Lokalsport

Humanitär top – sportlich ein Flop

Fußballern der TG Kirchheim droht der Abstieg

Vom Vorzeigeklub zum sportlichen Krisenklub: Fußball-A-Kreisligist TG Kirchheim, Vizemeister und Fast-Aufsteiger in die Bezirksliga noch vor zwei Jahren, ist mit völlig neu ­formierter Mannschaft im ­laufenden Wettbewerb bisher Kanonenfutter für die ­Konkurrenz. Der Abstieg scheint unvermeidbar.

Kirchheim. Ein Punkt aus neun Spielen, 5:36 Tore, schon zehn Zähler hinter dem rettenden Ufer: Bei der TG Kirchheim riecht‘s in diesen Herbsttagen stark nach Kreisliga B. Spätestens nach dem jüngsten 0:10-Desaster bei Liga-Überraschung SV Nabern gibt kaum einer mehr einen Pfifferling auf die im Sommer überhastet zusammengetrommelte Truppe, deren Verein 2016 ein verflixtes sechstes Jahr droht: 2010 erst war die TG aufgestiegen. Die interne Stimmung schwankt zwischen Skepsis und Resignation. „Wenn wir noch den Relegationsplatz erreichen sollten, wäre das eine echte Sensation“, sagt Trainer Costa Giacobbe. Claus Stepan, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Verein, beschreibt die sportliche Situation ungleich dramatischer. „Wir gewinnen in dieser Saison kein einziges Spiel mehr und steigen am Ende sang- und klanglos ab“, prophezeit er. Auch TG-Abteilungsleiter Florian Kretzschmar, einer von drei Neuen am Regiepult, sieht vorerst kein Licht am Horizont: „Es fehlt an allen Ecken und Enden“.

Besonders fehlt es der Turngemeinde an einer eingespielten und gewachsenen Mannschaft, nachdem schon in der Vorsaison der große Ausverkauf begonnen hatte: Trainer Costa Giacobbe (43) brach nacheinander eine komplette Mannschaft weg. Als klar war, dass nicht nur Leistungsträger wie Daniele Attorre, Sasa Lukic (beide AC Catania), Tiago Santos Araujo (FC Heiningen), Gaetano Caruana und Jarrid Schwarz ihre Zelte woanders aufschlugen, war der TG-Spielerkader qualitativ und quantitativ empfindlich ausgeblutet. Guter Rat war teuer – wie gut da, dass es in Kirchheim Flüchtlinge gibt. Anstatt mit monetärem Anreiz Spieler aus umliegenden Vereinen herzulotsen, setzte die wieder sparbewusste TG-Abteilungsleitung lieber auf so manchen talentierten, aber unfertigen Gambier aus dem Flüchtlingswohnheim. Am Ende führte die improvisierte Rekrutierung westafrikanischer Kicker dazu, dass heuer zwei TG-Mannschaften in Konkurrenz spielen können. Das war die eine, sportliche Seite, doch die zweite, menschliche Seite, war relevanter: Mit der Einbindung ins Vereinsleben schenkt die Turngemeinde den Gambiern zugleich ein Stückchen neue Hoffnung und Heimat. Zumindest temporär.

„80 Prozent unserer Spieler beider Mannschaften sind derzeit Flüchtlinge“, berichtet Giacobbe stolz. Dem 43-Jährigen, der mit den ungewohnten Neuzugängen in englischer oder italienischer Sprache kommuniziert, gefällt die Herausforderung, verschiedenste Spieler- und Mentalitätstypen zu einer Fußball-Einheit zu verschmelzen. Allerdings: Bisher hat das nicht geklappt. Zumindest sportlich hinkt das TG-Spielerexperiment den Erwartungen weit hinterher.

Zur Winterpause will die TG die Catanesi Sando Giacobbe und Toni Giacobbe verpflichten – zwei Hoffnungsträger, und ein dritter soll folgen. Noch haben sie den Glauben an den Klassenerhalt nicht ganz verloren.