Lokalsport

Kavalierstart mit kaltem Motor

Basketball Von einer eingespielten Formation kann bei den Knights zwei Tage vor Saisonstart in der Pro A keine Rede sein. Zum Auftaktspiel in Baunach melden sich immerhin alle Verletzten zurück. Von Bernd Köble

Ein Bild, das täuscht: Anton Mirolybov und seine Mannschaft schwören sich am 26. August auf das erste Testspiel zu Hause gegen C
Ein Bild, das täuscht: Anton Mirolybov und seine Mannschaft schwören sich am 26. August auf das erste Testspiel zu Hause gegen Crailsheim ein. Danach bestritten die Knights kein Spiel mehr in kompletter Besetzung.Foto: Markus Brändli

Im Hamburger Volksparkstadion tickt eine ewige Uhr, die die Sekunden zählt. Der einfacheren Optik wegen zählt sie die Jahre gleich mit. Inzwischen sind es 54. So lange schon ist der Bundesliga-Dino HSV Mitglied im Fußball-Oberhaus. Eine ewige Uhr zu installieren, hätte in der Sporthalle Stadtmitte sich bisher eher nicht gelohnt. Die meisten sind froh, wenn die, die schon hängt, funktioniert. Zu den Dinos der Pro A zählen Kirchheims Korbjäger gleichwohl. Die Knights gehen am Samstag ins zehnte von elf Jahren seit der Liga-Gründung 2007. Nur Heidelberg und Chemnitz sind länger dabei.

Es ist ein Jahr des Umbruchs, nicht nur was die Farbe der inzwischen weißen Trikots betrifft. Das Regionalligateam wurde aus Kostengründen abgemeldet. Stattdessen hat man die Geschäftsstelle ausgebaut und einen Jugend-Koordinator eingestellt, der sich um den Aufbau eines JBBL-Teams kümmern soll. Konzentration also auf das, was die Liga als Aufgaben vorgibt. Beruhigend: Im sportlichen Bereich richtete der Frühjahrssturm, den der unerwartete Abschied Michael Mais als Trainer ausgelöst hat, überraschend wenig Schäden an. Ein Nachfolger war schnell gefunden, der Kader so früh wie selten komplett.

Doch dann kam alles anders: Zahlreiche Verletzungen, abgesagte Testspiele, wenig Aufschlussreiches. Vorläufiger Schlusspunkt im Seuchenmonat September: Die Kniebeschwerden von Neuzugang Cardell McFarland erwiesen sich als so schwerwiegend, dass der Vertrag mit dem 29-jährigen Combo-Guard in dieser Woche aufgelöst wurde. Ersatz ist bereits da: Corban Collins heißt der Mann. Der 23-Jährige kommt von der University of Alabama aus der NCAA, war dort mit einer Wurfquote von 35 Prozent zweitbester Dreier-Schütze seines Teams. Trainiert wurde er zuletzt von NBA-Legende Avery Johnson, der 2006 die Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki coachte.

Das angeregte Telefonat mit Johnson dürfte Neu-Trainer Anton Mirolybov diese Woche kaum darüber hinweg getröstet haben, dass er sich seinen Einstand in Kirchheim ganz anders vorgestellt. „Die Jungs haben großartig gearbeitet, wir haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen“, sagt der 40-jährige Finne. „Wir sind jedoch gut zwei Wochen hinterher.“ Keine guten Voraussetzungen für den Saisonauftakt am Samstag in Baunach, der eine Saison einläutet, in der wieder einmal von der stärksten Liga aller Zeiten die Rede ist. Vechta, Köln, Hamburg, Crailsheim, Chemnitz und Trier - fast die Hälfte der Teams bläst zum Sturm auf die BBL. In Kirchheim tut man sich mit klaren Zielen schon traditionell schwer. Diesmal ganz besonders: ein neuer Trainer, sieben neue Kräfte. Nur die bescheidenen Mittel sind die alten geblieben. Der Kader, der mit einem Durchschnittsalter von 25,3 Jahren zu den erfahreneren der Liga zählt, ist wie immer klein, aber fein. Das gilt vor allem für den Frontcourt mit Kapitän Andreas Kronhardt, Rückkehrer Keith Rendleman, der seinen Außenbandanriss auskuriert hat, dem Ex-Gothaer Elijah Allen oder auch Tim Koch. Auf der Spielmacherposition muss Charles Barton nach einer schwierigen Episode als Nebendarsteller in Würzburg beweisen, dass er auch die Hauptrolle beherrscht.

Die gute Nachricht: Am Samstag werden alle dabei sein. Die schlechte: Ein eingespieltes Team wird niemand erwarten können. Dabei wäre ein Auftaktsieg wichtig fürs Selbstvertrauen. Allein deshalb, weil danach Trier und Crailsheim in die Sporthalle Stadtmitte kommen. Egal, wie die Ritter aus den Startlöchern kommen werden, für Mirolybov ist entscheidend, wie die Mannschaft damit umgeht. „In der ersten Saisonhälfte entwickelst du die Mentalität“, sagt er, „die in der zweiten den Unterschied macht.“