Lokalsport
Jannik Steimle: Reset-Knopf statt Paris-Roubaix

Radsport Der Weilheimer startet am Sonntag nicht bei der „Hölle des Nordens“ und konzentriert sich stattdessen auf den Frühsommer. Von Peter Eidemüller

Weilheim. Glückwünsche per Handy in der Gangway kurz vor dem Boarding – es gibt sicherlich schönere Orte, um Geburtstag zu feiern, als einen Flughafen. Wenn es der Job bedingt, bleibt aber auch einem Jannik Steimle nichts anderes übrig.

Am Dienstag wurde der Weilheimer Radprofi 27, doch statt daheim Kerzen auszupusten, ging es mit dem Flieger nach Belgien. Beim Eintagesrennen um den Schelderprijs über 205 Kilometer von Terneuzen nach Schoten wollte Steimle am Mittwoch eigentlich nochmal die Form vor dem Höhepunkt des Frühjahrs testen: Der Start am Sonntag bei Paris-Roubaix hätte Wendepunkt einer bis dato eher verkorksten Saison werden sollen – hätte: Denn nach dem Schelderprijs, bei dem der Weilheimer 32 Sekunden nach dem Sieger Jasper Philipsen ins Ziel gekommen war, beschloss die Leitung des Teams Soudal Quick-Step, Steimle nicht für die „Hölle des Nordens“ zu nominieren.

„Die Entscheidung ist nicht komplett unverständlich für mich, obwohl ich am Mittwoch schon einen positiven Trend gespürt habe“, sagt Steimle, der allerdings weiß, dass dies zu wenig gewesen wäre, um am Sonntag über 257 Kilometer und 29 brachiale Kopfsteinpflastersektoren eine gute Figur zu machen. „Solange du nicht bei 100 Prozent bist, kannst du so ein Rennen nicht erfolgreich fahren“, weiß er, „das wäre ein Schritt in die falsche Richtung gewesen.“ Soll heißen: Nicht richtig fit beim berühmtesten Eintagesklassiker der Welt anzutreten, hätte die Form nicht besser gemacht, vom mentalen Schaden ganz abgesehen. „Vorzeitig auszusteigen und nicht ins Ziel zu kommen, da hat niemand Bock drauf“, so Steimle.

Statt der Form auf Biegen und Brechen hinterherzufahren, nimmt der Weilheimer nun bewusst Gas raus – das Rad ein paar Tage in die Ecke stellen, den Kopf freibekommen, mal aus dem Kleiderschrank und nicht aus dem Koffer leben. Oder wie er es sagt: „Vier, fünf Wochen zu Hause sein, um den Reset-Knopf zu drücken.“

Spätestens Anfang Mai soll der Motor dann wieder auf Hochtouren laufen, wenn es zum Etappenrennen „Vier Tage von Dünkirchen“ geht, das den Schlussspurt des ersten Rennhalbjahres einläutet. Dieses hält für Steimle neben Eintagesrennen in Belgien noch die Belgien-Rundfahrt im Juni sowie die Deutschen Meisterschaften in Donaueschingen bereit. „Da will ich auf jeden Fall im Einzelzeitfahren angreifen“, sagt Steimle, der dem Frühsommer trotz aller Enttäuschung über den Verlauf des Frühjahrs bereits entgegenfiebert. „Bislang“, sagt er selbstbewusst, „war ich immer erst ab Juni stark.“