Lokalsport

In Schockstarre vor dem Virus

Reiten Der Württembergische Pferdesportverband sucht bei seiner Mitgliederversammlung in Weilheim nach Wegen aus der Coronakrise. Die Szene schwankt zwischen Zuversicht und Schadensbegrenzung. Von Reimund Elbe

Coronagebeutelte unter sich: Der WPSV-Vorsitzende Frank Reutter bemühte sich in der Weilheimer Limburghalle um einen halbwegs op
Coronagebeutelte unter sich: Der WPSV-Vorsitzende Frank Reutter bemühte sich in der Weilheimer Limburghalle um einen halbwegs optimistischen Blick nach vorne. Foto: Markus Brändli

Der Pferdesport in Württemberg befindet sich weiter im Corona-Krisenmodus. Die vorerst schlimmste Phase scheint jedoch überwunden - so der Eindruck von der Mitgliederversammlung des Württembergischen Pferdesportverbandes (WPSV), dem 55 673 Mitglieder in 502 Vereinen angehören, in Weilheim.

Mitten in seinem Geschäftsbericht-Vortrag hielt Frank Reutter in der Limburghalle plötzlich inne. „2019 wirkt irgendwie ganz weit weg“, stockte der Präsident während seiner Powerpoint-Präsentation über die hochkarätigsten Veranstaltungen und vielfältigen Erfolge des vergangenen Jahres. Den wegen der Hygienevorschriften weit verstreut im Saal sitzenden Klubvertretern sowie dem Reiterboss selbst schien einmal mehr klar zu werden, dass 2020 keine solch langen Erfolgslisten und -geschichten produzieren wird.

Nachwuchsprojekte fallen flach

Was der Wernauer für 2020 berichten musste, war harter Tobak. „Kein einziges unserer rund 80 geplanten Projekte für Kinder und Jugendliche wird in diesem Jahr stattfinden“, prognostizierte Reut- ter. Zudem würden mehr als die Hälfte der ursprünglich vorgesehenen Reitturniere nicht durchgeführt. Gleich zehnfach fiel in seinem Beitrag das Wort Corona - das Virus diktierte nicht nur den Redeinhalt, sondern die Abläufe eines ganzes Reiter-Sportjahres.

Die Mienen in den Gesichtern der Vereinsvertreter wirkten bei einigen Passagen angespannt - durchaus verständlich. Einige Klubs habe es laut Reutter „böse erwischt“. Jene, die überwiegend oder sogar ausschließlich Schulungspferde haben, somit ihre Erträge fast gänzlich über Kurse und Lehrgänge generieren. Ohne Kundschaft kein Geld. Und ohne die Soforthilfe des Landes von bis zu 9000 Euro wäre es laut Reutter „für manche Vereine noch enger geworden“. Hätte der harte Lockdown über den Frühsommer angehalten, wäre es womöglich zu Insolvenzen gekommen.

Auch das kommende Jahr stellt sich längst noch nicht problemfrei dar. „Durch die fehlenden Nachwuchskurse in 2020 bricht uns womöglich ein ganzer Jahrgang an neuen Reiterinnen und Reitern weg“, verdeutlichte Heike Glück, als Finanzvorstand die Frau für Zahlenkolonnen beim WPSV. Die Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins Weilheim erlebt die Auswirkungen der Coronakrise live und in allen Facetten. Statt einer rauschenden 50-Jahre-Jubiläumsfeier und zwei Topturnieren, bleibt dem RFV nur noch ein abgespecktes Reitturnier Ende August übrig (siehe Infokasten).

Aktuell geht es vielen Klubs nur noch um Schadensbegrenzung oder einfach nur das Gefühl, überhaupt wieder aus der Schockstarre zu kommen. „Durch die Hygienekonzepte und weiteren Auflagen entsteht allerdings ein enormen Aufwand, nicht jeder Klub wird deshalb in diesem Jahr noch Veranstaltungen durchführen können“, bleibt Präsident Reutter vorsichtig.

Mehreinnahmen trotz Corona

Welche Besonderheiten die Coronazeit noch mit sich bringt, zeigte sich im Haushaltsentwurf für das laufende Jahr. Trotz Corona veranschlagte Heike Glück ein sattes Plus von 34 000 Euro für die Pferdesport-Verbandskasse. „Viel weniger Zuschüsse für Turniere, Lehrgänge, Meisterschaften“, lautete die logische Begründung. Frank Reutter gibt deshalb den Motivator: „Wir werden in diesem Jahr alles bezuschussen, was wir noch bezuschussen können und werden da sehr kulant sein.“ Finanzspritzen, die helfen sollen, manch noch zögernden Verein womöglich doch noch zur Ausrichtung eines Turniers oder Lehrgangs zu bringen.

Noch ein anderer Punkt soll einen monetären Impuls bringen. Die eigentlich für 2020 vorgesehene Erhöhung der Verbandsabgabe um 150 Euro pro Verein wurde per Beschluss um ein Jahr verschoben - dafür gab‘s vom Plenum Beifall.