Lokalsport

Initiationsfeier mit Humba-Täterä

Basketball Der Sieg der Knights gegen den Erzrivalen aus Crailsheim ist kein vorzeitiges Reifezeugnis, aber der richtige Impuls zur rechten Zeit. Von Bernd Köble

Irgendwas Besonderes: Auch wenn das Gros der neuen Kirchheimer Mannschaft wenig von der langjährigen Hassliebe der beiden Klubs
Irgendwas Besonderes: Auch wenn das Gros der neuen Kirchheimer Mannschaft wenig von der langjährigen Hassliebe der beiden Klubs aus Crailsheim und der Teckstadt wissen, mit dem Sieg am Samstag fiel von allen eine Last ab.Foto: Tanja Spindler

Gegen 21.20 Uhr war der Job erledigt. Das Spiel aus, die Knights am Boden. Halb kniend, halb auf dem Hosenboden. Das Humba-Täterä, ein Siegesritual mit heiserer Stimme durchs Megafon gepresst. Der finale Kraftakt, zu dem sich Teamkapitän Tim Koch an diesem Abend aufraffen musste. „Derbysieger, Derbysieger“, echote der Ruf scheppernd durch die Halle. Die Mehrzahl der Fans in Blau hatten sich da bereits der Häme entzogen und sich den Weg nach draußen gebahnt.

Dass Siege gegen Crailsheim zum Heiligsten gehören, was der Basketball in Kirchheim an Feiertagen zählt, das hatten sie ihrem neuen Coach Anton Mirolybov schon vorher geflüstert. Als hätte es eines weiteren Beweises bedurft, begann das Spiel mit zehnminütiger Verspätung, nachdem Merlins-Fans den oberen Spielfeldrand nach einem Konfettiregen in eine blühende Wiese aus Papierschnipseln verwandelt hatten. Eine Retourkutsche für eine ähnliche Aktion des Kirchheimer Anhangs im Weihnachtsspiel vor einem Jahr. Egal. Das Zeug musste erstmal weg.

Aufgeräumt und gut sortiert präsentierten sich anschließend dann auch die Gastgeber über weite Strecken auf dem Spielfeld. Der Sieg, am Ende eine Art Initiationsfeier für Mannschaft und Trainer. Ein Abend, von dem nicht nur Mirolybov hofft, dass er mehr bewirken kann, als den Sprung auf Tabellenplatz fünf. Für ihn gilt seit Samstag: Er ist endgültig angekommen in Kirchheim. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg. Sicher sein konnte sich der Finne im Duell mit seinem Freund und Landsmann Tuomas Lisalo zu keinem Zeitpunkt im Spiel. Nicht nach der Pause, als die Knights mit 13 Punkten führten, erst recht nicht elf Sekunden vor dem Ende als Chase Griffins völlig freier Wurf im Erfolgsfall den erneuten Ausgleich bedeutet hätte. Und auch nicht in der Schlussszene des Dramas, als Merlins-Guard Frank Turner den Ball beim zweiten Freiwurfversuch absichtlich ans Brett setzte und damit die letzte Chance für eine Verlängerung offenhielt. Da waren noch 1,8 Sekunden auf der Uhr.

„Auf dem richtigen Weg“

Glück muss man sich bekanntlich erarbeiten, und diese Arbeit machten sich die Knights am Samstag nicht leicht. Zwar blieb nach wie vor vieles Stückwerk, doch der Erfolg hatte reale Gründe: Kampfgeist, Opferwille und eine größtenteils gute Verteidigung. „Wir haben heute gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind“, stellte Mirolybov zufrieden fest. „Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.“ Seinem Gegenüber Tuomas Lisalo, mit dem er sich wöchentlich am Telefon austauscht, ging Mirolybov am Samstag nach dem Spiel pietätvoll aus dem Weg. Ein kurzer Händedruck, ein gemeinsames Statement - mehr nicht. „In solchen emotionalen Momenten soll man besser schweigen“, sagt Mirolybov. Er weiß: Seine Mannschaft hat die bösen Geister wiedererweckt, die man in Crailsheim schon beinahe verscheucht zu haben glaubte.

Erst Ja-Sager, dann Einpeitscher

Man muss kein Eheberater oder Paartherapeut sein, um zu wissen, dass Leidenschaft der Treibstoff ist, der den Bund fürs Leben erst zu einem solchen macht. Woran man Leidenschaft erkennt? Vielleicht daran, dass „Mann“ am schönsten Tag im Leben ganz einfach seinem Herzen folgt. Ja spinnt denn der, mag sich der eine oder andere gefragt haben. Fakt ist: Knights-Hallensprecher Daniel Zirn war als Zerberus am Hallen-Mikro am Samstag wieder einmal Zünglein an der Waage. Als unermüdlicher Antreiber, als Sturmgenerator gegen jede Flaute auf den Rängen. Das Ungewöhnliche daran: Es war sein Hochzeitstag. Morgens Ja-Sager auf dem Standesamt, abends Einpeitscher auf dem Hallenparkett. Die 20-köpfige Festgesellschaft samt Braut Annika saß feiernd auf der Tribüne. Stoff für die erste Ehekrise? „Kein Problem, alles abgesprochen“, meinte ein gut gelaunter Zirn nach dem Derbysieg. Geheiratet wird im Idealfall bekanntlich nur einmal. Ein Abend wie am Samstag? Gerne wieder.bk