Michael Mai hätte es erahnen können. Schließlich ist Jonathon Williams nicht gerade als Schnellstarter bekannt. Der bullige Amerikaner gilt im Team der Knights eigentlich als Mann für die späten Punkte. Williams erfolgreicher Distanzwurf nur fünf Sekunden nach dem Tipp-off sorgte bei Bremerhavens Coach am Samstag zunächst noch für ein kurzes Schulterzucken. Knapp 40 Spielminuten später waren die Eisbären zum fünften Mal in dieser Saison geschlagen, nachdem sich über dem Starensemble aus dem hohen Norden ein regelrechtes Dreier-Gewitter entladen hatte, und Michael Mai musste einsehen: „Auf diesem Niveau kannst du dir solche Quoten nicht erlauben.“
Nach einem Spiel mit völliger Ladehemmung die Woche zuvor in Paderborn verbrannten die Ritter diesmal ihre ganze Wut in einem Feuerwerk. Eines, das die Halle ohne coronakonformes Zuschauerlimit wohl in ein Tollhaus
hat sich weiterentwickelt.
Doch auch ohne dass Abende wie diese zur Normalität würden, hat sich der Ton bei den Knights hörbar verändert. Für Perovic liegt die Wahrheit nicht auf halber Strecke zwischen Paderborn und Bremerhaven, sondern deutlich näher an jenem Samstag, der die Ritter zurück auf Platz vier katapultiert. Krankheits- und Verletzungsausfälle im Training, dazu ein spielfreies Wochenende, „vor Paderborn hat uns jeglicher Rhythmus gefehlt“, sagt Perovic. „Was die Mannschaft gegen Bremerhaven gezeigt hat, ist das, was in ihr steckt.“
Dass es Zeit ist, die Zurückhaltung abzulegen, klingt auch bei Chris Schmidt durch. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren entwickelt. Da ist es klar, dass sich auch unser Anspruch weiterentwickelt“, meint der Sportchef, von dem man allzu forsche Töne selten hört. Nach dem Rückzieher von Jordan Loveridge, der bei den Knights ab Dezember fest als Verstärkung eingeplant war, stellt sich inzwischen die Frage, inwieweit man überhaupt weiteres Geld locker machen soll. Im Moment spricht wenig dafür. Mit Blick auf eine Saison, die in die Play-offs führen soll, hingegen einiges.
Das größte Risiko liegt ausgerechnet dort, wo die Knights über das Beste verfügen, was die Liga in dieser Kategorie zu bieten hat: Till Pape bildet gemeinsam mit Bremerhavens Kevin Yebo die Speerspitze der deutschen Big Men in puncto Effektivität. Der Kapitän, der vergangenen Freitag seinen 24. Geburtstag feierte, ist mit durchschnittlich mehr als 30 Minuten Spielzeit neben Williams der Meistbeschäftigte im Kirchheimer Team. Pape-Ersatz Andreas Nicklaus kommt auf knapp fünf Minuten in bisher sechs Einsätzen. Papes kluge, ökonomische Spielweise kaschiert zwar so manches, und sein Trainer betont: „Ihm gefällt diese Rolle.“ Doch auch Perovic weiß: Fällt sein Kapitän aus, hat die Mannschaft ein Problem. Weihnachten ist keine Zeit für Schnäppchen auf dem deutschen Spielermarkt. Chris Schmidt lässt sich daher nicht unter Druck setzen. „Wir haben keine akute Not“, betont er. „Wenn wir eine Gelegenheit sehen, dann kann es allerdings auch ziemlich schnell gehen.“
Schwenningen trennt sich von Justin Pierce
Die Pro A und Justin Pierce – das scheint nicht zu passen. Bis vor Kurzem noch sah es so aus, als hätte der 23-jährige Amerikaner in Schwenningen seinen Platz in der Liga gefunden. Nach seinem Abschied bei den Knights im Oktober entwickelte sich Pierce bei den Schwarzwäldern aus dem Stand zum absoluten Leistungsträger. In durchschnittlich 30 Minuten Spielzeit verbuchte er in sieben Spielen 16,4 Punkte und 4,3 Rebounds. Seinen besten Auftritt im Trikot der Panthers bot er mit 24 Punkten bei seiner Rückkehr Ende Oktober in der Sporthalle Stadtmitte. Gestern nun haben die Schwenninger die Trennung mit sofortiger Wirkung verkündet.
Pierce besaß einen offenen Vertrag mit Auflösungsoption. Nachdem sich das Lazarett bei den Schwenningern auf den großen Positionen gelichtet hat und Quatarrius Wilson und Grant Sitton wieder fit sind, wolle man personell einen anderen Weg einschlagen, teilt der Verein mit. Nach zuletzt vier Niederlagen sind die Panthers Elfter. bk