Lokalsport

Gemischte Gefühle plus ein Shitstorm

Fußball Knapp fünf Monate nach Einführung des „Norweger Modells“ im Kreisliga-B-Bereich liegen erste Erkenntnisse vor. Die Flex-Lösung bleibt umstritten. Von Reimund Elbe

Symbolbild: Markus Brändli
Symbolbild: Markus Brändli

Es wird geflext in der Region - aber nicht so fleißig, wie von Kritikern befürchtet. Knapp fünf Monate nach der Premiere des sogenannten „Norweger Modells“ in der Kreisliga B des Bezirks Neckar/Fils haben erst drei Teams von dem umstrittenen Angebot Gebrauch gemacht: der SV Aich II, der TSV Hohenstaufen sowie kurz vor Toresschluss 2018 auch noch der TSV Owen II.

„Das Norweger Modell war ein Notnagel“, bekennt Aichs Trainer Joscha Schaible, die „pure Personalnot“ habe damals zum erstmaligen Ziehen der Option geführt. Mit neun gegen neun Akteure auf dem (verkleinerten) Spielfeld wurde dieser 26. August 2018 nicht nur zu einem historischen Tag für den Fußballbezirk, sondern für die Aicher auch ziemlich unschön. Das 0:10 gegen den favorisierten VfB Neuffen am heimischen Heideweg war deutlich leichter zu verdauen als die folgenden, heftigen Angriffe in den sozialen Medien. „Einige schrieben, wir würden den Fußball kaputt machen“, berichtet der Aicher Coach, „dabei hatten wir mit unserem Vorgehen, das Spielen nach dem Norweger Modell, nur einen Ausfall der Partie verhindert.“ Die Anfeindungen führten in Aich zu dieser Konsequenz: Ein „Norweger“-Match soll künftig möglichst vermieden werden.

Exakt eine Woche nach den Aichern betrat auch der B7-Kreisligist TSV Hohenstaufen dieses Neuland. In den ersten zwei Saisonspielen standen noch jeweils vier Auswechselspieler parat, doch an jenem 2. September, vor der Partie gegen Frisch Auf Göppingen, brach der Personalmangel über den Club herein. Per beim Bezirk beantragten Flexmodell ging‘s schließlich mit neun Anfangsaufläufern sowie zwei Auswechselspielern auf der Bank ins Match. Den Kickern aus Hohenstaufen bescherte das erste Spiel im Norweger Modell ein sportliches Debakel. Nach achtbaren Resultaten in den ersten beiden Partien gegen den TSV Wäschenbeuren II (0:2) und Türk Ebersbach II (3:4) setzte es beim Flex-Kick bei Frisch Auf ein 0:8. Aktuell ist der TSV Hohenstaufen Tabellenletzter der Kreisliga B7.

Aus dem Flex-Duo wurde am 9. Dezember ein Trio. Der TSV Owen II zog für das Kreisliga-B5-Spiel bei Marsonia diesen Joker. Die Dimension war für die Herzogstädter eine ganz besondere. Am 21. Oktober musste der TSVO nämlich bereits das Punktspiel beim Spitzenteam TSV Wolfschlugen wegen personeller Engpässe absagen. Für das Marsonia-Match drohte Ähnliches. „Viele Verletzungen, Urlauber, Weihnachtsfeiern, ganz einfach zu wenig Leute“, fasst Martin Wisch­ropp aus der Owener Fußball-Abteilungsleitung die Probleme zusammen. Auch für den TSVO sei das Modell nur eine „Notlösung“ gewesen, welche „nicht zur Regel“ werden solle. Zumal Wisch­ropp auch fußballerische Gründe anführt: „Für die Mannschaft ist das ‚neun gegen neun‘ auf kleinerem Spielfeld einfach eine große Umstellung.“ Der Owener Funktionär ist grundsätzlich jedoch nicht unglücklich darüber, dass es das Norweger Modell gibt. In erster Linie könnten bei Personalengpässen womöglich Spielabsagen vermieden werden. Der TSV Owen hat sich durch den Einsatz des neuen Modells zumindest einen größeren Puffer verschafft, um einen Ausschluss vom Wettbewerb zu verhindern - der mit der dritten Spielabsage vollzogen würde.

Für Diskussionsstoff sorgt das neue Flexmodell also durchaus. Der Bezirksvorsitzende Rainer Veit beobachtet die Entwicklung nach eigenem Bekunden „mit gemischten Gefühlen“. Die neue Spieloption beinhalte „positive wie negative Aspekte“. Veit: „Für eine detaillierte Bilanz müssen wir allerdings das Saisonende abwarten.“ Als ehemaliger, langjähriger Staffelleiter sowie Spielleiter (bei der TSG Esslingen) habe er die Sorgen und Nöte der Vereine in Sachen Personalrekrutierung zur Genüge kennengelernt. „Wer für eine Saison zwei Teams im Aktivenbereich meldet, sollte rund 35 Spieler im Kader haben, einen funktionierenden Seniorenbereich sowie die Möglichkeit, im Notfall auch auf A-Junioren zurückgreifen zu können“, appelliert der lokale Fußball-Boss an die hiesigen Clubs. Erst auf den Staffeltagen im vergangenen Sommer habe er die Vereinsvertreter auf dieses Thema angesprochen.

Mit „Flex“ kein Aufstieg möglich

Die Einführung des Flexmodells für die untersten Ligen zur Saison 2018/2019 wurde vom Württembergischen Fußballverband (WFV) auf dessen Verbandstag im Mai beschlossen. Mannschaften können demnach wahlweise mit der kompletten Spielerzahl im Elf-gegen-Elf oder reduziert im Neun-gegen-Neun gegeneinander antreten. Eine Mannschaft kann von Woche zu Woche neu entscheiden, ob sie mit der reduzierten Spielerzahl oder vollzählig mit elf Spielern antreten will. Teams, die sich einmal für die reduzierte Spielerzahl entschieden haben, werden tabellarisch mit dem Zusatz „Flex“ geführt und verlieren das Aufstiegsrecht. Die Teilnahme am „Norweger Modell“ ist entweder vor der Saison per Meldebogen oder während der laufenden Spielzeit beim Staffelleiter anzumelden.rei