Lokalsport

Frühreif auf Halblinks

Handballerin Lenya Treusch nimmt mit erst 17 Jahren in Bietigheim die nächste Sprosse auf der Karriereleiter

Mit 16 Jahren Stammkraft in der dritten Liga, mit 17 im Wartesaal zur ersten. Dass es Lenya Treusch ganz nach oben schaffen wird, glauben viele, die sich mit Handball auskennen. Damit dies möglichst zügig geschieht, taucht der Name des Teenagers aus Weilheim gleich in drei verschiedenen Mannschaften auf.

Jede Menge Talent im Anflug: Lenya Treusch, in der vergangenen Saison noch im Trikot des TV Holzheim, hat Entwicklungspotenzial.
Jede Menge Talent im Anflug: Lenya Treusch, in der vergangenen Saison noch im Trikot des TV Holzheim, hat Entwicklungspotenzial.Foto: Cornelius Nickisch

Weilheim. Nicht jeder, der viel reist, hat Urlaub. Rund 600 Kilometer pro Woche verbringt Lenya Treusch auf der Straße. Auswärtsspiele noch gar nicht eingerechnet. Urlaub? Keine Zeit. Vor zwei Wochen war sie mit ihrer Klasse des Kirchheimer Schlossgymnasiums für eine Woche auf Studienfahrt in Nordspanien. Das muss reichen. Reisen wird sie vermutlich noch viel in ihrem Leben. Vor allem in Sachen Handball.

Begabte sind zahlreich in diesem Sport, wie die Teilnehmerfelder bei Talentiaden und Nachwuchssichtungen zeigen. Doch nur die Wenigsten bringen jene Voraussetzungen mit, die Talent von Klasse unterscheiden. „Sie ist unglaublich lernwillig, neugierig und als Sportlerin ein Vorbild“, spart ihr Jugendtrainer Cornelius Väth nicht mit Lob. Mit ihm ist sie im Trikot des SV Remshalden Ende Mai deutsche B-Jugend-Meisterin geworden. Dadurch spielt sie mit der A-Jugend des SV in der kommenden Saison in der Nachwuchs-Bundesliga.

Ein Bonus – mehr nicht – denn der Fokus der Abwehrspezialistin, die im halblinken Rückraum zu Hause ist, richtet sich wie schon in diesem Jahr auf die dritte Liga der Frauen. Dort ist sie gerade erst vom Fast-Absteiger TV Holzheim zum Tabellensechsten nach Bietigheim gewechselt. Der Bundesliga-Standort an der Enz mit seiner Talentschmiede bietet das, was für sie derzeit am wichtigsten ist: eine Perspektive. Die Drittliga-Mannschaft ist extrem jung. Trotzdem ist die 17-Jährige, die mit ihren 1,73 Meter Körpergröße im Rückraum nicht gerade furchteinflößend wirkt, jüngste Stammkraft in einem Team, das in der neuen Saison weiter nach oben will. Die Lücke zur Bundesliga-Mannschaft verkleinern, heißt das Ziel, das uneingeschränkt auch für sie gilt. Gestern saß sie im Testspiel in Nellingen gegen die Hornets aus der zweiten Liga zum ersten Mal bei der „Ersten“ auf der Bank. Eine Ehre, wie sie versichert, schließlich stehen im international besetzten Bundesliga-Kader der SG seit dieser Saison so verdiente Kräfte wie Nina Wörz oder Susann Müller, die gemeinsam Erfahrung aus mehr als 270 Länderspielen für den DHB mitbringen.

Zwei Vereine – drei Jobs. Mutter Tanja hat immerhin zwei. Der Fahrdienst neben ihrer Halbtagsstelle ist mit Abstand der zeitraubendste. Drei Mal die Woche zum Training nach Bietigheim, je einmal nach Remshalden und zum Athletiktraining der Göppinger Turnerschaft. An Wochenenden geht es zu Auswärtsspielen schon mal bis nach München oder Regensburg. Für Mutter und Tochter heißt das: Außer Handball läuft nicht viel. Schule muss. Im kommenden Jahr stehen am Kirchheimer Schlossgymnasium die Abiturprüfungen an. „Alles im grünen Bereich“, meint ­Lenya Treusch und lächelt. Dass sie strukturiert arbeiten kann, hat sie in ihrem Sport bewiesen. Zeit für Freunde aufzubringen, ist eine Herausforderung. „Die haben Verständnis dafür, dass ich nicht überall dabei sein kann“, sagt die 17-Jährige und meint: „Das macht gute Freunde ja auch aus.“