausforderung, auf die er sich freut. Er hat seine Form gut über den Winter gerettet. In unzähligen Stunden auf der Rolle, bei Langlauf-Training und Krafteinheiten im Studio. Mit dem Neuffener Weltcup-Mountainbiker Christian Pfäffle hat er in den vergangenen Monaten einen wertvollen Trainingspartner in der Nähe gefunden. Daraus ist eine Freundschaft entstanden.

Am Idealgewicht von 75 Kilo bei einer Körpergröße von 1,88 Meter hat sich indes wenig geändert. Nicht viel für einen Sprinter. Gerade recht für einen, der bei Eintagesrennen die Konkurrenz auch an kurzen Anstiegen abhängen will. Moderate Streckenprofile, wie sie die großen Klassiker aufweisen, die liegen ihm. Um bei längeren Rundfahrten als Überlebender das Ziel zu erreichen, sind eben auch Kletterqualitäten gefragt. So wie im Juni, wenn mit dem Giro d‘Italia der U23-Fahrer ein wahrer Koloss im Rennkalender steht. Höhepunkt im buchstäblichen Sinn ist die Österreich-Tour Anfang Juli. Sie führt über die Glocknerstraße und aufs Kitzbüheler Horn. Mit Riccardo Zoidl schicken die Welser den Gesamtsieger von 2013 an den Start. Nervös wird Jannik Steimle bei seinem zweiten Tour-Start auch diesmal sein. Schlaflose Nächte bereiten ihm solche Herausforderungen keine mehr. „Ich will bei einer Etappe aufs Podium“, sagt er selbstbewusst. „Das sollte dieses Jahr eigentlich ein Muss sein.“

Er hat sich weiterentwickelt, versteht Rennverläufe besser, handelt kraftsparender. Er sagt: „Ich habe gelernt, mit mehr Hirn zu fahren.“ Sein Heimtrainer Ralf Kleih ist dabei sein wichtigster Berater. Er hat ihn gelehrt, auf den Körper zu hören. Dass weniger im Training mehr sein kann. Das Wichtigste: Jannik Steimle hat ein klares Ziel, dem er alles andere unterordnet. Freunde, Ausgehen, das normale Leben eines 20-Jährigen. 8 000 Trainingskilometer hat er seit Jahresende angesammelt, fühlt sich fit. Es kann losgehen. „Wenn ich gesund bleibe“, sagt er, „dann mache ich mir über 2017 hinaus keine Sorgen.“