Kirchheim. Ein satteres Rot ziert wohl nur ihr Parteibuch. Kirchheims Rathauschefin Angelika Matt-Heidecker war nicht die Einzige, die am späten Samstagabend mit glühenden Handflächen die Halle verließ. Das rhythmische Klatschen der mehr als Tausend auf den Rängen hatte zuvor den Soundtrack fürs sportliche Action-Kino geliefert. Statt mit vorweihnachtlichem Glöckchengebimmel haben die Knights sich mit einem Fanfarenstoß in den Kurzurlaub verabschiedet. Das dritte Viertel nach der Pause gegen den Tabellenzwölften aus Baunach war ein Lehrstück in Sachen Effizienz und Abgezocktheit.
Vor allem einer hatte sich fest vorgenommen, die kurze Zeit bis zum Abflug am Sonntag in die USA gewinnbringend zu nutzen: Richie Williams bot eine prunkvolle Gala, bei der er sich mit nun 241 Punkten in dieser Saison gleichzeitig die Liga-Krone aufsetzte. 18 Zähler, 13 Korbvorlagen bei sechs Rebounds und fünf Balleroberungen – Das macht unterm Strich 36 Effektivitätspunkte. So mancher Erstligist dürfte am Samstag seinen Wunschzettel fürs neue Jahr beschriftet haben.
Trotz Williams‘ Glanzstück war es ein Erfolg der Mannschaft. Mit Besnik Bekteshi, Keith Rendleman und Jordan Wild punkteten zum wiederholten Mal drei weitere Kirchheimer zweistellig. Auffallend auch: Die beiden Verletzungs-Rückkehrer Andreas Kronhardt und Dennis Nawrocki kommen immer besser in Tritt. Kronhardt war am Samstag einige Male der Mann mit der entscheidenden Aktion. Diesmal nicht als Rebounder, sondern als versierter Vorbereiter: Sechs Assists steuerte der 26-jährige Center bei – auch das ist persönliche Saisonbestleistung. Mit wachsendem Erfolg der Mannschaft taut auch der Trainer auf. So locker wie nach der Pressekonferenz im Hallenfoyer hatte man Michael Mai bis dahin selten erlebt. „Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen“, verkündete der stets zurückhaltende Amerikaner mit ungewohnt strahlender Miene. „Wie sie auf die heikle Situation vor der Pause reagiert hat, war schon beeindruckend.“
Beeindruckt war auch Gäste-Coach Fabian Villmeter: „Wir wussten, dass man einen perfekten Tag erwischen muss, um hier in Kirchheim zu gewinnen.“ Den hatte das mit einem Altersdurchschnitt von 19 Jahren jüngste Team der Liga nur eine knappe Halbzeit lang. Bis dahin war immerhin deutlich geworden, weshalb die Bamberger Filiale in der Vorwoche kurz davor gestanden hatte, Tabellenführer Jena die zweite Saisonniederlage zu verpassen.
Nach dem Quasi-Verlust beider Center standen die Franken, die zu Beginn ein mitreißendes Tempospiel boten, nach der Pause allerdings auf verlorenem Posten. Leon Kratzer, mit erst 18 Jahren bester Rebounder der Liga, musste nach frühen Foulproblemen vorzeitig vom Feld, Kapitän Johannes Thiemann quälte sich eine Halbzeit lang mit Schmerzen über die Runden, nachdem er im Zweikampf umgeknickt war. Beide Ausfälle waren nicht zu verkraften. Baunachs Nachwuchstruppe ging anschließend im Fastbreak-Strudel eines Richie Williams innerhalb von zehn Minuten unter. Jetzt hat es der Tabellendritte aus Kirchheim selbst in der Hand. Mit einem Erfolg am 2. Januar in Gotha hieße es: Zwei Siege vor.