Weilheim. Backofenhitze mit Temperaturen über 30 Grad in der voll besetzten Lindach-Sporthalle trieb am Freitagabend nicht nur den Akteuren die Schweißperlen auf die Stirn. Auf dem Spielfeld wechselten zunächst noch andere Perlen, nämlich prickelnde in Flaschen, die Besitzer. Der TSV Weilheim verabschiedete Holger Fleisch aus Nellingen und Jürgen Rieber aus Nürtingen in den Ruhestand an der Pfeife. Anschließend unterstrichen die beiden noch einmal ihren Ruf als bestes deutsches Schiedsrichter-Gespann.
Die durch Jakov Gojun (Paris), Diago Vuckovic (Lübbecke), Bjarki Elissen (Eisenach) und Robin Tönnessen (Wetzlar) erheblich verstärkten Füchse erwischten den besseren Start, stießen konsequent in die Lücken der Göppinger 6:0-Deckung. Im Berliner Angriffswirbel wurden die verletzten Paul Drux und Matthias Zachrisson kaum vermisst. Auf der Gegenseite konnte Nationaltorwart Silvio Heinevetter die oft unkonzentrierten Würfe von Lobedank und Co. scheinbar mühelos entschärfen. Bei Halbzeit lag Frisch Auf schon deutlich mit 14:19 zurück.
In der Pause machte Heinevetter Platz für seinen Kollegen Petr Stochl. Er setzte sich auf die Bank, schrieb fleißig Autogramme und nahm Kinder bereitwillig für Erinnerungsfotos in den Arm. Auch sein polnischer Nachfolger hatte viel zu tun. Stockl musste in der zweiten Halbzeit öfters hinter sich greifen als ihm lieb war, denn Frisch Auf wachte endlich auf und blies zur Gegenattacke.
Angetrieben von den Zuschauern verkürzten die Göppinger den Rückstand Tor um Tor. Erfolgreich waren nun besonders die Außenspieler. Marcel Schiller erzielte neun Tore, darunter fünf Siebenmeter. Mit zwei Treffern machte auch Andreas Berg erstmals auf sich aufmerksam. Der schmale, aber sehr bewegliche und wurfstarke Linksaußen kam vom schwedischen Klub Önnebergs HK zu den Grün-Weißen. Sieben Mal ließ Anton Halen die Fans jubeln.
Den größten Beifall gab es jedoch für einen blonden Knirps im roten TSV-Trikot. Mit einem Wischmob im Arm, doppelt so groß wie er selber, wuselte der Kleine quer übers Spielfeld und schrubbte am Strafraum einen Schweißfleck weg. Dabei ging ein Schnürsenkel auf. Schiri Fleisch kniete nieder und schnürte den Bändel wieder zu – auch ein Highlight des Abends.
Als Frisch-Auf-Rückkehrer Lars Kaufmann zehn Minuten vor Schluss den 23:24-Anschlusstreffer einschweißte, glaubten alle an eine Wende. Besonders Astrid Johnck aus Kiel. Die handballbesessene Dame, Fan von THW-Rivale Flensburg-Handewitt und von Kaufmann, hatte mit Abstand die weiteste Anreise.
Ihre und die Hoffnungen der Göppinger erfüllten sich aber nicht. Die Füchse legten noch einmal einen Zahn zu und machten im Endspurt den Sieg perfekt. Letztlich war er verdient – die Berliner waren in den ganzen 60 Minuten nicht ein Mal in Rückstand geraten.
Eine Viertelstunde nach Abpfiff stellten sich beide Trainer in der Hallenmitte zum Interview. Wie siamesische Zwillinge standen sie da, der Schwede Magnus Andersson und der Isländer Eyjölfur Richardsson. Beide gleich groß. Beide mit Glatze. Beide in schwarz gekleidet. Beide zufrieden mit der Leistung ihrer Mannschaft. Andersson: „Nach einer harten Woche in Winterbach hatten wir in der ersten Halbzeit ein paar Probleme mit unnötig vielen technischen Fehlern. Nach der Pause haben wir es besser gemacht. Aus Fehlern kann man lernen.“
Der Lerneffekt hielt nicht lange an. Am Samstag in Esslingen enttäuschte Frisch Auf beim 17:21 gegen Dinamo Bukarest. Fazit Andersson: „So darf man sich vor den Fans in der Region nicht präsentieren.“