Lokalsport

Im Laufschritt gegen den inneren Schweinehund

Ultramarathon Nelson Abrantes hat sich einiges vorgenommen: Am Samstag will der 36-jährige Weilheimer eine 100-Kilometer-Strecke laufen. Die Rückkehr ist gegen 16 Uhr am „Dolcetto“ geplant. Von Max Pradler

Drei Männer, ein Ziel: Nelson Abrantes (rotes Shirt) wird am Samstag von Patrik Häberle und Christian Oliveira (von links) auf d
Drei Männer, ein Ziel: Nelson Abrantes (rotes Shirt) wird am Samstag von Patrik Häberle und Christian Oliveira (von links) auf dem Fahrrad begleitet. Foto: Carsten Riedl

Ich bin manchmal etwas verrückt“, schmunzelt Nelson Abrantes, „wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe, muss ich es auf Biegen und Brechen umsetzen.“ Dass auch sein aktuelles Vorhaben das Prädikat „etwas verrückt“ verdient, weiß er nur allzu gut. Diesen Samstag will der 36-jährige Weilheimer seine - wie er sie nennt - „persönliche Schweinehund-Challenge“ in Angriff nehmen: einen 100-Kilometer-Lauf von Weilheim über Göppingen nach Bad Cannstatt, Wernau, Wendlingen, Kirchheim und zurück.

Dabei entsprang das ganze Vorhaben ursprünglich einer eher flapsigen Idee. „Mein Kumpel hatte mir vor ein paar Wochen einen Bericht von einem Läufer gezeigt, der etwas Ähnliches gemacht hat. Er meinte, ich soll das doch mal nachahmen. Und schon war mein Ehrgeiz geweckt“, erzählt Abrantes.

Dass der Portugiese alles andere als ein gelernter Leichtathlet ist, spielte für ihn dabei keine Rolle. Denn bevor Nelson Abrantes seine Liebe für einsame Asphaltstrecken und abgelegene Schotterwege entdeckte, war jahrelang der Rasen sein Domizil. In der Saison 2003/04 ging er für den VfL Kirchheim in der Fußball-Verbandsliga auf Torejagd, anschließend folgten noch die Stationen SV Ebersbach, TSV Weilheim, SF Dettingen, TSG Zell und TSV Notzingen. Nach seinem fünften Mittelfußbruch zog Abrantes Anfang 2019 jedoch einen Schlussstrich unter seine aktive Zeit als Stürmer. Seitdem trainiert er die Weilheimer D-Jugend, in der auch sein Sohn kickt.

Mit dem Ende als Fußballer kamen allerdings auch die Gewichtsprobleme. „Bis dato hatte ich stets meine 75 Kilo. Aber plötzlich wurde das immer mehr. Irgendwann haben mir meine Klamotten gar nicht mehr gepasst“, schildert Abrantes. Als die Waage im Herbst vergangenen Jahres knapp 100 Kilo anzeigte, war ihm klar, dass sich schleunigst etwas ändern musste. „Ich hatte das Gefühl, schon alleine vom Atmen zuzunehmen, deshalb beschloss ich, laufen zu gehen“, schildert der gelernte Qualitätsmanager.

Schritt für Schritt ging es seitdem vorwärts: erst kürzere Dis­tanzen, dann längere. Irgendwann folgten wöchentlich Halbmarathons, Marathons und als Generalprobe zuletzt ein 50-Kilometer-Lauf. Die Waage und der Kleiderschrank danken es ihm: Mittlerweile liegt der 1,81 Meter große Athlet wieder bei 78 Kilo.

Ankunft ist gegen 16 Uhr geplant

Seitdem er im November das Laufen für sich entdeckte, hat Nelson Abrantes insgesamt rund 2 300 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Das entspricht in etwa der Luftlinie von seiner Weilheimer Haustür bis hin nach Island - oder der Länge des bekannten Great Barrier Reef vor der Küste Australiens.

Am Samstag will er nun die magische 100-Kilometer-Grenze knacken. Gegen vier Uhr in der Früh soll es losgehen. Der erste Streckenabschnitt führt in der Morgendämmerung bis zum Christophsbad nach Göppingen. Stets an seiner Seite: Die beiden Kumpels Christian Oliveira und Patrik Häberle, die nicht nur als motivierende Begleitung dienen, sondern auch Unmengen an Iso-Getränken und Powerriegeln dabei haben. Dass auch deren Job kein Zuckerschlecken ist, darüber sind sich die beiden einig: „100 Kilometer sind auch auf dem Fahrrad einiges. Außerdem müssen wir ja recht langsam fahren und haben viel Gewicht im Rucksack“, sagen Oliveira und Häberle, „ganz zu schweigen davon, dass einem vom Sitzen irgendwann ordentlich der Hintern schmerzt.“

Alle 25 Kilometer wird das Trio eine kleine Pause einlegen. „Da werde ich dann vermutlich zwei, drei Minuten normal gehen. Stehenbleiben ist jedenfalls nicht erlaubt, sonst werden die Beine schwer“, erklärt Abrantes. Außerdem überlegen sich die drei momentan noch, ob bei Kilometer 50 eine kleine Verpflegungsstation eingerichtet wird, an der dann auch eine kohlenhydrat­reiche Mahlzeit wie Nudeln oder Reis gegessen werden kann - nebenher im Gehschritt, versteht sich.

Auch wenn er den „Hunderter“ im Training bisher nicht in Angriff genommen hat, ist sich Nelson Abrantes sicher, die Ziellinie am Weilheimer Bistro „Dolcetto“ am Samstag gegen 16 Uhr zu erreichen: „Ich schaffe es auf jeden Fall. Und wenn ich auf allen Vieren gekrochen komme - ich packe die Strecke.“