Lokalsport

Große Sprünge, kleine Schritte

Turnen Dritter Auftritt für den VfL Kirchheim in der 3. Liga der Frauen: Für den Tabellensechsten geht es am Sonntag um eine gute Ausgangslage fürs Saisonfinale im November in Berlin. Von Bernd Köble

Im letzten Wettkampf vor drei Wochen war Nele Rüping noch grippegegeschwächt. Am Wochenende ist sie wieder fit.Foto: Georg Hriva
Im letzten Wettkampf vor drei Wochen war Nele Rüping noch grippegegeschwächt. Am Wochenende ist sie wieder fit.Foto: Georg Hrivatakis

Prognosen waren Michaela Pohl schon immer ein Gräuel. Diesmal tut sich Kirchheims Teamchefin mit Erfolgsaussichten besonders schwer, und ein Blick auf die Tabelle verrät auch warum: Aufsteiger Lüneburg, zum Saisonauftakt in der Stuttgarter Scharrena Anfang März verlustpunktfreier Tagesssieger, landete drei Wochen später am zweiten Wettkampftag mit zwei mageren Zählern auf dem vorletzten Platz. Die Erklärung heißt Lucie Jirikova, 19-jährige WM-Teilnehmerin vergangenen Sommer in Montreal. Die junge Tschechin, seit einem Jahr Gastturnerin beim Drittliga-Neuling aus der Heide führte ihre Mannschaft als beste Einzelstarterin an diesem Tag noch vor Topfavorit Leipzig an die Spitze. Das war‘s dann aber auch schon. Im Folge-Wettkampf hieß es: anderweitige Verpflichtungen.

„In diesem Sport ist man vor Überraschungen nie gefeit“, sagt Michaela Pohl. „Eine einzige starke Kraft macht den großen Unterschied.“ Das weiß niemand besser als die Kirchheimer selbst. Vergangene Saison sollte keine Geringere als Ex-Weltmeisterin Oksana Chusovitina die junge VfL-Riege vor dem Abstieg aus der zweiten Liga bewahren. Doch die 42-jährige Olympiasiegerin von 1992 meldete sich nach nur einem Auftritt im Kirchheimer Dress verletzt ab.

Jetzt stehen die VfL-Mädchen eine Etage tiefer nach zwei absolvierten Wettkämpfen auf Platz sechs. Nach einem eher enttäuschenden sechsten Platz im Heimwettkampf in Stuttgart verzeichnete die Kirchheimer Riege im bayrischen Waging vor knapp drei Wochen als Fünfte einen sachten Aufwärtstrend. Die dritte Saisonetappe am Sonntag in Monheim ist bereits die vorletzte Chance, weiter Boden gutzumachen, bevor am 18. November in Berlin das Saisonfinale wartet.

Was also ist noch drin für den Zweitliga-Absteiger, der mit einem Durchschnittsalter von 13,5 Jahren dabei ist, den Generationenwechsel zu gestalten? „Der sofortige Wiederaufstieg war nie realistisch“, betont Trainerin Michaela Pohl. „Platz fünf am Ende wäre völlig o.k.“ Der Tunnelblick, im wahren Leben eher hinderlich, hat für sie Methode. Heißt: auf sich selbst konzentrieren, das eigene Wettkampfprogramm möglichst fehlerfrei ins Ziel bringen. „Das ist das, was wir selbst beeinflussen können.“

Dafür wurde in den vergangenen beiden Wochen hart gearbeitet und die Gunst der Stunde genutzt: Dank der Schulferien musste die nagelneue Bodenfläche in der Rauner-Sporthalle nicht nach jedem Training ab- und anschließend wieder aufgebaut werden. Eine Investition im fünfstelligen Euro-Bereich, die der Turnabteilung seit Jahresbeginn verbesserte Trainingsbedingungen beschert. Nicht der einzige Grund für Zuversicht vor dem bevorstehenden dritten Wettkampf am Wochenende. Nele Rüping, zuletzt in Waging noch grippegeschwächt am Start, ist wieder fit. Die 13-Jährige ist mit Neuzugang Nora Bauerfeld auch am Sonntag für den Vierkampf gesetzt. Ansteigende Form verzeichnet auch Sarina Maier, mit 20 Jahren bereits die Seniorin in der Kirchheimer Mannschaft. Die erfahrene Kraft aus der Talentschmiede des TB Neckarhausen war die große Unbekannte vor Beginn der Saison. Nach einem Jahr berufsbedingter Wettkampfpause war sie vor drei Wochen in Waging zum ersten Mal am Balken und Boden im Einsatz - mit Wertungen im oberen Zehnerbereich. Nicht die Bilanz früherer Tage, aber ein wichtiger, weil solider Beitrag zum Mannschaftsergebnis.

Maiers Heimatverein ist als Aufsteiger stark in die Drittliga-Saison gestartet. Der Turnerbund aus Neckarhausen belegt in der Gesamttabelle derzeit Platz drei hinter der TG Breisgau und Spitzenreiter Leipzig. Doch auch dafür gibt es - wie immer im Turnen - einen plausiblen Grund: Mit Lucia Meyer und Xenia Herrmann stehen zwei Turnerinnen vom letztjährigen Erstligisten aus Chemnitz im Kader des TBN.