Lokalsport

Grüner Rasen

Ein Holzmadener Unternehmer baut Renn-Antriebe für E-Mountainbikes

Die Formel E hat es vorgemacht: Rennsport und Elektromotoren passen durchaus zusammen. Erfindergeist und Zweirad-Passion auch. Günter Lang hat auf diesem Weg eine völlig neue Sportart entdeckt. Der Tüftler aus Holzmaden baut PS-strotzende Antriebe für Mountainbikes.

Powercross Holzmaden, Entwickler Günther Lang
Powercross Holzmaden, Entwickler Günther Lang

Holzmaden. Es blitzt in seinen Augen. Wenn man Günter Lang reden hört, kann man es spüren. Seine Freude am Besonderen, an neuen Ideen, neuen Produkten, die es nicht von der Stange gibt. Wenn es stimmt, dass der Südwesten überdurchschnittlich viel Erfindergeist hervorbringt, dann hat der 53-Jährige aus Holzmaden seinen Anteil daran. Dabei hat das, was er uns vorführt, nichts mit seinem Kerngeschäft zu tun. Ein reines Nischenprodukt. Ein Spielzeug, mit dem sich kein Geld verdienen lässt. Noch nicht.

Lang war früher Motocrosser. Der Sport fasziniert ihn noch heute. Irgendwann hat ihn die Verbindung von Motorsport und E-Mobilität gereizt. Als erfolgreicher Unternehmer mit 75 Mitarbeitern im Bereich Werkzeugtechnik gab es Berührungspunkte. „Wir haben früher Motorspindeln für Fräsmaschinen hergestellt“, sagt er. „Da war der Schritt zum Elektromotor nicht so groß.“

Elektroantriebe für Fahrräder sind längst Massenprodukte. Was Lang baut, ist bisher einzigartig. Pedelecs für den Normalgebrauch leisten in der Regel 250 Watt. Bei Tempo 25 tritt der Gesetzgeber auf die Bremse. Schnellere Modelle bis 40  km/h haben Kennzeichenpflicht. Langs „Power-Kit“ befeuert das Hinterrad eines herkömmlichen Mountainbikes mit bis zu sieben Kilowattstunden, sofern dieses stabil genug gebaut ist. Die Räder bringen es bis auf eine Geschwindigkeit von 70 Stundenkilometer. Tempo 100 wäre problemlos machbar. „Doch irgendwann muss Schluss sein“, findet auch Lang.

Das ist so, als vergliche man einen VW Golf mit einem Rennboliden in der Formel eins. Zwölf PS leisten die beiden Aggregate für den Renneinsatz. In der Holzmadener Tüftler-Schmiede lagern Motoren, die 15 PS auf die Hinterachse bringen. Zu kaufen gibt es die nicht, weil sie nicht beherrschbar wären. „Die sind nur für Tests“, sagt Günter Lang. „Um die Systeme sicher zu machen.“

Sicher sind sie vor allem für den, der damit umgehen kann. Ohne Übung kann es gefährlich werden, denn die Leistung, die wie beim Motorrad per Drehgriff geregelt wird, kommt fast lautlos und mit brachialer Gewalt daher. Beschleunigung und Drehmoment sind vergleichbar mit einem Motorrad mit 800 Kubikzentimeter Hubraum“, sagt Lang. „Das ist wie ein wilder Stier.“ Warum also nicht gleich Motocrossmaschinen damit ausstatten? „So weit sind wir noch nicht“, sagt der 53-Jährige. Die dafür nötigen Batterien wären zu groß und zu schwer. Deshalb muss selbst im Automobil-Rennsport in der Formel E statt dem Tankstopp auf halber Strecke das ganze Fahrzeug gewechselt werden. Langs Powerkit wiegt drei Kilo. Dazu kommt eine vier Kilo schwere Batterie, die in einem eigenen Rucksack auf den Rücken geschnallt wird. Der Energiespeicher ist durch fingerdicke Kabel mit der Steuereinheit unterm Sattel verbunden. Kostenpunkt für das ganze System: 3 600 Euro.

Dass die zweirädrigen Geschosse nicht für den Straßenverkehr taugen, versteht sich von selbst. Deshalb hat Lang mit seinen Söhnen, die beide im Unternehmen mitarbeiten, ein hauseigenes Trainingsgelände gebaut. Am Rande des Gewerbegebiets windet sich auf einem viertel Hektar Grünland eine Rennpiste durch Mulden und über aufgeschüttete Sprunghügel. Ein Container-Schuppen, auf dessen Dach eine leistungsstarke Solaranlage montiert ist, dient als Tankstelle. Hier trainieren die inzwischen 20  Mitglieder des Vereins „Powercross Holzmaden“ seit zwei Jahren vier Mal die Woche. Erwachsene und Jugendliche, Mountainbiker und Motocrosser bunt gemischt. Auch eine eigene Rennserie gibt es inzwischen.

Doch Lang wäre ein schlechter Unternehmer, wenn er sich außer vom Spaß nicht auch von der wirtschaftlichen Perspektive leiten ließe. Dafür müssen seine Antriebe vor allem alltagstauglich sein. Deshalb erweitert er seine Motorenpalette ständig. Ein Normalantrieb für unter tausend Euro, der weniger als ein Kilo wiegen soll, ist das nächste Ziel. Das Besondere an den Motoren, in denen drei Patente stecken: Sie sind jederzeit abnehmbar. Nur die 600 Gramm schwere Kunststoffscheibe, die an den Speichen befestigt ist, bleibt dauerhaft am Rad. Damit hat jeder Besitzer eines Standard-Mountainbikes die Wahl, ob er mit oder ohne Motorunterstützung unterwegs sein will. Ein Rad für alles.

Bisher gibt es weder Vertriebswege noch Händlernetz. Langs Antriebe gibt es nur in Holzmaden und überwiegend als unverhältnismäßige Kraftpakete. „Wir regen das Thema E-Mobilität an“, sagt Günter Lang. „Wer Entwicklung vorantreiben will, der muss auch verrückte Dinge tun.“